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edu:regio-Debatte: „Wir müssen aus dieser Tretmühle heraus“ – VBE-Chefin Anne Deimel über Schlussfolgerungen aus der IQB-Studie

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DÜSSELDORF. Die Grundschulen stehen nach wie vor im Mittelpunkt der bildungspolitischen Debatte in Deutschland. Kein Wunder: Die Leistungen der Viertklässler in Deutschland, dies zeigte unlängst die IQB-Studie auf, sind in allen relevanten Bereichen zurückgegangen. Über die Ursachen für die Krise und mögliche Wege hinaus, über ungerechtfertigte Kritik und den Lehrermangel sprachen wir mit Anne Deimel, der Vorsitzenden des Verbands Bildung und Erziehung (VBE) Nordrhein-Westfalen, selbst langjährige Grundschulleiterin. Sie ist auf der edu:regio am 10. und 11. Februar in Düsseldorf zu erleben.

„Wir dürfen uns von den Ergebnissen der Leistungsstudienstudien nicht unter Druck setzen lassen.“: Anne Deimel, Landesvorsitzende des VBE, im Gespräch. Foto: Caro Simon / VBE

News4teachers: Der Philologenverband Rheinland-Pfalz hat den Grundschulen im Zusammenhang mit der IQB-Studie vorgeworfen, „unbrauchbare Methoden“ einzusetzen. Sind die Grundschullehrkräfte schuld am Leistungsabsturz der Schülerinnen und Schüler?

Deimel: Nein. Die Lehrkräfte tun alles, was möglich ist, und sie arbeiten hochprofessionell. Der Knackpunkt, um den sich alles dreht, ist schlichtweg der Personalmangel. Der hat Auswirkungen – zum einen auf die Kinder, zum anderen auf die Lehrkräfte, die über ihre Leistungsgrenzen hinaus gehen müssen. Und das am Ende einer Corona-Pandemie, die das gesamte System erschüttert hat.

News4teachers: Wobei der Leistungsabfall, den die IQB-Studie sichtbar gemacht hat, sich offenbar schon seit zehn Jahren schleichend vollzieht…. Kann es nicht doch sein, dass in Grundschulen mitunter mit falschen Methoden unterrichtet wird?

Die edu:regio feiert in Düsseldorf Premiere

Lehrkräfte, aufgepasst! Informative Vorträge aus der Praxis, Gespräche mit Tiefgang, ein individuelles Fortbildungsprogramm und eine fachliche Ausstellung mit einem Schwerpunkt auf digitale Bildungsmedien – eigens für Sie (und alle anderen, die für Schule Verantwortung tragen): Das ist die edu:regio, ein pädagogisches Großevent, das am 10. und 11. Februar in Düsseldorf Deutschland-Premiere feiert.

3.000 Besucherinnen und Besucher werden erwartet – und prominente Gäste: Am 11. Februar 2023 (15 Uhr) ist zum Beispiel Anne Deimel, Vorsitzende des VBE NRW, im Gespräch mit News4teachers-Herausgeber Andrej Priboschek auf der edu:regio zu erleben. Das komplette Programm und Tickets gibt es hier: www.edu-regio.de/duesseldorf-2023.

Deimel: Ich habe unlängst eine Kollegin, eine Grundschulleiterin, in den Ruhestand verabschiedet, die zu mir gesagt hat: „Anne, wenn ich die Entwicklung so überblicke, ist es doch so, dass wir schon seit zwanzig Jahren mit dem Mangel arbeiten.“ Das kann ich nur bestätigen. Die Grundschule ist ja eigentlich eine Gesamtschule, die praktisch fast alle Kinder aufnimmt. Entsprechend stark ist sie mit allen Bewegungen in unserer Gesellschaft konfrontiert. Und die Gesellschaft verändert sich rasant – sie wird immer heterogener. Entsprechend vielfältiger sind die Klassen in den Grundschulen geworden. Integration, Inklusion, immer mehr Verhaltensauffälligkeiten, immer mehr individuelle Förderansprüche, das sind Herausforderungen, mit denen die Lehrkräfte in den Grundschulen zunehmend konfrontiert sind. Dazu kommt, dass die Erstklässlerinnen und Erstklässler aus einem Kitasystem kommen, das auch schon vom Mangel gekennzeichnet ist. Heißt: Sie kommen mit anderen Voraussetzungen in die Schule als Kinder vor 20 Jahren. Immer mehr Kinder haben heute kaum noch eine Chance, vor der Schule ausreichend Basisfähigkeiten auszubilden.

