
In Mecklenburg-Vorpommerns Schulen wird die Bekämpfung der Corona-Pandemie in Kitas und Schulen im Montag beginnenden neuen Schuljahr weitgehend ohne mobile Luftfiltergeräte vonstatten gehen – trotz des Förderprogramms des Bundes für die Ausstattung mit solchen Geräten, das vom Land unterstützt wird. Kreise und kreisfreie Städte wollen mit Hilfe eines Förderprogramms vom Land mehrheitlich lieber CO2-Messgeräte anschaffen, die signalisieren, wenn die Luft im Raum allgemein zu schlecht wird und gelüftet werden sollte. Coronaviren zeigen die Geräte nicht an.
Das Land übernimmt bis zu 60 Prozent der Kosten. Zwar sind die sogenannten CO2-Ampeln mit einem Stückpreis von etwa 250 Euro deutlich billiger als mobile Luftfilter, für die pro Gerät etwa 3.000 Euro aufzuwenden sind, trotzdem wird über die Kosten gejammert: Die gingen örtlich in die Hunderttausende, heißt es.
«Ob die vom Land vorgesehenen Mittel für CO2-Messgeräte auskömmlich sind, wird sich anhand der gemeldeten Bedarfe zeigen»
Allein der Landkreis Nordwestmecklenburg rechnet für seine Schulen mit 110.000 Euro Kosten für die CO2-Ampeln. Mobile Lüftungsgeräte sollen zusätzlich nur in solchen Räumen aufgestellt werden, in denen aus baulichen Gründen kein Stoß- oder Querlüften möglich ist (und die deshalb eigentlich für den Unterricht gar nicht geeignet sind, aber offenbar weiter genutzt werden müssen). «Hierzu wurde eine Abfrage bei den Schulen in Trägerschaft des Landkreises gestartet», sagt ein Kreissprecher.
Ob die zwei Millionen Euro Förderung des Landes für CO2-Messgeräte ausreichen, sei offen. Nachforderungen der Kommunen erscheinen nicht ausgeschlossen. Nordwestmecklenburgs Landrat Tino Schomann (CDU) meint: «Ob die vom Land dafür vorgesehenen Mittel auskömmlich sind, wird sich anhand der gemeldeten Bedarfe zeigen.»
Zur Einordnung: Die Städte und Kreise in Deutschland haben 2020 zum sechsten Mal in Folge einen Überschuss bei ihren Finanzen verbucht – in der Corona-Pandemie bedingt durch ein historisches Hilfspaket von Bund und Ländern, wie eine Studie der Bertelsmann Stiftung unlängst ergab. Das Gesamtsteueraufkommen der Kommunen lag danach sogar fast sechs Milliarden Euro über dem Vorjahresniveau. Heißt: Das Geld, um Kitas und Schulen flächendeckend mit mobilen Luftfiltern auszustatten, wäre bei den Trägern vorhanden. Allein: Der Wille fehlt.
«Eine flächendeckende Ausstattung aller Schulen mit mobilen Luftfilteranlagen erscheint weder sinnvoll noch finanzierbar»
Wie im Landkreis Rostock. Schuldezernentin Anja Kerl kritisiert, dass das Programm des Landes zu kurzfristig gekommen sei. So etwas sei grundsätzlich schwer umzusetzen, da es einer kreislichen Kofinanzierung in Höhe von mindestens 40 Prozent bedürfe, was im laufenden Haushalt des Landkreises natürlich nicht eingeplant sei. Der Landkreis prüfe derzeit den Einsatz von CO2-Ampeln. «Eine flächendeckende Ausstattung aller Schulen in kreislicher Trägerschaft mit mobilen Luftfilteranlagen erscheint dagegen weder sinnvoll noch finanzier- und kurzfristig realisierbar. Die Gesamtkosten lägen überschlägig bei acht Millionen Euro.» Außerdem seien die Geräte laut, was zu Lern- und Konzentrationsstörungen führen könne. Experten weisen die Behauptung zurück.
Der Landkreis Ludwigslust-Parchim hat mit der Finanzierbarkeit des Landesprogramms sogar für die billigen CO2-Ampeln seine Probleme. Die Entscheidung, ob der Kreis einen Förderantrag stellen werde, stehe noch aus, erklärte eine Sprecherin. Sie verwies auf haushaltsrechtliche Gesichtspunkte. «Damit muss der Landkreis einen Eigenanteil aufbringen und gegebenenfalls Folgekosten tragen.» Damit ist offenbar allen Ernstes der Strom für den Betrieb geplant.
Die Stadt Schwerin will dagegen nach Worten einer Sprecherin das Förderprogramm des Landes dazu nutzen, um CO2-Messgerräte für die Schulen zu beschaffen. Die Anschaffung mobiler Lüftungsgeräte sei aber nicht geplant. Richtiges Lüften sei das A und O, befindet Oberbürgermeister Rico Badenschier (SPD). «Hierbei können die Lüftungsampeln helfen. Sie messen den Co2-Gehalt der Luft im Klassenraum und zeigen mit rot an, wann wieder gelüftet werden muss.» Bei Schulneubauten würden bereits standardmäßig Lüftungsampeln eingebaut. Das Umweltbundesamt empfiehlt bei Schulneubauten allerdings fest installierte Lüftunganlagen – und keine Lüftungsampeln.
Auch der Landkreis Vorpommern-Greifswald setzt auf die CO2-Ampeln. «Wir sind derzeit dabei, einen Antrag für alle unsere Klassenräume zu stellen. Es werden rund 650 Klassenräume an unseren Förderschulen, Gymnasien und Regionalen Beruflichen Bildungszentren ausgestattet», sagte Kreissprecher Achim Froitzheim. «Wir gehen davon aus, dass unter Berücksichtigung der erforderlichen Antrags- sowie Ausschreibungs- und Vergabeverfahren spätestens ab September mit der Ausstattung unserer kreislichen Schulen begonnen werden kann.»
Wohlgemerkt: anderthalb Jahre nach Beginn der Pandemie. News4teachers / mit Material der dpa