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Kindeswohlgefährdungen auf Höchststand, doch weniger Meldungen von Schulen

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WIESBADEN. Die Jugendämter in Deutschland haben im Jahr 2020 bei fast 60.600 Kindern und Jugendlichen eine Kindeswohlgefährdung festgestellt – neun Prozent mehr als 2019. Das berichtet das statistische Bundesamt (Destatis). Demnach haben die Kindeswohlgefährdungen im Corona-Jahr 2020 den höchsten Stand seit Einführung der Statistik im Jahr 2012 erreicht. Bereits in den beiden Vorjahren war die Zahl der Kindeswohlgefährdungen deutlich – und zwar um jeweils zehn Prozent – gestiegen.

Daten des statistischen Bundesamt stützen die Annahme, dass durch de Schulschließungen Fälle von Kindeswohlgefährdung unentdeckt geblieben sein könnten. Symbolfoto: Shutterstock

Neben einer zunehmenden Sensibilisierung der Bevölkerung für den Kinderschutz mutmaßt Destatis, dass im Corona-Jahr 2020 auch die Belastungen von Familien infolge der coronabedingten Maßnahmen ein Grund für die Zunahme gewesen sein könnten. Gleichzeitig sei nicht auszuschließen, dass ein Teil der Fälle, etwa aufgrund von vorübergehenden Schulschließungen, unentdeckt geblieben ist. Fachleute hatten davor gewarnt (news4teachers berichtete). Die aktuellen Daten scheinen diese Annahme, zumindest für den Sektor Schule, zu stützen: So sind die Verdachtsmeldungen von Schulen im Jahr 2020 – erstmals in der Statistik und entgegen dem allgemeinen Trend – um 1,5 Prozent zurückgegangen. Die Behörden können nur solche Fälle zur Statistik melden, die ihnen bekannt gemacht wurden. Auch diese Zahl ist gestiegen: Bundesweit prüften die Jugendämter im Jahr 2020 knapp 194.500 Verdachtsmeldungen im Rahmen einer Gefährdungseinschätzung, das waren zwölf Prozent mehr als 2019.

Vielfach Vernachlässigung und psychische Misshandlungen

Die meisten der rund 60.600 betroffenen Kinder wiesen Anzeichen von Vernachlässigung auf (58 Prozent). Bei rund einem Drittel aller Fälle (34 Prozent) wurden Hinweise auf psychische Misshandlungen – beispielsweise in Form von Demütigungen, Einschüchterungen, Isolierung und emotionale Kälte – gefunden. In etwas mehr als einem Viertel (26 Prozent) der Fälle gab es Indizien für körperliche Misshandlungen und in fünf Prozent Anzeichen für sexuelle Gewalt. Mehrfachnennungen waren hierbei möglich. Im Vergleich zum Vorjahr haben alle Arten der Kindeswohlgefährdung an Bedeutung gewonnen. Besonders stark war die Zunahme im Corona-Jahr 2020 aber bei psychischen Misshandlungen. Hier stieg die Zahl der Nennungen um 17 Prozent. News4teachers

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Kindeswohlgefährdung
Eine Kindeswohlgefährdung liegt vor, wenn eine erhebliche Schädigung des körperlichen, geistigen oder seelischen Wohls eines Kindes droht oder bereits eingetreten ist. In Verdachtsfällen sind die Jugendämter verpflichtet, durch eine Gefährdungseinschätzung (nach § 8a SGB VIII) das Gefährdungsrisiko und den Hilfebedarf abzuschätzen und einer Gefährdung entgegenzuwirken. Dazu zählen in der Regel auch ein Hausbesuch und die Erörterung der Problemsituation mit dem Kind und – sofern dies dem Kinderschutz nicht entgegensteht – den Sorgeberechtigten. Im Zweifel kann der Kinderschutz auch durch ein Familiengericht gegen den Willen der Sorgeberechtigten durchgesetzt werden.

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