„Die Landesregierung hat viel zu lange ihre Augen vor den Problemen verschlossen. Gewarnt wurde sie von uns seit langem“

News4teachers: Tatsächlich herrscht auch in den Kitas Personalmangel…

Deimel: Massiv. Und auch deshalb wird die Arbeit in den Grundschulen immer schwieriger. Die Herausforderungen für die Lehrkräfte werden größer, die Klassen aber nicht kleiner. Stichwort: multiprofessionelle Teams – die hätten wir schon vor Jahren gebraucht. Wann kamen dann zusätzliche sozialpädagogische Fachkräfte und Unterstützungskräfte fürs gemeinsame Lernen? Jetzt, in der Corona-Zeit, als sich die Politik gar nicht mehr anders zu helfen wusste. Als sie gemerkt hat, man bekommt überhaupt keine grundständig ausgebildeten Lehrkräfte mehr ins System. Die Stellen für Lehrkräfte laufen an vielen Orten leer. Das ist ein Drama. Die Landesregierung hat viel zu lange ihre Augen vor den Problemen verschlossen. Gewarnt wurde sie von uns seit langem.

Ich erinnere mich an eine Petition, die wir 2017 an die damalige Schulministerin Gebauer übergeben haben. Die Not der Kolleginnen und Kollegen war auch schon damals groß. Sie stehen in der Regel allein vor einer Klasse voller Kinder, die ein Anrecht auf Bildung haben, denen eine Person in ihrer Vielfalt aber überhaupt nicht gerecht werden kann. Die Lehrkräfte starten jeden Morgen in die Schule mit dem Gedanken, dies oder das mit bestimmten Kindern zu erarbeiten – und kommen dann nach Hause und denken sich: „Ich habe es heute wieder nicht geschafft.“ Das ist frustrierend.

News4teachers: Spielt auch die Inklusion eine Rolle?

Deimel: Inklusion spielt in der Form eine Rolle, dass man dafür Sonderpädagoginnen und Sonderpädagogen in den Schulen benötigt – und deren Stellen können ja auch nicht besetzt werden. Viele Eltern betroffener Kinder möchten zurecht, dass sie eine allgemeine Schule besuchen. Für viele Schülerinnen und Schüler ist das ein Segen. Sie wollen dazugehören. Und wir sind schließlich auch eine Gesellschaft und eine Gemeinschaft. Aber wir brauchen dann auch in der Schule die Ressourcen, um alle Kinder angemessen fördern zu können, unabhängig davon, ob sie nun eine Behinderung haben oder nicht. Jedes Kind hat ein Recht darauf, gefördert zu werden. Und diesem Anspruch können wir im Moment an vielen Schulen nicht gerecht werden.

News4teachers: Sie haben eben auch das Thema Integration angesprochen. Immer mehr Kinder, die zuhause nicht Deutsch sprechen, kommen in die Grundschulen. Inwieweit spielt das eine Rolle?

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Deimel: Wenn ich in eine Grundschulklasse unterrichten soll – und wir haben ja viele Grundschulklassen, in denen dreißig Kinder und auch mehr sitzen – und zu dieser Grundschulklasse gehören einige Kinder, die gar kein Deutsch können, dann habe ich als Lehrkraft keine Chance, jedem Kind individuell gerecht zu werden. Die Deutschförderung muss von der Schule organisiert werden, wenn sie es kann. Sie hat großes Glück, wenn sie über Lehrkräfte verfügt, die in Deutsch als Zweitsprache ausgebildet worden sind, die dann in einzelnen Stunden mit den Kindern Deutsch lernen können. Trotzdem findet die Integration im Wesentlichen ja während des Regelunterrichts statt – und das erfordert eine enorme Differenzierung, also eine umfangreiche Vorbereitung für jede einzelne Stunde. Das können Lehrkräfte bis zu einem bestimmten Level leisten, aber ab dann schaffen sie das einfach nicht mehr. Sie schaffen es körperlich nicht mehr. Es ist eine extrem hohe Belastung, einfach weil zu wenig Unterstützung da ist.

