Während sich jedes Jahr erneut Eltern, Reiseanbieter und Landespolitiker über den besten Startzeitpunkt der Sommerferien streiten, richten Lehrkräfte den Blick auf ganz andere Fragen: Wie wirkt sich ein früher oder später Ferienbeginn auf Lernverhalten, Gesundheit und Schulorganisation aus? Pädagogisch gesehen ist die Debatte weit mehr als eine Frage des Timings – sie entscheidet mit über Lernerfolg, Konzentration und Belastung. Sowohl die Frühstarter als auch die Spätstarter haben ihre Vorteile.
Unterricht bei 30 Grad – oder gar nicht?
Lehrkräfte warnen seit Jahren: Der Hochsommer bringt Klassenzimmer an ihre physischen und psychischen Belastungsgrenzen. „Lernen bei 30 Grad ist kaum zumutbar“, sagt die GEW. Besonders in Schulen ohne Klimatisierung – also in der Mehrzahl – steigen die Temperaturen im Juli auf gesundheitlich bedenkliche Werte. Laut dem Deutschen Wetterdienst ist der Juli statistisch gesehen der heißeste Monat des Jahres: Lange Sonnenscheindauer, aufgestaute Hitze und tropische Nächte machen konzentriertes Arbeiten kaum möglich.
Für Lehrkräfte bedeutet das: Unterrichtsausfall, verkürzte Stundenpläne, Hitzefrei. Die Belastung trifft aber nicht nur die Schüler. Auch die Unterrichtsqualität leidet massiv. Viele Kollegien berichten von „Durchhängern“ – die Motivation sinkt, Aufgaben werden nur noch oberflächlich bearbeitet. Früh startende Bundesländer umgehen dieses Problem teilweise – ihre Schüler liegen dann schon im Schatten am See.
Stoffverteilung, Prüfungen, Projekte: Die Planbarkeit zählt
Gleichzeitig bringt ein früher Ferienbeginn organisatorische Nachteile mit sich. Das zweite Schulhalbjahr ist dann deutlich kürzer, Stoffverteilung und Prüfungsvorbereitung geraten unter Druck. Besonders Abschlussklassen sind betroffen. Projektwochen, Exkursionen und Schulfeste fallen mitunter ganz weg – oder müssen hektisch vorverlegt werden. Der VBE Baden-Württemberg betont, dass späte Ferientermine mehr pädagogische Flexibilität ermöglichen. „Wir brauchen den Juni für die schulische Arbeit“, heißt es dort.
Auch das Institut für Schulentwicklungsforschung (IfS) der TU Dortmund verweist darauf, dass sich eine „gedehnte Unterrichtsphase bis in den Juli“ positiv auf Prüfungsergebnisse auswirken könne – vorausgesetzt, die Hitze ist zu ertragen.
Licht, Luft und Lernklima
Die Witterung spielt nicht nur im Unterricht eine Rolle, sondern auch im familiären Alltag und in der Erholung. Frühstarter genießen ihre Ferien meist bei langen Tagen und milden Nächten. Laut Deutschm Wetterdienst sind Ende Juni die Tage am längsten: „Bis nach 22 Uhr ist es oft noch dämmrig.“ Im August hingegen wird es deutlich früher dunkel, die Temperaturen sinken schneller.
Das hat auch pädagogische Relevanz: Wer sich in langen, hellen Nächten besser regenerieren kann, kehrt mit mehr Energie in den Schulalltag zurück. Spätstarter hingegen profitieren zum Schuljahresbeginn von milderem Wetter – im September sinken die Temperaturen, und das Lernen im Klassenraum fällt wieder leichter.
Früh in die Ferien – oder lang drauf freuen?
Lehrkräfte erleben häufig, dass Schüler*innen mit spätem Ferienbeginn im Juli zunehmend demotiviert sind – „emotional schon im Freibad“, wie es ein Lehrer aus Hessen formulierte. Krankmeldungen nehmen zu, die Aufmerksamkeit sinkt. Frühstarter hingegen profitieren oft von einem klaren Zielkorridor: „Noch vier Wochen – dann ist Sommer.“
Doch auch das Argument der „Vorfreude“ hat seine Berechtigung. Wer spät startet, kann sich länger auf die Ferien freuen – und das steigert nachweislich das subjektive Wohlbefinden, wie Psychologen bestätigen. Die Vorfreude hilft mitunter, belastende Schulphasen besser zu überstehen.
Reisepreise, Wespen und Wasserqualität
Für Lehrer*innen mit Familien haben die Ferientermine auch private Konsequenzen. Frühbucher finden eher günstige Angebote – vorausgesetzt, sie starten früh. In der Hauptreisezeit (Mitte Juli bis Mitte August) steigen die Preise massiv, berichtet der Deutsche Reiseverband (DRV). Späturlauber profitieren allenfalls im September von sinkenden Hotelkosten – allerdings auch bei abnehmender UV-Strahlung und weniger Badespaß.
Zudem: Je später im Sommer, desto höher die Wahrscheinlichkeit für Blaualgen im See, aggressive Wespen beim Picknick und Quallen an der Ostsee – das zeigen aktuelle Einschätzungen des Bayerischen Landesamtes für Umwelt und des Gesundheitsministeriums Schleswig-Holstein. Frühstarter baden meist entspannter – Spätstarter sparen dafür Geld. News4teachers / mit Material der dpa
