
Die Gewerkschaft Verdi will nach eigenen Angaben möglichst bald Berufung gegen eine Entscheidung des Arbeitsgerichts Berlin einlegen, das einen unbefristeten Kita-Streik untersagt hat. Nur der genaue Zeitpunkt stehe noch nicht fest, sagte ein Verdi-Sprecher auf Anfrage.
Inzwischen sei die ausführliche schriftliche Begründung des Gerichts eingetroffen, mit der sich die Gewerkschaft zunächst gründlich beschäftigen müsse. Dass die Gewerkschaft in Berufung gehen werde, sei aber sicher und zwar «schnellstmöglich».
«Tatsächlich dienen die Gehaltsverbesserungen jedoch der finanziellen Aufwertung des Berufs. Warum diese Zulage als Entlastungsmaßnahme zu werten ist, begründet das Gericht nicht»
Verdi kritisierte das Urteil des Arbeitsgerichts. Es lege unter anderem dar, dass die Gehaltsverbesserungen bei den Sozial- und Erziehungsberufen im jüngsten Abschluss für den Tarifvertrag der Länder vereinbart wurden, auch eine Maßnahme zum Gesundheitsschutz beziehungsweise zur Entlastung seien. «Tatsächlich dienen die Gehaltsverbesserungen jedoch der finanziellen Aufwertung des Berufs. Warum diese Zulage als Entlastungsmaßnahme zu werten ist, begründet das Gericht nicht», so die Gewerkschaft.
Außerdem argumentiere das Gericht, dass die Absprache, in der Tarifgemeinschaft deutscher Länder keine Entlastungstarifverträge abzuschließen, es der Gewerkschaft verbiete, für dieses Ziel zu streiken. Diese Argumentation sieht die Gewerkschaft als verfassungsrechtlich problematisch an: «Denn damit könnten Arbeitgeberverbände ausschließlich durch interne Absprachen die Wahrnehmung grundgesetzlich verbriefter Rechte durch die Gewerkschaften beschränken.»
Die Urteilsbegründung steht nach Verdis Einschätzung damit in Widerspruch zur höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Az.: BAG 10.12.2022 – 1 AZR 96/02). «Dieses hatte schon vor über 20 Jahren festgestellt, dass Verpflichtungen innerhalb eines Arbeitgeberverbands für das Streikrecht der Gewerkschaften unerheblich sind», argumentierte die Gewerkschaft.
Eine Auseinandersetzung mit dieser bestehenden höchstrichterlichen Rechtsprechung finde sich in dem Urteil nicht. «Wir werden das Urteil jetzt durch das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg überprüfen lassen», kündigte die Verdi-Landebezirksleiterin von Berlin-Brandenburg, Andrea Kühnemann, an.
Ursprünglich hatte Verdi einen unbefristeten Streik in den gut 280 kommunalen Berliner Kitas ab Anfang dieser Woche geplant. Das Arbeitsgericht Berlin hatte das am Freitag untersagt und damit einem Antrag des Landes Berlin stattgegeben. Die Gewerkschaften Verdi und GEW fordern einen Tarifvertrag oder andere Vereinbarungen für bessere Arbeitsbedingungen, kleinere Kita-Gruppen und andere Entlastungen der Beschäftigten.
Das Thema hat auch für Lehrkräfte Relevanz: Die Berliner GEW hatte in den vergangenen Jahren mindestens 15-mal zu Warnstreiks in Schulen aufgerufen, um für die Beschäftigten dort einen Tarifvertrag mit festgelegten Arbeitsbedingungen (insbesondere kleineren Klassen) zu erkämpfen. Der Streit um die Frage, ob weiter gestreikt werden soll, führte zuletzt in der GEW zu Querelen. Der bisherige Landesvorsitzende der Gewerkschaft Tom Erdmann, der in dieser Frage als Hardliner gilt, kündigte daraufhin seinen Rücktritt an (News4teachers berichtete). Der Senat hat Tarifverhandlungen bisher grundsätzlich abgelehnt. Er argumentiert, Berlin sei Mitglied der Tarifgemeinschaft der Länder (TdL) und dürfe solche Entscheidungen nicht alleine treffen.
Aber: Gelingt es den Gewerkschaften, nun für Kita-Beschäftigte bessere Arbeitsbedingungen zu erstreiten, wird das die Konfliktbereitschaft in den Schulen zweifellos erhöhen – auch hier droht dann eine erneute Streikwelle. News4teachers / mit Material der dpa