„Wir finden uns in einer Situation wieder, in der es nur darum geht, Löcher zu stopfen, irgendwie über den Tag zu kommen und den Kindern wenigstens das Wichtigste beizubringen“

Wir sind Lehrkräfte geworden, weil wir Kindern ermöglichen wollen, eine gute Bildung, eine gute Ausbildung zu erlangen, und dann finden wir uns in einer Situation wieder, in der es nur darum geht, Löcher zu stopfen, irgendwie über den Tag zu kommen und den Kindern wenigstens das Wichtigste beizubringen. Wir wissen gut, es ginge viel mehr – aber wir haben die Ressourcen dafür nicht. Das ist frustrierend.

News4teachers: In dieser Situation kommt NRW-Schulministerin Dorothee Feller und erklärt, sie wolle Grundschullehrkräften „mehr Begleitung“ angedeihen lassen – klingt das für Sie wie eine Drohung?

Deimel: Ich habe das anders verstanden. Sie hat auch erklärt, dass grundständig ausgebildete Lehrkräfte die Fähigkeiten, einen guten Unterricht zu machen, eindeutig mitbringen. Aus meiner Sicht ging es ihr bei ihrer Aussage um die Seiten- und Quereinsteigenden, die wir ja mittlerweile in großer Anzahl in den Grundschulen haben, weil nicht genügend grundständig ausgebildete Lehrkräfte zu finden waren. Dazu gehören Menschen, die nur mit einem Fach eingestellt wurden, wir haben in den Schulen sogenannte Nicht-Erfüller und Nicht-Erfüllerinnen, die gar kein universitäres Studium nachweisen müssen, wir haben Studierende. Wir haben also ganz verschiedene Gruppen in Grundschulen, die jetzt als Lehrkräfte tätig sind. Und weil die Personalnot immer größer wird, kommen Seiteneinsteigende, die zum Beispiel eigentlich nur Kunst unterrichten dürften, auch in die Situation, in die Klassenlehrerfunktion gehen zu müssen, weil schlichtweg sonst keiner da ist – ein großes Problem. Ich habe Frau Feller so verstanden, dass es jetzt gute grundlegende Fortbildungen und Qualifizierungen geben soll für solche Kräfte, damit der Unterricht auch stattfindet, wie er stattfinden muss. Das unterstütze ich.

News4teachers: Welche Konsequenzen würden Sie aus der IQB-Studie ziehen?

Deimel: Zunächst mal möchte ich sagen, was nicht passieren darf. Die IQB-Studie zeigt, dass viele Kinder nicht das können, was sie können müssten. Jetzt scheinen manche Politikerinnen und Politiker zu meinen, man müsse nur mehr Fachunterricht geben, so viel Lesen, Schreiben und Rechnen in die Stundentafel setzen wie möglich, um die Defizite auszugleichen. Aber so funktioniert Lernen nicht. Wir müssen im Gegenteil sehen, dass die Schulen aus ihrem Hamsterrad rauskommen. Wir müssen Druck aus dem System nehmen.

News4teachers: Also auch die Lehrpläne abspecken?

Deimel: Die werden sowieso verdünnt, weil ja gar nicht alles zu leisten ist, was da drinsteht. Wenn wir jetzt aber in den musischen Fächern und beim Sport kürzen, wäre das ein Drama für die Kinder. Aus meiner Sicht braucht es ein neues Denken – in die Richtung, dass wir mehr Zeit für Gespräche miteinander bekommen, um beispielsweise Projekte zu entwickeln, um überhaupt erst einmal wieder Motivation fürs Lernen zu wecken.

