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Praxisanteile in der Lehrerausbildung schwinden – nicht nur wegen Corona

POTSDAM. Der Brandenburgische Pädagogenverband (BPV) sorgt sich in Zeiten der Corona-Pandemie um die Ausbildung der künftigen Lehrergeneration. Dieses Thema sei dem Bildungsministerium völlig aus dem Blick geraten, kritisierte der Verband in einer Mitteilung. Probleme der Betroffenen würden mit Versprechungen und Ankündigungen abgespeist. Auch der Bundesarbeitskreis (bak) Lehrerbildung, in dem Lehrerausbilder organisiert sind, schlägt Alarm: „Von ausbildungsförderlichen Praxisphasen oder gar von Qualität kann hier kaum noch gesprochen werden“, sagt Bundesvorsitzender Helmut Klaßen.

Lehramtsstudierende und Referendare haben es in diesen Tagen nicht leicht. Foto: Shutterstock

In Brandenburg dauert als einzigem Bundesland das Referendariat nur 12 statt 18 Monate. Begründet wurde die Verkürzung seinerzeit, so moniert der Brandenburger Pädagogenverband, mit einem höheren Praxisanteil während des Studiums. In Wahrheit laufe die praktische Ausbildung in Zeiten der Corona-Pandemie keineswegs so, heißt es. Das liege an Kürzungen – und den gegenwärtigen Schulschließungen. Das beeinflusse stark die Vorbereitung auf die Prüfungen zum Staatsexamen und damit den Einstieg in die Praxis.

“Die Situation spitzt sich durch die verantwortungslose Kürzung des Referendariats von 18 auf 12 Monate noch einmal besonders zu.”

„Neben der allgemeinen Problemlage, dass derzeit im Vorbereitungsdienst die praktische Ausbildung bedingt durch die Pandemie teilweise nur reduziert erfolgt, spitzt sich die Situation in Brandenburg durch die verantwortungslose Kürzung des Referendariats von 18 auf 12 Monate noch einmal besonders zu“, bestätigt bak-Chef Klaßen.

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Die Lehrerausbilderinnen und -ausbilder der zweiten Phase – des Referendariats also –begrüßen zwar, wenn der Anteil von Praxisphasen im Studium (angeleitet durch sie) erhöht werde, dies dürfe aber keinesfalls als „vorgezogener Vorbereitungsdienst“ angesehen und dann auf der anderen Seite wieder abgezogen werden. „Die Verkürzung des Vorbereitungsdienstes auf 18 Ausbildungsmonate oder, wie in Brandenburg, gar darunter führt zu einer nicht verantwortbaren Verdichtung der Ausbildung. Wir nehmen in einem verkürzten Vorbereitungsdienst eine Überfrachtung der Ausbildungscurricula und der Anforderungen auf Kosten von Ausbildungstiefe, Können und Nachhaltigkeit wahr“, sagt Klaßen. Corona verschärfe dies noch.

Die Lehrkräftebildung an Universitäten und im Referendariat müsse den gesellschaftlichen Veränderungen und neuen schulischen Herausforderungen gerecht werden. Erweiterte Anforderungen an die Professionalität von Lehrkräften ergäben sich insbesondere aus wachsenden Herausforderungen im schulischen Alltag durch Interkulturalität, Migration, Inklusion, Persönlichkeitsbildung, Ganztag, Arbeit in Teams, individuelle Förderung – und vieles mehr.

Der bak Lehrerbildung fordert deshalb grundsätzlich einen 24-monatigen Vorbereitungsdienst, in dem – so Klaßen – „adäquat das notwendige Handlungskönnen für eine Schule der Vielfalt in den zentralen Lehrerfunktionen Unterrichten, Erziehen, Diagnostizieren und Fördern, Beraten, Arbeit im Team, Innovieren und Schulprogrammarbeit erworben werden kann“.

„Das alles verunsichert die Lehramtskandidaten und lässt viele an ihrer Berufswahl zweifeln“

Die Sorge um einen Qualitätsverlust bei der Lehrerausbildung treibt auch den BPV um. Die schulpraktischen Erfahrungen der Nachwuchs-Lehrkräfte fielen durch die Kürzung und die gegenwärtigen Schulschließungen spärlich aus. Darüber hinaus gebe es in einer Verordnung des Landes Brandenburg widersprüchliche Aussagen zum Ablegen der genannten Prüfungen. Die gesetzlichen Vorgaben ließen Interpretationsspielraum für eine ungleiche Durchführung der Staatsexamina zu. „Das alles verunsichert die Lehramtskandidaten und lässt viele an ihrer Berufswahl zweifeln“, heißt es. Für den BPV als Gewerkschaft sei diese Situation nicht hinnehmbar. Schließlich herrsche akuter Lehrermangel – „und jede gut ausgebildete Lehrkraft wird dringend gebraucht.“ News4teachers / mit Material der dpa

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