BREMEN. Schule ist ein System, an dem alle Beteiligten ständig etwas auszusetzen haben. Das macht den Job von Kultusministern schwierig. Die Bremer Schulsenatorin Bogedan macht jetzt einfach etwas anderes: Sie hat einen besseren Job gefunden. Die Sozialdemokratin gehörte monatelang zu den Treibern einer Politik der weit offenen Schulen.
Nach fast sechs Jahren im Amt hat die Bremer Bildungssenatorin Claudia Bogedan (SPD) überraschend ihren Rücktritt zum Schuljahresende angekündigt. Sie werde im September die Geschäftsführung der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung übernehmen, teilte die Senatorin für Kinder und Bildung am Freitag mit. Die 46-jährige Sozialwissenschaftlerin war seit 2015 für die Schulpolitik im kleinsten Bundesland zuständig. Eine Nachfolgerin oder ein Nachfolger solle rasch benannt werden, kündigte Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) an. Er dankte Bogedan für ihre Arbeit, vor allem in der Corona-Pandemie.
„Ich kann allen Eltern nur empfehlen, ihre Kinder in die Schule zu schicken“
Bogedan gehörte in den vergangenen Monaten zu den Kultusministern, die für eine radikalen Kurs der Schulöffnungen stehen. Als sich im Januar die Ministerpräsidenten und die Bundeskanzlerin darauf verständigten, den Schul- und Kitabetrieb drastisch herunterzufahren, forderte die Sozialdemokratin Familien auf, die Vorgabe zu unterlaufen. „Ich kann allen Eltern nur empfehlen, ihre Kinder in die Schule zu schicken“, sagte sie seinerzeit. Bremen hatte, anders als die meisten anderen Bundesländer, den Präsenzunterricht zu dieser Zeit nicht ausgesetzt. Lediglich die Präsenzpflicht wurde in der Hansestadt zeitweilig aufgehoben. Sie habe für ihren Kurs immer die Rückendeckung des Bürgermeisters gehabt, sagte Bogedan.
«Die Bildungssenatorin ist – wie sonst wohl nur die Gesundheitssenatorin – seit Beginn der Pandemie in besonderem Maße gefordert und stand vor allem in den vergangenen sechs Monaten unter immensem Erwartungsdruck von Schülerinnen und Schülern, Lehrkräften, Kindern sowie Erzieherinnen und Erziehern und Eltern», sagte Bovenschulte nun. Weil Bogedan bis Ende des Schuljahres bleibe, werde es einen geordneten Übergang an der Ressortspitze geben.
Auch CDU-Fraktionschef Thomas Röwekamp dankte Bogedan, auch wenn man in der Schulpolitik oft verschiedener Meinung gewesen sei. «Hoffentlich gibt es jetzt endlich Ruck zu besserer Bildung auch in Bremen», schrieb er auf Twitter. Die bildungspolitische Sprecherin der CDU-Fraktion, Yvonne Averwerser, forderte, den Wechsel nicht erst am Schuljahresende zu vollziehen.
«Ich habe schon noch vor, weiter ein engagiertes SPD-Mitglied zu bleiben»
Das arme Bundesland Bremen liegt in vielen Erhebungen zur Qualität der Schulbildung auf den hinteren Plätzen, zum Beispiel im IQB-Bildungstrend von 2018. «Sicherlich sind die Rahmenbedingungen in einem Stadtstaat wie Bremen mit großen sozialen Problemen und einer weiterhin bestehenden Haushaltsnotlage nicht immer einfach», schrieb Bogedan in einer persönlichen Erklärung. Sie nahm aber für sich in Anspruch, es sei in den vergangenen Jahren gelungen, in Kitas, Schulen, Aus- und Weiterbildung «vieles positiv» zu bewegen. Es würden neue Schulen gebaut. In ihrer Amtszeit stieg der Bildungsetat in Bremen erstmals auf über eine Milliarde Euro.
Sie wolle mit der Familie weiter in Bremen bleiben, kündigte die gebürtige Hessin aus Limburg aus. Ob der Wechsel zur Stiftung ein Ende ihrer politischen Laufbahn bedeute, ließ Bogedan offen: «Ich habe schon noch vor, weiter ein engagiertes SPD-Mitglied zu bleiben.» Die scheidende Senatorin sprach von einem «guten Zeitpunkt» für einen Rücktritt in der Mitte der Wahlperiode: «Es ist die Möglichkeit, dass nun ein anderer gute Politik machen kann.» dpa
Bremens Bildungssenatorin legt nach: Schüler nicht zu Hause einsperren