
Die Nobelpreise für Medizin und Physik boten neben einer erwarteten Auszeichnung einen jubelnden Preisträger in Bayern und die erst fünfte Physik-Nobelpreisträgerin. Wenig überraschend gab es einen Preis für entscheidende Grundlagen zur Entwicklung sogenannter mRNA-Impfstoffe gegen Corona, wie sie unter anderem vom Unternehmen Biontech produziert werden. Ungarn konnte sich am Montag und Dienstag über gleich zwei im Land geborene Preisträger freuen.
Die in Ungarn geborene Biochemikerin Katalin Karikó und der US-Immunologe Drew Weissman erhalten für ihre beharrlichen Vorarbeiten den Nobelpreis für Medizin, wie das Karolinska-Institut in Stockholm mitteilte. Die Preisträger hätten mit ihrer Forschung «zu dem beispiellosen Tempo der Impfstoffentwicklung während einer der größten Bedrohungen für die menschliche Gesundheit in moderner Zeit» beigetragen.
Am Dienstag jubelte das Team um Ferenc Krausz, der Direktor am Max-Planck-Institut für Quantenoptik (MPQ) in Garching bei München ist. «Ich versuche zu realisieren, dass das Realität ist und kein Traum», sagte der 61-Jährige kurz nach der Preisverkündung. Den anonymen Anruf am Vormittag habe er erst gar nicht annehmen wollen, aber dann sei Stockholm in der Leitung gewesen – «da konnte ich nicht mehr auflegen».
Die von ihm entwickelten Techniken könnten bei der Entwicklung von Quantencomputern und Supraleitern eingesetzt werden, teilte die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina mit. «Weitere Anwendungen liegen in der Medizin etwa bei der Früherkennung und Therapie bösartiger Tumore.» Laserbasierte Teilchentherapien seien schonender und genauer als die gängige Strahlentherapie von Tumoren.
Gemeinsam mit Krausz bekamen der 1941 geborene Franzose Pierre Agostini in den USA sowie die 1958 geborene Französin Anne L’Huillier den Physik-Nobelpreis zuerkannt – für Experimente, die der Menschheit neue Instrumente zur Erforschung von Vorgängen in Atomen und Molekülen gaben, wie es vom Nobelkomitee hieß. L’Huillier arbeitet an der Universität Lund (Schweden), Agostini an der Ohio State University.
«Wenn wir wirklich kurze Ereignisse untersuchen wollen, brauchen wir eine spezielle Technologie», so das Komitee. In der Welt der Elektronen fänden Veränderungen in wenigen Zehntel Attosekunden statt. «Eine Attosekunde ist so kurz, dass es in einer Sekunde so viele davon gibt, wie es Sekunden seit der Entstehung des Universums gibt.»
In der Begründung zum Medizin-Nobelpreis hieß es, die Arbeit von Karikó und Weissman habe auch den Weg für Impfstoffe gegen andere Infektionskrankheiten eröffnet. «In Zukunft könnte die Technologie auch zur Verabreichung therapeutischer Proteine und zur Behandlung bestimmter Krebsarten eingesetzt werden.»
Eine bessere Wahl für den Medizin-Nobelpreis könne es nicht geben, schrieb Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) auf X, vormals Twitter. «Mit Katalin Karikó und Drew Weissman werden die beiden Menschen geehrt, die jahrelang gegen den Trend mRNA-Forschung gemacht haben. Ohne sie wären Millionen Menschen mehr an Covid gestorben.»
Auch der Impfstoffhersteller Biontech gratulierte Weissman und Karikó, die jahrelang bei dem Mainzer Unternehmen angestellt war. Ihre Arbeit sei wegbereitend gewesen und habe eine der wichtigen Innovationen für den mRNA-basierten Covid-19-Impfstoff von Biontech und Pfizer gebracht, teilte das Unternehmen in Mainz mit. Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban schrieb bei Facebook: «Ich gratuliere der ersten ungarischen Nobelpreisträgerin! Wir sind stolz.»
Karikó, 1955 in Ungarn geboren, ist seit 2022 nur noch Beraterin von Biontech – sie wolle neben vielen Vorträgen und Ehrungen weiter Zeit haben, sich auf dem neuesten Stand der Forschung zu halten, sagte sie. Sie arbeitet derzeit noch an den Universitäten Pennsylvania (USA) und Szeged (Ungarn), Drew Weissman (64) ebenfalls an der Universität Pennsylvania.
Die bedeutendste Auszeichnung für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wurde 2023 um eine Million auf nun 11 Millionen schwedische Kronen (950 000 Euro) pro Sparte erhöht. Am Mittwoch werden noch die Träger des Chemie-Preises benannt, danach die für Literatur und für Frieden. Die Reihe endet am kommenden Montag mit dem von der schwedischen Reichsbank gestifteten sogenannten Wirtschafts-Nobelpreis. Die Vergabe aller Auszeichnungen erfolgt am 10. Dezember, dem Todestag des Preisstifters Alfred Nobel. News4teachers / mit Material der dpa
Physik-Nobelpreisträger Genzel wirbt vor Schülern für die Wissenschaft
