BERLIN. Zwei Bundesländer, Sachsen-Anhalt und Niedersachsen, haben angekündigt, die Schulen im März für alle Jahrgänge öffnen zu wollen – und zwar (fast) unabhängig vom dann herrschenden Infektionsgeschehen. Hinter den entschlossen klingenden Mitteilungen dürfte allerdings etwas anderes stecken: Eine weitere Verlängerung des Lockdowns an den Kitas und Schulen bis Anfang März zeichnet sich ab. Entsprechend besorgt zeigt sich Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) – er warnt bereits vor allzu großen Hoffnungen mit Blick auf das nächste Treffen der Länderchefs mit der Bundeskanzlerin.
Der jüngste Bund-Länder-Gipfel hatte als Ziel des aktuellen Lockdowns, der bis zum 14. Februar datiert ist, einen Inzidenzwert von stabil unter 50 als Ziel ausgerufen. Niedersachsens Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD) ficht das demonstrativ nicht an. Für eine Öffnung der Schulen in seinem Land müsse die angestrebte Sieben-Tage-Inzidenz von unter 50 noch gar nicht erreicht sein, entscheidend sei ein rückläufiger Trend – sagte er und kündigte an, die Schulen „für alle Klassen bei einer positiven Entwicklung der Corona-Infektionslage“ ab Anfang März wieder zu öffnen. Die vier Wochen bis zum Beginn der Osterferien sollten die Schülerinnen und Schüler dann in geteilten Klassen unterrichtet werden.
Auch Sachsen-Anhalt will den Schulbetrieb im März wieder hochfahren. Das kündigte Bildungsminister Marco Tullner (CDU) am Dienstag nach einer Kabinettssitzung an. In allen Kreisen, in denen in der letzten Schulwoche durchgängig Werte von weniger als 200 Neuinfektionen je 100.000 Einwohnern und Woche gemeldet werden, soll es dann für Grundschüler wieder täglichen Unterricht in festen Gruppen geben. Dabei werde die Präsenzpflicht jedoch aufgehoben. Ältere Jahrgänge würden aufgeteilt und sollen abwechselnd in der Schule und zuhause lernen.
Kretschmann hatte in der vergangenen Woche noch im Alleingang Kitas und Grundschulen öffnen wollen – davon ist keine Rede mehr
Was so entschlossen nach strikten Öffnungsplänen um (fast) jeden Preis klingt, bedeutet auf den zweiten Blick etwas anderes: Schulöffnungen unmittelbar nach dem 14. Februar – bis dahin ist der aktuelle Lockdown bislang begrenzt – sind kaum vorstellbar.
Nächste Woche Mittwoch wollen die Ministerpräsidenten mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) darüber sprechen, ob der seit dem 16. Dezember geltende Lockdown mit vielen geschlossenen Geschäften und Schulen sowie Kitas im Notbetrieb über den 14. Februar hinaus verlängert wird. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) dämpft bereits die Hoffnungen.
Öffnungen könne es nur geben, wenn der sogenannte Inzidenzwert auf unter 50 falle, sagte der Stuttgarter Regierungschef. „Wenn wir in deren Nähe nicht kommen, wird das eher zu Verlängerungen führen.“ Die Menschen müssten ihre Kontakte noch stärker reduzieren. „Unter 50 kann man anfangen, sinnvolle Öffnungsstrategien zu debattieren.“ Kretschmann (der in der vergangenen Woche noch im Alleingang Kitas und Grundschulen hatte öffnen wollen – dann aber nach einem Ausbruch in einer Freiburger Kita die Initiative zurückzog, wie News4teachers berichtete) sprach sich nun dagegen aus, dass Länder hier einen Sonderweg gehen. Für die Akzeptanz der Menschen sei es wichtig, dass man so gut wie möglich zusammenbleibe.
Der Südwesten schneide mit einem Wert von 74,2 bei den Neuinfektionen in den vergangenen sieben Tagen pro 100 000 Einwohner am besten von den 16 Bundesländern ab. Kurz vor Weihnachten lag diese Sieben-Tage-Inzidenz im Land bei über 200. Kretschmann betonte allerdings, der Inzidenzwert sinke seit Tagen kaum mehr. „Ich sehe mit einer gewissen Besorgnis, dass wir uns im Moment gerade wieder in einer Seitenbewegung befinden.“ Er fügte hinzu: „Die Unsicherheit bleibt.“ In einer Pandemie sei es schwer zu planen.
«Das Geschehen ist nach wie vor hoch dynamisch, daher gibt es keinen Grund zu entwarnen»
Ähnliche Töne kommen aus Bayern. «Die Infektionslage ist nach wie vor sehr angespannt», sagte Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU) am Dienstag nach der Sitzung des Kabinetts in München. Hätte die Zahl der Neuinfektionen vor einer Woche bei 801 gelegen, seien es aktuell noch immer 796. «Das ist keine deutliche Verlangsamung», betonte Herrmann. Auch läge die Inzidenz der Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner landesweit bei 92 und damit noch «weit weg von 50». Besorgniserregend sei derzeit, dass das Virus sich aber in einigen grenznahen Landkreisen stark nach oben bewege. «Das Geschehen ist nach wie vor hoch dynamisch, daher gibt es keinen Grund zu entwarnen.»
Herrmann und auch Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) betonten, dass weiterhin größte Vorsicht und Umsicht notwendig sei. Sorge bereite auch die Ausbreitung der Virusmutationen. Aussagen zu Lockerungen seien daher jetzt noch verfrüht, dies könne wieder erst kurzfristig in der Woche vor dem 14. Februar nach der Ministerpräsidentenkonferenz entschieden werden.
Thüringen hat bereits entschieden – und den Lockdown schon mal um fünf Tage verlängert
Thüringen hat bereits Nägel mit Köpfen gemacht – und den Lockdown schon mal um fünf Tage verlängert. Das Kabinett habe in seiner Sitzung am Dienstag beschlossen, die derzeit geltende Corona-Verordnung bis zum 19. Februar in Kraft zu lassen, sagte ein Regierungssprecher am Dienstag in Erfurt. Eine Sprecherin des Thüringer Gesundheitsministeriums und ein Sprecher des Bildungsministeriums erklärten, damit blieben alle derzeit geltenden Lockdown-Regeln bis mindestens zu diesem Tag in Kraft.
Aus dem Gesundheitsministerium hieß es, die Verlängerung der entsprechenden Verordnung habe vor allem formale Gründe. Weil die nächsten Bund-Länder-Beratungen zum weiteren Vorgehen in der Krise für den 10. Februar geplant seien, bleibe nicht ausreichend Zeit eine Nachfolgeverordnung zu erarbeiten, sollten die bestehenden Regelungen schon am 14. Februar auslaufen. Mit der nun getroffenen Festlegung werde sichergestellt, dass die neue Verordnung vor ihrem Inkrafttreten zum Beispiel auch vom Landtag mitberaten werden könne.
Wie gesagt: Lockerungen sind nicht in Sicht. News4teachers / mit Material der dpa