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Studie widerlegt, was nie jemand behauptet hat: Kinder sind nicht infektiöser

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MÜNCHEN. Immer noch wird versucht, an dem Märchen zu stricken, Kitas und Schulen hätten mit dem Infektionsgeschehen wenig bis gar nichts zu tun. Aktueller Fall: Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass Kinder im ersten Jahr der Pandemie «Virenschleudern» gewesen seien, sagte der Direktor der Kinderheilkunde im Haunerschen Kinderspital am LMU Klinikum München, Prof. Dr. med. Christoph Klein, bei der Vorstellung der bayernweiten Studie «Covid Kids Bavaria». Nur: Dass Kinder infektiöser seien als Erwachsene, hat nie jemand behauptet. 

Mediziner trommeln seit Beginn der Pandemie für weit offene Schulen – auch mit fragwürdigen Schlussfolgerungen aus Studien. Foto: Shutterstock

Bayerische Mediziner haben das Infektionsgeschehen in einer großen Studie untersucht – und kommen zu dem Schluss: Sie seien von März 2020 bis März 2021 nicht «Treiber der Pandemie» gewesen – was immer das auch sein soll. Die Fallzahlen in Krippen, Kitas und Schulen hätten mit den Inzidenzen in der Gesamtbevölkerung korreliert, berichteten die Ärzte am Donnerstag bei der Vorstellung ihrer Studie. Also eigentlich wäre ein solcher Befund Grund genug gewesen, die überall geltenden Hygienevorschriften – vor allem die Abstandsregel – auch in Schulen einzuhalten. Das wurde sie aber nicht, weil in vollen Klassen 1,5 Meter Abstand nicht einzuhalten ist.

Es gebe keine Anhaltspunkte, das Kinder «Virenschleudern» gewesen seien, sagte der Direktor der Kinderheilkunde im Haunerschen Kinderspital am LMU Klinikum München, Christoph Klein, als einer der Studienleiter. Diese Frage habe sich zu Beginn der Pandemie gestellt, behaupten die Studienautoren.

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Richtig ist allerdings, dass kurz nach dem ersten Lockdown insbesondere von Kinderärzten und Kultusministern das Gegenteil behauptet wurde: Kinder seien weniger infektiös als Erwachsene. So erklärte der Präsident des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), Thomas Fischbach, noch im August 2020, «dass es bei den letzten Ausbrüchen an Schulen immer Lehrer waren, die das Virus von außen hereingetragen hatten“. Zuvor hatte Hamburgs Schulsenator Ties Rabe, Sprecher der SPD-geführten Kultusministerien in Deutschland, erklärt, «dass insbesondere Kinder von der Pandemie kaum betroffen sind«. Kurz darauf beschloss die KMK, die Schulen weit offen zu lassen – ohne Abstandsregel.

«Mit den entsprechenden Maßnahmen ist Schulunterricht auch in Zeiten der Pandemie möglich und sicher»

Jetzt wollen die Mediziner der Universitätskinderkliniken in Bayern widerlegt haben, was nie von Wissenschaftlern gesagt wurde – eben dass Kinder «Virenschleudern» seien.Die Ärzte haben dafür die Situation bei Kindern speziell in Betreuungseinrichtungen und Grundschulen untersucht. Beteiligt waren rund 150 Einrichtungen. In drei Erhebungszeiträumen im Oktober 2020, im November und Dezember 2020 sowie im März 2021 waren bei rund 2570 Kindern und knapp 1290 Erwachsenen insgesamt rund 7060 Proben mit PCR-Tests geprüft worden. In 13 Fällen war das Ergebnis positiv.

Das sei vergleichbar gewesen mit den Fallzahlen in der Gesamtbevölkerung, erklärten die Autoren – heißt: Kinder sind nicht mehr von Corona betroffen als der Rest der Bevölkerung, aber auch nicht weniger.

Die Daten seien zwar nicht eins zu eins auf die derzeitige Situation mit Omikron übertragbar, sagt Klein weiter. Tatsächlich explodieren aktuell die Inzidenzen unter Kindern und Jugendlichen. Dennoch muss aus Kleins Sicht die Strategie, Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen möglichst offen zu halten, aktuell nicht geändert werden.

«Mit den entsprechenden Maßnahmen ist Schulunterricht auch in Zeiten der Pandemie möglich und sicher», sagte der stellvertretende Direktor der Kinderheilkunde im Haunerschen Kinderspital und weitere Studienleiter, Prof. Dr. med. Johannes Hübner. Für Omikron zeigten Erfahrungen etwa aus England und Südafrika, dass die Kinder nicht mehr betroffen seien als Erwachsene. Was «entsprechende Maßnahmen» sind, dazu äußerten sich die Mediziner offenbar nicht. Die Deutsche Presseagentur berichtet darüber jedenfalls nichts.

Entsprechend angetan zeigte sich die Politik von den gedrechselten Schlussfolgerungen: Wissenschaftliche Daten wie diese seien eine wichtige Grundlage auch für Entscheidungsfindung der Staatsregierung, sagte Wissenschaftsminister Bernd Sibler (CSU). Die Pandemie erfordere immer wieder ein Umdenken und Anpassen der Maßnahmen. «Für unsere Kinder ist die Pandemie eine enorme Herausforderung», sagte der Minister weiter unter anderem mit Blick auf eingeschränkte soziale Kontakte und die Schließung von Schulen und Einrichtungen.

Es gebe auch Folgen für die psychische Kindergesundheit, sagte Klein. Daten zu den psychologischen und sozialen Auswirkungen der Pandemie seien aber noch in der Auswertung. Gestern hatten Psychologen und Ärzte in einer gemeinsamen Stellungnahme betont, dass Präsenzunterricht um jeden Preis viele Kinder massiv psychisch belastet. News4teachers / mit Material der dpa

Psychologen und Ärzte schlagen Alarm: Präsenzunterricht um jeden Preis belastet Kinder massiv

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