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Bedrohliche Sommerferien: Terre des Femmes klärt Schülerinnen über Zwangsheiraten auf

BERLIN. Vor den Sommerferien klärt die Frauenrechtsorganisation Terre des Femmes zusammen mit der Polizei an Berliner Schulen über drohende Zwangsheiraten auf. Für viele Schülerinnen aus patriarchalischen Familien steige in den langen Sommerferien das Risiko einer Zwangsverheiratung, teilte Terre des Femmes mit. So reisen etwa viele muslimische Familien in den Ferien zu Verwandten in der Türkei oder arabischen Staaten, und dort komme es immer wieder zu Zwangsverheiratungen von oft noch minderjährigen Schülerinnen. Auch andere Staaten etwa in Afrika sind demnach betroffen.

Terre des Femmes vermutet eine hohe Dunkelziffer bei Zwangsverheiratungen und Frühehen in Deutschland. (Symbolfoto) Foto: Shutterstock

«Jeder weiß, dass es Zwangsverheiratungen gibt, aber wir Lehrerinnen werden komplett allein gelassen», zitiert Terres des Femmes eine Lehrerin an einer Berliner Gemeinschaftsschule. Früh- und Zwangsverheiratungen in den Sommerferien seien «keine Einzelfälle», erklärt Christa Stolle, Bundesgeschäftsführerin der Organisation. «Durch unsere Arbeit an Schulen wissen wir, dass sich das Personal nicht ausreichend unterstützt fühlt.» Die Schule sei oft der einzige Ort, wo sich betroffene Schülerinnen außerhalb ihrer Familien aufhalten dürfen. «Und dort setzen wir mit unserer Präventionsarbeit an.»

Im Jahr 2011 wurde den Angaben zufolge die bislang einzige bundesweite  Studie zum Thema „Zwangsverheiratung in Deutschland“ veröffentlicht. Dabei wurde deutlich, dass in Deutschland im Jahre 2008 3.443 Personen von einer Zwangsverheiratung betroffen oder bedroht waren. In einer ebenfalls 2011 herausgegebenen Studie zum Thema „Ehrenmorde in Deutschland 1996-2005″ wurden 78 Fälle untersucht. Diese Untersuchungen ergaben, dass es zwölf „Ehren“-Morde pro Jahr in Deutschland gibt, die von der Justiz erfasst werden.

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«Ist eine Schülerin erst mal ins Ausland verschleppt, ist es für sie oft sehr schwierig, wieder nach Deutschland zurückzukehren»

Im Mai 2022 führte Terre des Femmes eine eigene, nicht repräsentative Umfrage unter Lehrkräften und SchulsozialarbeiterInnen durch. Insgesamt wurden 1.847 Fälle (inkl. Verdachtsfälle) von angedrohten oder vollzogenen Früh- und Zwangsverheiratungen an deutschen Schulen durch teilnehmende Lehrkräfte bzw. Schulsozialarbeiter*innen angegeben (News4teachers berichtete).

Von Dienstag bis Freitag der nächsten Woche will Terres des Femmes gemeinsam mit der Polizei an vier Berliner Schulen unter anderem in Mitte und Friedrichshain-Kreuzberg in jeweils vielen Klassen Schülerinnen, Schüler und Lehrer für das Problem sensibilisieren und Hilfsmöglichkeiten nennen. Im Fokus sei auch, die Schülerinnen über ihre Rechte aufzuklären und sie zu bestärken, sich so früh wie möglich Hilfe zu holen. «Denn ist eine Person erst mal ins Ausland verschleppt, ist es für sie oft sehr schwierig, wieder nach Deutschland zurückzukehren.» News4teachers / mit Material der dpa

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