„Wir müssen den Schülerinnen und Schülern ermöglichen, eigene Antworten zu finden: Was bedeutet es für mich – lernen?“

Nachhaltigkeit ist zum Beispiel ein Thema, für das Kinder brennen. Wenn sie zum Beispiel nur einmal in der Woche eine feste Zeit hätten, sich damit zu beschäftigen, darüber in den Austausch mit ihren Mitschüler*innen, mit ihren Lehrer*innen, mit den sozialpädagogischen Fachkräften zu kommen, wenn sie dabei auch mal wieder erfahren können, dass die Schule für sie da ist und dass es nicht nur darum geht, Lehrpläne abzuarbeiten, dann bin ich fest davon überzeugt – und das bestätigt uns die Bildungsforschung seit langem –, dass die Leistungen auch im Lesen, Schreiben und Rechnen wieder besser werden. Einfach deshalb, weil die Kinder eine andere Einstellung zum Lernen und zur Leistung entwickeln können.

Wir müssen den Schülerinnen und Schülern ermöglichen, eigene Antworten zu finden: Was bedeutet es für mich – lernen? Was ist das Spannende an Mathe, Deutsch, Englisch und Sachunterricht? Welche Themen interessieren mich wirklich? Wenn wir schaffen, das den Kindern zu vermitteln, bin ich sicher, dass wir eine bessere Lern- und Leistungsentwicklung sehen werden. Wir dürfen uns von den Ergebnissen der Leistungsstudien nicht unter Druck setzen lassen. Wir sollten lieber genau gucken, was ist eigentlich Bildung? Was macht Kinder zu starken Persönlichkeiten, sodass sie dann selbst aus innerer Motivation heraus lernen können? Wir müssen herauskommen aus dieser Tretmühle des reinen Abarbeitens von Lerninhalten. Das ist ein Schlüssel. Andrej Priboschek, Agentur für Bildungsjournalismus, führte das Interview.

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Dil Uhlenspiegel
1 Jahr zuvor

Sehr still im Olymp dieser Tage. Vermutlich wird auf unabhängige Gutachten gewartet oder an den Gebote-Tafeln gefeilt oder man gönnt sich auch mal Erholung nach der harten Zeit … mal tief luftgefiltert durchatmen. Tut ja auch gut, das sollten Sie wirklich auch mal machen.

PS: Falls wir irgendwie helfen können mit Erfahrungsschatz, überfachlichen Analysen, jahrzehntelangen Beobachtungen oder gerne auch mit konkreten Lösungsansätzen, einfach melden – dafür sind wir doch da, blinzel.

Last edited 1 Jahr zuvor by Dil Uhlenspiegel
dickebank
1 Jahr zuvor
Antwortet  Dil Uhlenspiegel

In D’dorf ist fünfte Jahreszeit – also die Zeit, in der sinnfreie Äußerungen erwartet und mit einem Tusch verstärkt werden. Da erwartest Du doch nicht wirklich, dass jemand der jahrelang in MS Verantwortung getragen hat, sich zu einer Äußerung hinreißen lässt.
Warte mal den Aschermittwoch ab, dann kannst Du bußfertig neue Anweisungen empfangen.

Was „sine carnevale“ bedeutet siehst Du doch am besten an Schule, da ist schon lange kein Fleisch mehr am Knochen. Selbst das Auskochen hinterlässt keine Fettaugen auf der IQB-Suppe. Drum lausche den Worten des Aschermittwoch-Gottesdienstes –
Beati pauperes spiritu, quoniam ipsorum est regnum caelorum.

Nur hier auf Erden werden sie ohne Schulabschluss nicht reich durch prekäre Beschäftigungsverhältnisse. KAoA sei dank, haleluja

Dil Uhlenspiegel
1 Jahr zuvor
Antwortet  dickebank

… aber der Blick in die Fettaugen gibt einem wieder so viel zurück. Ipsorum est regnum calorium.

dickebank
1 Jahr zuvor
Antwortet  Dil Uhlenspiegel

… ja, diese adipösen Sehschlitze …

Ich sach ja, wenn dat so weiter geht, dann kommt et ganz dicke! Oder auf Lateinisch

„Plenus venter non studet libenter!“

Deshalb das Ganztagsmotto „mens sana in copore sana“

Wer gesund ist, isst in der Mensa!

