WIEN. Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat angesichts aktueller Corona-Daten mit den Behauptungen aufgeräumt, Kinder seien weniger infektiös als Erwachsene – und Schulen seien sicher. „Sie erinnern sich vielleicht, dass vor einigen Monaten noch manche behauptet haben, Kinder sind nicht ansteckend. Oder: In der Schule kann nichts passieren“, so erklärte Kurz auf einer Pressekonferenz, auf der er regionale Lockerungsschritte ankündigte. „Trotz der Testungen, die wir in der Schule durchführen, ist es so, dass mittlerweile die Kinder und Jugendlichen die sind mit den höchsten Ansteckungszahlen im Moment.”
Deshalb, so Kurz, sei es “auch ganz ganz wichtig, dass wir aufpassen, dass das nicht von den Kindern auf die Eltern- und Großelterngeneration weitergetragen wird“.
Die Infektionszahlen sind in Österreich wieder deutlich gestiegen, nachdem Anfang Februar der Schulbetrieb wieder aufgenommen worden war. Die 7-Tage-Inzidenz liegt momentan bei 161,2. Zum Vergleich: In Deutschland bei 65,4. An den weiterführenden Schulen wird im Schichtbetrieb in zwei Gruppen unterrichtet. Zudem sind Österreichs Lehrer und Schüler aufgerufen, sich selbst in der Schule zu testen – regelmäßig. Mindestens einmal in der Woche, Grundschüler sogar zweimal, sollen sie per „Nasenbohrer“-Selbsttest checken, ob sie mit dem Coronavirus infiziert sind.
Sind die „Nasenbohrer“-Tests ein Modell auch für Deutschlands Schulen? Das wird heute auf dem Bund-Länder-Gipfel diskutiert
In dieser Woche wurden, so berichtet die Nachrichtenagentur APA unter Berufung auf das Bildungsministerium in Wien, unter insgesamt 1,4 Millionen Teilnehmern 904 positive Ergebnisse verzeichnet – stattliche 70 Prozent mehr als in der Woche zuvor. Bildungsministerium Heinz Faßmann (ÖVP) führe dies einerseits auf das wachsende Infektionsgeschehen in ganz Österreich zurück, hieß es, andererseits aber auch auf die zunehmende Routine der Kinder beim Testen.
Sind die „Nasenbohrer“-Tests ein Modell auch für Deutschland? Das wird heute auch auf dem Bund-Länder-Gipfel diskutiert. Das Problem: Wirklich zuverlässig ist der Selbsttest nicht. Zum einen sind durchaus Fehler bei der Handhabung möglich. Zum anderen gilt: „Generell sind Antigen-Tests weniger sensitiv als der PCR-Test, es ist also eine größere Virusmenge notwendig, damit ein Antigen-Test ein positives Ergebnis zeigt. Das bedeutet, dass ein negatives Antigen-Testergebnis die Möglichkeit einer Infektion mit SARS-CoV-2 nicht ausschließt“, so heißt es beim Bundesgesundheitsministerium in Berlin. Andererseits muss ein positives Ergebnis stets mit einem PCR-Test überprüft werden.
Trotzdem: In Österreich wurden insgesamt 1.500 Infektionen unter Schülern und Lehrern in drei Wochen Präsenzbetrieb durch die Selbsttests aufgedeckt.
Leugnen können das nur mehr ein paar Realitätsverweigerer. Nicht mal mehr der Kanzler leugnet es auf der heutigen Pressekonferenz. Schaut euch das an. 👇 Bemerkenswert. Und was tun wir? Natürlich nix. Es ist einfach wurscht. Schulen bleiben offeen und es wird weiter gelockert👇 pic.twitter.com/BeFCfOWwRn
— Legalitätsprinzip (@art18bvg) March 1, 2021
SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach geht trotzdem hart mit Österreichs Coronapolitik ins Gericht. „Österreich lockert in die B117 Welle hinein“, twitterte er. Das werde die Alpenrepublik bitter bereuhen, sagt Lauterbach voraus. Denn: „Das werden dort viele mit dem Leben bezahlen, wenn man es ehrlich beschreiben darf. Zum Schluss wird dann wieder ein Lockdown kommen, für den sich die Verstorbenen nichts kaufen können…“. Lauterbachs-Fazit zu Österreichs Corona-Strategie: „Kein Beispiel für uns.“ News4teachers
