DÜSSELDORF. Fünf Jahre nach dem Tod der 13-jährigen Emily aus Mönchengladbach auf einer Klassenfahrt nach London erhebt ihr Vater Klage gegen das Land Nordrhein-Westfalen. Nachdem bereits zwei Lehrerinnen wegen fahrlässiger Tötung verurteilt wurden, fordert Kay Schierwagen nun 125.000 Euro Schmerzens- und Hinterbliebenengeld. Die Lehrerinnen waren als Beamtinnen im Auftrag des Landes tätig – deshalb richtet sich die zivilrechtliche Klage nun direkt gegen den Dienstherrn.
Emily litt an Typ-1-Diabetes. Seit ihrem siebten Lebensjahr konnte sie routiniert mit der Erkrankung umgehen. Doch auf einer mehrtägigen Klassenfahrt nach London im Juni 2019 verschlechterte sich ihr Gesundheitszustand dramatisch. Sie wurde ins Krankenhaus eingeliefert, erlitt zwei Herzinfarkte und starb.
Das Landgericht Mönchengladbach verurteilte im Februar 2024 zwei begleitende Lehrerinnen – damals 60 und 34 Jahre alt – wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassen zu Geldstrafen in Höhe von 23.400 Euro bzw. 7.200 Euro. Das Urteil ist seit Januar rechtskräftig. Die Lehrerinnen hatten auf der Klassenfahrt nachweislich keine schriftliche Abfrage zu gesundheitlichen Besonderheiten der rund 60 bis 70 mitreisenden Schülerinnen und Schüler durchgeführt.
Laut Gericht hätten sie bei einer solchen Abfrage erfahren müssen, dass Emily regelmäßig Insulin benötigte. Die mitreisenden Schüler hatten den Lehrerinnen gegenüber geäußert, dass es Emily zunehmend schlechter ging – ohne dass diese darauf adäquat reagierten. Ein Gutachten stellte später fest, dass bei rechtzeitiger ärztlicher Behandlung Emilys Tod vermutlich hätte verhindert werden können.
Schmerzensgeldklage gegen das Land NRW – Anwalt wirft Behörden Ignoranz vor
Nun hat Kay Schierwagen über seinen Anwalt Klage beim Landgericht Düsseldorf eingereicht. Der bestätigt gegenüber dem Spiegel, dass das Land Nordrhein-Westfalen nicht zu einer außergerichtlichen Einigung bereit gewesen sei, trotz rechtskräftiger Verurteilung der verantwortlichen Lehrerinnen. „In den vergangenen Monaten haben wir uns bemüht, mit der Schulverwaltung und der Ministerin über eine außergerichtliche Einigung ins Gespräch zu kommen“, so der Anwalt. Auch die Opferbeauftragte des Landes, Barbara Havliza, sei kontaktiert worden – erfolglos. „Sämtliche Stellen haben Herrn Schierwagen abblitzen lassen, obwohl der Sachverhalt zwischenzeitlich rechtskräftig festgestellt worden ist.“
Der Anwalt fordert im Namen seines Mandanten 125.000 Euro Schmerzensgeld und Hinterbliebenengeld. Die psychischen und physischen Folgen des Todes seiner Tochter seien bei Kay Schierwagen schwerwiegend. Ein medizinischer Sachverständiger werde belegen, dass Schierwagens Erkrankung – unter anderem schwere Depressionen, Schlafstörungen und Gedächtnisverlust – direkt auf den Tod seiner Tochter zurückzuführen sei.
„Es waren anstrengende Jahre, ein schlimmes Auf und Ab“, beschreibt Schierwagen die Zeit nach Emilys Tod. Er sei täglich von Duisburg nach Mönchengladbach an Emilys Grab gefahren. Noch heute sei sein Alltag „geprägt von Traurigkeit und oft auch Wut“ über das Verhalten der Lehrerinnen. „Wir haben den Prozess gewonnen, wir werden auch das gewinnen. Irgendwie muss es weitergehen“, erklärt er mit Blick auf das neue Verfahren. News4teachers
