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Backofen Klassenzimmer: Schulstart in der Hitzewelle (und die nächste kommt bestimmt)

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DÜSSELDORF. Während in den meisten Bundesländern noch Sommerferien sind, hat für Kinder und Jugendliche in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen der Unterricht schon wieder begonnen – und das bei Temperaturen von bis zu 40 Grad. In vielen Schulen bedeutet das: Lernen im Backofen. Der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Stefan Düll, warnt, dass die meisten Schulgebäude in Deutschland nicht ausreichend gegen Hitze geschützt sind.

Heiß hier (Symbolfoto). Foto: Shutterstock

„Gerade sanierungsbedürftige Gebäude, insbesondere aus der Nachkriegszeit, bieten wenig Hitzeschutz“, sagte Düll der Rheinischen Post. Es fehle an Dämmung, an Lüftungs-, Luftreinigungs- und Klimaanlagen, funktionierender Beschattung, Trinkbrunnen und Schattenplätzen auf dem Pausenhof. Schulen seien „nur in wenigen Fällen“ gut gegen Hitze gerüstet. Düll fordert deshalb, dass aus dem Sondervermögen für Infrastruktur auch Geld in die Schulhaussanierung fließt.

Laut KfW-Förderbank liegt der Investitionsrückstand bei Schulen mittlerweile bei einem Rekordwert von über 67 Milliarden Euro – in keinem anderen Bereich sehen die Kommunen einen größeren Nachholbedarf. Unterstützung für Dülls Vorschläge kommt aus der Politik: SPD-Bildungspolitikerin Jasmina Hostert spricht von einer Frage des Kinderschutzes und einer guten Bildungsinfrastruktur, Linken-Chef Jan van Aken fordert Vorrang für Schulen in ärmeren Stadtteilen, „damit an unseren Schulen auch im Sommer gelernt werden kann“.

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Flickenteppich statt einheitlicher Regeln

Ein verbindliches Hitzefrei lehnt Düll ab – die Belastung hänge von vielen Faktoren ab. Auch längere Sommerferien hält er nicht für sinnvoll. Einheitliche Grenzwerte gibt es bislang nicht: In Rheinland-Pfalz beispielsweise können Schulleitungen ab 27 Grad Raumtemperatur Hitzefrei geben, sind dazu aber nicht verpflichtet. Für Grundschulen und Kitas existieren oft gar keine verbindlichen Vorgaben.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) fordert deshalb eine Offensive für „hitzetaugliche Schulen“ – mit Gründächern, entsiegelten und begrünten Schulhöfen, Wärmeschutzverglasung, Sonnensegeln und einer flächendeckenden Versorgung mit kostenlosem Trinkwasser. Auch Erste-Hilfe- und Sicherheitsschulungen zum Umgang mit Hitze müssten Standard werden.

Hitze macht krank und dumm – und Schulen zu Ausnahmen im Arbeitsschutz

Wie gravierend das Problem ist, verdeutlichen Daten des Deutschen Wetterdienstes: Die Zahl der „Hitzetage“ mit mehr als 30 Grad Celsius hat sich seit den 1960er-Jahren mehr als verdoppelt. 2018 war mit 20,4 Hitzetagen Rekordjahr, 2024 brachte es auf 12,5. Ab 26 Grad Raumtemperatur sinkt die kognitive Leistungsfähigkeit messbar, ab 30 Grad steigen Fehlzeiten und Unfallrisiken.

Während für Büros klare Grenzwerte gelten – ab 26 Grad sollen, ab 30 Grad müssen Gegenmaßnahmen erfolgen – fehlen solche Vorschriften für Schulen. Das führt zu einem Flickenteppich aus lokalen Entscheidungen: Manche Schulen gewähren Hitzefrei, andere verlegen den Unterricht in den Schatten oder verkürzen die Stunden, wieder andere improvisieren mit Ventilatoren und Eiswürfeln.

Viele Schulgebäude stammen aus den 1960er- und 1970er-Jahren, sind schlecht gedämmt und technisch nicht auf die Klimakrise vorbereitet. Für den Verband Bildung und Erziehung (VBE) ist klar: Schulen müssen baulich endlich den gleichen Standards unterliegen wie andere Arbeitsstätten – inklusive verbindlicher Grenzwerte, Pflicht zur Nachrüstung und klarer Notfallpläne für Hitzewellen.

Klimawandel: Die Hitzewellen werden häufiger und extremer

Fachleute sind sich einig: Die aktuelle Hitzewelle wird nicht die letzte in diesem Sommer sein. Bildungsminister Sven Teuber (SPD) aus Rheinland-Pfalz warnt: „Schule darf nicht an Hitze scheitern.“ Er verweist darauf, dass mit Blick auf den Klimawandel extreme Temperaturen in den Sommermonaten künftig zur Regel werden könnten – und dass sich die Politik dieser Realität stellen müsse.

Mit Blick auf das vom Bund beschlossene Sondervermögen für Infrastruktur fordert Teuber, die „Frage von Hitzeresilienz der Gebäude, in denen wir Kinder und Jugendliche unterrichten wollen, in den Mittelpunkt zu rücken“. Die angekündigten Milliardeninvestitionen für den Baubereich müssten genutzt werden, um Schulen gezielt für die klimatischen Herausforderungen der kommenden Jahrzehnte zu wappnen.

„Bei 35 Grad und mehr in den Schulen ist kein vernünftiges Denken und Arbeiten mehr möglich“, betonte er. „Es wäre fahrlässig, jetzt zu bauen oder zu sanieren, ohne den Hitzeschutz fest einzuplanen.“ Denn: Die nächste „Backofen“-Temperatur kommt bestimmt. News4teachers 

GEW fordert Hitzeschutz-Offensive an Schulen: „Der Klimawandel ist längst im Klassenzimmer angekommen“

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