Carsten60
1 Jahr zuvor

Ich will das nicht anzweifeln, was die Frau Deimel da sagt. Aber ich wundere mich doch darüber, dass uns in den vergangenen Jahren oft die Grundschule als leuchtendes Vorbild hingestellt wurde, als die Ergebnisse bei IGLU sich noch verbesserten. Es hieß oft genug, alle Probleme der Schule im Lande resultieren nur aus dem gegliederten Schulsystem, gerade deshalb sei die Grundschule konzeptionell allen anderen überlegen, und dieses Prinzip müsse unbedingt auf die Sek I übertragen werden. Wo sind denn jetzt die Leute, die das immer gesagt haben? Sind sie alle plötzlich gestorben?

Dil Uhlenspiegel
1 Jahr zuvor
Antwortet  Carsten60

„Wo sind denn jetzt die Leute, die das immer gesagt haben?“ – Die suchen vermutlich gerade Studienergebnisse in die – vermutlich – genau entgegengesetzte Richtung. Man muss am Puls der Zeit bleiben, jaja, Pädagogik ist eine dynamische Angelegenheit. Man achte auf die Verkündigungen in den nächsten Wochen und Jahren …

Palim
1 Jahr zuvor
Antwortet  Carsten60

Die Leute, die in den letzten 20 Jahren auf den Mangel verwiesen haben, sind – hoffentlich – noch nicht gestorben, wenn auch einige von ihnen inzwischen nicht mehr im Schuldienst sein dürften.

Wenn unmittelbar nach Schulschließungen eine Leistungserhebung ergeben hätte, dass die Schüler:innen erheblich bessere Leistungen erbracht hätten, würde ich mich mehr wundern, als bei den neuen IQB-Werten, erhoben direkt nach dem Wechselunterricht und des durch Corona zusätzlich verschärften Lehrkräftemangels.

Ich bedanke mich für das Interview und für die Aussage Frau Deimels, die genau dies deutlich herausstellt:
„Die Lehrkräfte tun alles, was möglich ist, und sie arbeiten hochprofessionell. Der Knackpunkt, um den sich alles dreht, ist schlichtweg der Personalmangel. Der hat Auswirkungen – zum einen auf die Kinder, zum anderen auf die Lehrkräfte, die über ihre Leistungsgrenzen hinaus gehen müssen. Und das am Ende einer Corona-Pandemie, die das gesamte System erschüttert hat.“

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Palim

Ich dachte eigentlich mehr an jene Bildungs-wissenschaftler, die auf die guten IGLU-Werte verwiesen und fast schon hämisch festgestellt haben, die guten Grundschüler würden dann in unseren Hauptschulen „verdorben“, alles wegen des ungerechten „Sortierens“. Aber auch ohne Sortieren ist es wohl schwierig geworden.
Der Lehrermangel ist ohne Frage ein Problem, aber Statistiker könnten darauf verweisen, dass wir heute mehr Lehrer haben als je zuvor (790.000) und dass die Schülerzahl insgesamt schon mal höher war. Die Schulbehörden hatten sich nur leichtsinnigerweise auf stark sinkende Schülerzahlen nach 2011 eingestellt, und das ist so nicht eingetreten. Sie sanken von 2011 bis 2020 nur von 11,3 Mill. auf 10,7 Mill. Die Klassenfrequenzen sind im selben Zeitraum in allen Schulformen geringfügig gesunken und jedenfalls nicht gestiegen (in Grundschulen ca. 21 im Durchschnitt; Angaben der KMK).
Ist einer der „Knackpunkte“ nicht auch die wachsende Zahl von Grundschulkindern, die kaum Deutsch sprechen und die auch zu Hause kein Deutsch hören? Darauf ist unser Schulsystem einfach nicht ausgelegt, wie sollte es auch? Das ist in anderen Ländern auch ein Problem. Für die auch noch die umfassende Chancengleichheit zu fordern, wie soll das realisiert werden? Wie viele Lehrer würden da benötigt, insgesamt über 1 Million? Oder noch mehr?

