BOSTON. ADHS gehört zu den bekanntesten neurologischen Verhaltensstörungen. Dennoch fallen nach wie vor viele Betroffene durchs Raster. Bostoner Medizinerinnen und Mediziner wollen nun Erkennung und Diagnose erleichtern.
Die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) ist die häufigste pädiatrische neurologische Verhaltensstörung mit einem Anteil von etwa 7-10 % bei Kindern im Schulalter. ADHS beeinträchtigt in der Regel das gesamte Leben einschließlich der schulischen Leistungen, der sozialen und familiären Beziehungen und des beruflichen Erfolgs und erhöht das Risiko der Betroffenen für sekundäre Psychopathologie, Drogenkonsum, Delinquenz und Selbstmord.
Die wirksamste Behandlung von ADHS bietet laut Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Boston University eine Kombination aus Medikamenten, Verhaltenstherapie und schulischer Unterstützung. Bei vielen Kindern mit ADHS werde jedoch jahrelang, manchmal sogar lebenslang, keine Diagnose gestellt und keine Behandlung eingeleitet, sodass diese Kinder am stärksten gefährdet sind. Ein allgemeines Screening auf ADHS in der Kinderheilkunde könne daher die Früherkennung und Behandlung von ADHS verbessern.
Ein Team um Mona S. Doss Roberts, Assistenzprofessorin für Schulpädiatrie an der Boston University hat nun eine Initiative zur Qualitätsverbesserung auf Basis der gebräuchlichen Pediatric Symptom Checklist (PSC-17) erprobt, mit der das Screening auf ADHS in der kinderheilkundlichen Grundversorgung verbessert werden soll.
“In unserer Klinik stellten wir fest, dass viele Kinder, die positiv auf Aufmerksamkeitsprobleme getestet wurden, keine diagnostische Untersuchung auf ADHS erhielten”, erklärt Roberts. “Trotz der Tatsache, dass eine verzögerte und unzureichende Diagnose von ADHS häufig vorkommt, insbesondere bei Jugendlichen aus unteren Einkommensschichten, ist dies unseres Wissens der erste veröffentlichte Bericht über eine Qualitätsverbesserungsmaßnahme, die speziell auf die Verbesserung des Screenings auf ADHS in der pädiatrischen Primärversorgung abzielt”, sagte sie.
Die Initiative zur Qualitätsverbesserung der ADHS-Erkennung (ADQI) war ein Mehrkomponentenprogramm, das Folgendes umfasste: 1) Entwicklung und Schulung eines Algorithmus zur diagnostischen Entscheidungsfindung 2) Anpassung der Arbeitsabläufe in der Klinik; und 3) Optimierung der Funktionen in der krankenhauseigenen elektronischen Patientenakte, um positive Screenings zu kennzeichnen und die nächsten Schritte für die Auswertung zu erleichtern.
Den Forscherinnen und Forschern zufolge führte ihre Initiative zu einer verbesserten klinischen Erkennung von Aufmerksamkeitsproblemen und zu einer gesteigerten Zahl von Folgeuntersuchung auf ADHS, indem diagnostische Bewertungsskalen an die betroffenen Familien verteilt wurden. Dennoch seien trotz des „anfänglichen Erfolgs“, so Roberts, „weitere Maßnahmen erforderlich, um die Durchführung von ADHS-Untersuchungen in der Primärversorgung zu verbessern und sicherzustellen, dass die Kinder angemessen identifiziert und evidenzbasiert behandelt werden”. (pm)
- Die Ergebnisse wurden online im Journal of Developmental & Behavioral Pediatrics veröffentlicht:
A Quality Improvement Initiative for Detection of Attention-Deficit/Hyperactivity Disorder in an Urban, Academic Safety Net Hospital
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