Website-Icon News4teachers

Spahns Plan für einen sicheren Schulbetrieb im Herbst bröckelt: Stiko wird generelle Impfungen von Schülern wohl nicht empfehlen

Anzeige

BERLIN. In der Ständigen Impfkommission (Stiko) wird derzeit wohl eher nicht damit gerechnet, dass das Gremium eine allgemeine Impfempfehlung für alle älteren Kinder und Jugendlichen abgeben wird. Das Kommissionsmitglied Prof. Dr. med. Rüdiger von Kries sagte am Dienstagabend in der Sendung «RBB-Spezial», momentan wisse man kaum etwas über die Nebenwirkungen von Corona-Impfungen bei Kindern. «Bei unklarem Risiko kann ich zur Zeit noch nicht vorhersehen, dass es eine Impfempfehlung für eine generelle Impfung geben wird.» Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) setzt trotzdem weiterhin auf Corona-Schutzimpfungen für ältere Kinder und Jugendliche.

Möchte mit Impfungen von Schülern den Schulbetrieb sichern: Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Foto: photocosmos 1 / Shutterstock

Die Gesundheitsminister von Bund und Ländern streben an, Kindern und Jugendlichen ab zwölf Jahren bis Ende August ein Impfangebot zu machen – über die Umsetzung wollen am Donnerstag auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten beraten. «Ein Weg zu regulärem Unterricht nach den Sommerferien ist das Impfen der Jugendlichen», so erklärte Bundesgesundheitsminister Spahn.

Der Hersteller Biontech/Pfizer hat eine Zulassung seines Präparats ab zwölf Jahren bei der europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) beantragt. Mit einer Entscheidung wird noch bis Ende Mai gerechnet. Die Ständige Impfkommission (Stiko) behält sich aber eigene Klärungen für eine mögliche Impfempfehlung vor. Ihr Mitglied Rüdiger von Kries erwartet derzeit nicht, dass es eine allgemeine Impf-Empfehlung für alle Kinder geben wird.

Anzeige

«Kinderimpfungen macht man, damit den Kindern schwere Krankheiten erspart bleiben, ohne dass sie ein Risiko eingehen»

Das Ziel der Herdenimmunität sei zwar weiterhin vorhanden, erklärte Kries, der in München Professor für Kinderepidemiologie ist. Aber Herdenimmunität dürfe nicht das primäre Ziel für Impfungen von Kindern sein: «Kinderimpfungen macht man, damit die Kinder davon profitieren können, damit den Kindern schwere Krankheiten erspart bleiben, ohne dass sie ein Risiko eingehen.» Man könne Herdenimmunität viel besser erreichen, wenn man sich um die 40 Millionen kümmere, die noch nicht geimpft seien. Diese würden zudem sehr viel mehr von den Impfungen profitieren als die Kinder.

Zuvor hatte sich auch der Stiko-Vorsitzende Prof. Dr. med. Thomas Mertens im Deutschlandfunk skeptisch geäußert: Die Rückkehr zum Präsenzunterricht sei kein entscheidender Grund für die Corona-Impfung von Kindern. Im Vordergrund müsse die Frage stehen, wie hoch die Gefährdung der Kinder durch eine Infektion mit dem Coronavirus sei, sagte Mertens. «Es kann sein, dass die Stiko den Vorstellungen der Politik nicht in allen Punkten nachkommen kann, da die Ergebnisse das unter Umständen nicht hergeben», so der Stiko-Vorsitzende.

Der Berlin-Reinickendorfer Amtsarzt Patrick Larscheid sagte dem RBB dazu: «Wer zwei und zwei zusammenzählen kann, rechnet damit, dass es keine allgemeine Impfempfehlung von der Stiko für diese Altersgruppe geben wird.» Die derzeitigen Pläne von Massenimpfungen würden dadurch zerschlagen. Vielmehr werde es vermutlich eine Indikationsimpfung geben, bei der nur schwer kranke Kinder je nach individuellem Risiko geimpft würden.

«Der Impfstoff wäre dann, wenn die Europäische Arzneimittelagentur das macht, ein zugelassener Impfstoff auch für diese Altersgruppe»

Bundesgesundheitsminister Spahn setzt aber weiterhin auf Corona-Schutzimpfungen für ältere Kinder und Jugendliche, auch wenn die Ständige Impfkommission (Stiko) dafür keine allgemeine Empfehlung aussprechen sollte. Die Stiko gebe eine Empfehlung, betonte der CDU-Politiker in der Sendung «Frühstart» bei RTL/ntv. «Im Lichte dieser Empfehlung können dann die Eltern mit ihren Kindern, den Ärztinnen und Ärzten die konkreten Entscheidungen treffen, ob jemand geimpft wird oder nicht.» Dies sei eine individuelle Entscheidung.

Spahn sagte: «Der Impfstoff wäre dann, wenn die Europäische Arzneimittelagentur das macht, ein zugelassener Impfstoff auch für diese Altersgruppe.» Schon vor Beginn der Sommerferien solle den ersten Kindern und Jugendlichen dann ein Impfangebot gemacht werden, erklärte er. «Wenn die Zulassung da ist, werden wir dann nach und nach – nicht allen auf einmal – Kindern und Jugendlichen über zwölf Jahren ein Angebot machen, sich impfen zu lassen.» Eine Impfung als Voraussetzung zur Teilnahme am Präsenzunterricht lehnte der Gesundheitsminister jedoch ab: «Ich sehe nicht, dass wir eine verpflichtende Impfung haben werden für den Schulbesuch.»

Kinderärzte haben unterdessen vor einer Pflicht zur Corona-Schutzimpfung für Kinder und Jugendliche gewarnt. Die Pädiater seien in großer Sorge, dass Bildungsministerin Anja Karliczek (CDU) eine «Impfpflicht durch die Hintertür» einführen wolle und eine Immunisierung in den Schulen stattfinden solle. Das sagte der Sprecher des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte, Dr. med. Axel Gerschlauer, der «Rheinischen Post». Auch wenn ein Schock als Impfreaktion sehr selten sei, wolle man einen solchen Vorfall keinesfalls in der Schule erleben. Eine Impfung dürfe nicht zur Voraussetzung für einen Schulbesuch werden.

«Schulimpfungen mögen sich gut anhören, aber der Aufwand darf nicht unterschätzt werden»

Karliczek hatte einen Fahrplan für Impfungen von Heranwachsenden ab zwölf Jahren und ein Impfangebot für alle möglichst bis zum Beginn des kommenden Schuljahres verlangt. Der Vorsitzende der Lehrergewerkschaft VBE in Nordrhein-Westfalen, Stefan Behlau, sagte der «Westdeutschen Allgemeinen Zeitung»: «Schulimpfungen mögen sich gut anhören, aber der Aufwand darf nicht unterschätzt werden.» Bei Kindern und Jugendlichen müssten Informationen, Beratung und Abläufe besonders verantwortungsvoll und unter Einbeziehung der Eltern organisiert werden. Die Immunisierung könne in den Impfzentren erfolgen.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zufolge kommt für minderjährige Schüler derzeit nur das Vakzin von Biontech infrage, dafür müssten Impfdosen reserviert werden. Der Hausärzteverband Nordrhein forderte in der «Rheinischen Post», Erwachsenen bei knappen Liefermengen Impf-Vorrang vor Kindern einzuräumen, die bei Corona-Erkrankungen meist geringe Symptome zeigten. News4teachers / mit Material der dpa

Erstes Bundesland (Niedersachsen) plant Impfen von Schülern noch vor Sommerferien

 

Anzeige
Die mobile Version verlassen