Ron
1 Jahr zuvor

„Aus meiner Sicht braucht es ein neues Denken – in die Richtung, dass wir mehr Zeit für Gespräche miteinander bekommen, um beispielsweise Projekte zu entwickeln, um überhaupt erst einmal wieder Motivation fürs Lernen zu wecken.“

Sorry, in meinen Augen hat auch Frau Dehmel noch nicht besonders viel verstanden und möchte neben zusätzlichen Lehrern nur die Dosierung der fehlgeschlagenen Medizin der letzten Jahre weiter erhöhen. Die Lösung der Probleme wird aber mitnichten sein, noch mehr Stuhlkreis zu veranstalten, sondern endlich zum Lernen zu kommen. Die beschworene Vielfalt ist dabei leider ein Stück weit schlicht gescheitert. Man kann nämlich keinen leistungsorientierten und lerneffektiven Unterricht durchführen, wenn man hoch heterogene Klassen hat, in denen ein Teil kein Deutsch spricht, ein anderer Teil intellektuell gar nicht die Lerninhalte aufnehmen kann und ein weiterer Teil so verhaltensauffällig ist, dass er sich selbst und der Lerngruppe ständig ein Bein stellt.

Georg
1 Jahr zuvor

Ich halte den demographischen Wandel bei der Schülerschaft für einen sehr plausiblen Grund. Danke für den roten Daumen.

Ron
1 Jahr zuvor

Zukünftig sollen also Grundschüler an die Sek 1 übergeben werden, die in ihrer Gesamtheit gar nichts mehr können, sich aber in ihrer Vielfalt gefunden und verständigt haben?!
Ist das Ernst gemeint? Das soll unsere schulische Zukunft sein? Damit wollen wir den Hochtechnologiestandort Deutschland – und damit unseren Wohlstand – erhalten?

Last edited 1 Jahr zuvor by Ron
dickebank
1 Jahr zuvor
Antwortet  Ron

Um die Stundentafeln zeitlich zu füllen, wird es zukünftig mehr Selbstlernzeiten geben müssen. Hierauf muss GS vorbereiten – also weniger Inhalte mehr Motivationstraining. Bis ans Ende der 10 ist eine verdammt lange Strecke. Würde man die Ende der 60er eingeführten zusätzlichen zwei Schuljahre in der SekI zusammen mit dem Jugebndarbeitsschutz wieder streichen, gäbe es weder Fach- noch Lehrkräftemangel.

Dil Uhlenspiegel
1 Jahr zuvor
Antwortet  dickebank

Selbstlernzeit ist ein riesen Ding. Die Experten setzen richtig viel darauf … faites vos jeux, rien ne vas plus!

tingel
1 Jahr zuvor
Antwortet  Dil Uhlenspiegel

Selbstlernzeit kannst du meiner Meinung nach bei vielen Kindern gleich vergessen, zumindest wenn sie auch noch selbst auswählen sollen, was sie wann lernen möchten. Die meisten Kinder bekommen sich gar nicht selber organisiert.

Lera
1 Jahr zuvor
Antwortet  Ron

Ersetze „zukünftig“ durch „weiterhin“.

dickebank
1 Jahr zuvor
Antwortet  Lera

… zukünftig vermehrt …

Waren früher die „Lernbegleiter“ noch im Raum anwesend, um die SuS zu beaufsichtigen, wird es zukünftig so eine Art „mission control“ wie bei NASA und ESA geben – also Kontrollraum mit mehreren Monitoren, so dass zwei „Controler“ einen sechzügigen Jahrgang im Blick haben können.
Während dessen können die zwei mit „explain everything“ kurze Erklärfilmchen für zusätzlichen Input für die Lerngruppen anfertigen. In größeren Schulverbünden auf Ebene des Regierungsbezirkes werden die „Filmchen“ servergestützt ausgetauscht. Bei gleichzeitiger Erhöhung der Kameras in den Unterrichtsräumen kann die Zahl der SuS je Lerngruppe auf nahezu 50 Personen ausgebaut werden. Im Zuge der Individualisierung von Unterricht dürfen die Rezipienten der Erklärfilmchen die Bildschirmschoner ihrer Tablets individuell gestalten. im Gegenzug müssen sie den Remote-Zugriff ermöglichen.

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