BERLIN. Die Corona-Lage in Deutschland spitzt sich dramatisch zu, doch von einem erneuten Lockdown will kein Politiker sprechen. Dabei bahnt er sich bereits an, meint der Virologe Prof. Alexander Kekulé – auch in Schulen. Und tatsächlich: In Sachsen wurden in den letzten drei Tagen schon wieder 29 Schulen ganz oder teilweise geschlossen. In Brandenburg mussten drei Schulen ihren Präsenzbetrieb einstellen. Und in Berlin gingen zwei Schulen notgedrungen zurück in den Wechselunterricht.
Der Virologe Prof. Alexander Kekulé, Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie des Universitätsklinikums Halle, erwartet in den nächsten Wochen einen Lockdown „durch die Hintertür“. „Man wird es nicht ‘Lockdown’ nennen, weil es einfach politisch inzwischen tabu ist“, sagt er im MDR-Podcast „Kekulés Corona-Kompass“. „Die Bevölkerung möchte es nicht, es ist auch schon erklärt worden von vielen, möglicherweise künftigen Ministern: Es wird keinen Lockdown mehr geben“, erklärt Kekulé weiter. Doch Komponenten eines Lockdowns seien gegeben, ohne jedoch das Wort „Lockdown“ zu nutzen.
Auch Schulschließungen hält der Virologe für unvermeidbar. „Wenn Sie einen massiven Ausbruch in der Schule haben, können Sie die Eltern nicht nötigen, ihre Kinder, vor allem wenn sie ungeimpft sind, in die Schule zu schicken“, sagt Kekulé weiter. „Und da es eine Schulpflicht gibt, ist da keine Alternative mehr, als die Schule zu schließen.“ Davor, dass es erneut so weit kommen könnte, habe er bereits mehrfach gewarnt – und da ist er nicht der einzige: Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach etwa warnt auf Twitter vor einer „Monster Welle“, die auf Deutschland zurolle. Nur mit einer konsequenteren Corona-Politik wie einer 2G-Regelung könne man die Corona-Welle noch brechen und einen weiteren Lockdown verhindern, so Lauterbach.
„Ein Ende der Entwicklung ist nicht abzusehen“, stellt das Kultusministerium fest
In Sachsen wird ein „Lockdown durch die Hintertür“ bereits zunehmend Realität. Wie aus den amtlichen Bekanntmachungen des Freistaats zu Corona hervorgeht, wurden dort in den vergangenen drei Tagen 29 Schulen ganz oder teilweise geschlossen. „Ein Ende der Entwicklung ist nicht abzusehen“, so heißt es im Blog des sächsischen Kultusministeriums. „Nirgendwo in Deutschland ist die Impfquote so gering wie in Sachsen. Das hat auch Folgen für den Schulbetrieb. Auch wenn bei Kindern und Jugendlichen die Coronainfektionen in aller Regel sehr mild verlaufen, und das Risiko für schwere Verläufe ist sehr gering, schreitet das Kultusministerium ein, um Neuinfektionen zu vermeiden.“
Die Schulschließungen gingen zurück auf eine sogenannte Hotspotregelung in der Schul- und Kita-Coronaverordnung. „Danach kann das Kultusministerium bei gehäuften lokalen Infektionsgeschehen schulscharfe Schutzmaßnahmen wie zeitlich begrenzter Wechselunterricht oder temporäre Schulschließung anordnen. Eine entscheidende Bedeutung kommt dabei den Umständen an der betroffenen Schule zu, da es sich um eine Ermessensentscheidung handelt und die Ausübung des Ermessens dem jeweils konkreten Sachverhalt gerecht werden muss. Im Vordergrund werden die Belange der betroffenen Schülerinnen und Schüler stehen. Konkrete Maßnahmen werden darauf abzielen, eine weitere auch unkontrollierte Ausbreitung von Infektionen mit dem Sars-Cov2-Virus an den Einrichtungen zu verhindern.“
Bildungsministerin Britta Ernst (SPD): „Jede Schließung und jede Quarantäne macht uns traurig”
Ausgegangen werde dabei unter anderem von einem Überschreiten des Infektionsgeschehens über Schwellenwerte in Relation zur Anzahl der Schülerinnen und Schüler an der Schule. Darüber hinaus werden weitere auch räumliche Kriterien und die bereits ergriffenen Maßnahmen des Gesundheitsamtes und der Schule berücksichtigt. Im Klartext: Den Schließungen sind massive Corona-Ausbrüche vorausgegangen.
In Brandenburg waren – Stand Montag – drei Schulen komplett geschlossen. Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) sagte dem rbb: „Jede Schließung und jede Quarantäne macht uns traurig, weil das bedeutet, dass Schülerinnen und Schüler nicht wie gewohnt die Schule besuchen können.“ In Berlin mussten einem weiteren Bericht des rbb zufolge die ersten Schulen wieder in den Wechselunterricht gehen. An zwei Grundschulen sei laut Gesundheitsverwaltung die Corona-Ampel auf „Gelb“ gesprungen, weshalb dort die Abstandsregel in den Klassenräumen wieder eingeführt wird. Die Folge: Ein Teil des Unterrichts findet damit in Präsenz statt, ein weiterer in digitaler Form. Die Entscheidung darüber treffen die Gesundheitsämter in Absprache mit der regionalen Schulaufsicht. Die Maßnahmen gelten seit Montag und zunächst für eine Woche. News4teachers / mit Material der dpa