
Nach gut sechs Wochen Sommerferien fängt Mitte nächster Woche wieder der Unterricht für rund 2,5 Millionen Schülerinnen und Schüler in NRW an – unter ihnen 174.000 Erstklässler. Bei der traditionellen Pressekonferenz zum Schuljahresauftakt berichtete Bildungsministerin Dorothee Feller (CDU) in Düsseldorf von zahlreichen Neuigkeiten. Hier eine Auswahl.
Schüler-Feedback ohne «Lehrer-Dissen»: Ab Herbst will das Ministerium den Schulen ein Instrument für ein Schüler-Feedback anbieten. Dabei gehe es nicht um Rückmeldungen zu einzelnen Lehrkräften, unterstrich Feller. «Abfragen, die sich auf einzelne Lehrkräfte beziehen, unter dem Stichwort “Spickmich”, wird es in Nordrhein-Westfalen nicht geben.» Schüler hätten andere Möglichkeiten, zu äußern, ob eine Lehrkraft für sie angenehm sei oder nicht – etwa über ihre Vertrauens- und Klassenlehrer oder die Schulleitung.
Bei dem zentralen Schüler-Feedback gehe darum, zu erfahren, wie es den Kindern und Jugendlichen wirklich an den Schulen geht. Anhand eines Fragebogens können sie einschätzen, ob ihre Schule eine respektvolle Kommunikation pflegt und ob sich alle dort wertgeschätzt, unterstützt und ermutigt fühlen.
Alle rund 5.400 Schulleiter aus NRW sollen am 2. September zu einem digitalen Auftakt eingeladen werden. Im Herbst werde dann ein Pilotprojekt angeschoben. In jedem Fall gehörten die Daten den Schulen, stellte die Ministerin klar. Sie sollten zur Qualitätsentwicklung und nicht zur Sanktionierung genutzt werden
Gutes und korrektes Schreiben soll in den kommenden Schuljahren wieder eine Hauptrolle in den nordrhein-westfälischen Grundschulen spielen. Dazu werde ab Herbst an 100 Grundschulen das digitale Hilfsmittel «Skribi» getestet, kündigte Feller an. Es soll Kinder ab der 2. Klasse dabei unterstützen, eigene Texte zu verfassen, sich gegenseitig Feedback zu geben und die Rechtschreibung einzuüben. Der neue Schwerpunkt auf dem Weg zu stärkeren Basiskompetenzen nimmt die Handschrift der «Generation Smartphone» in den Fokus sowie «richtige Rechtschreibung von Anfang an».
Das in früheren Jahren in vielen Grundschulen – angeblich – erprobte Schreiben nach Gehör soll endgültig passé sein. «Unsere Schulen haben hier den klaren Auftrag, von Anfang an auf die richtige Rechtschreibung zu achten», betonte Feller. «Das sogenannte Schreiben nach Gehör kommt in Nordrhein-Westfalen nicht mehr zur Anwendung.» Gerade aus Fehlern könnten Kindern lernen. «Dafür ist es aber wichtig, Fehler von Anfang an auch anzustreichen.»
Hintergrund: Eine Methode «Schreiben nach Gehör» gibt es nicht; gemeint ist «Lesen durch Schreiben». Dabei ordnen Kinder den Lauten mithilfe einer Anlauttabelle die passenden Buchstaben zu. In Reinform wurde die Methode an Grundschulen, anders als kolportiert, aber laut Lehrerverbänden wie dem VBE kaum angewendet.
Ein neues digitales Angebot soll darüber hinaus auch neu zugewanderten Schülern helfen, fundiert Deutsch zu lernen. Animierte Dialoge, Arbeitsmaterialien und eine digitale Laut-Tabelle führten zunächst in das lateinische Alphabet ein, erläuterte die Ministerin. Das sei Voraussetzung, um überhaupt lernen zu können, auf Deutsch zu lesen und zu schreiben. Das Hilfsmittel unterstütze ab sofort die weiterführenden Schulen und ab dem zweiten Halbjahr auch die Grundschulen.
Zu Beginn des vergangenen Schuljahres habe eine Erhebung gezeigt, dass 30 Prozent von 50. 000 zugewanderten Schülern in der Erstförderung ab Klasse 3 noch nicht ausreichend mit dem lateinischen Alphabet vertraut gewesen seien. «Das gilt nicht nur für Grundschulkinder, sondern auch für Schülerinnen und Schüler der höheren Klassen», berichtete Feller.
Deutsch als Zweitsprache soll erstmals ein eigenständiges Lehramtsfach werden – zunächst für Haupt-, Real-, Sekundar- und Gesamtschulen und vorläufig befristet bis 2036. «Damit wollen wir die Integration in unseren Klassenzimmern weiter verbessern und mehr Expertise an unsere Schulen bringen», erläuterte Feller. Die neue Option soll nur mit stark nachgefragten Fächern – etwa Deutsch, Mathematik oder Englisch – kombiniert werden können.
Die Möglichkeiten für Seiteneinsteiger, mit nur einem Lehrfach in den Vorbereitungsdienst einsteigen zu dürfen, werden erweitert – «wenn dies den Bedarf der Schulen entspricht und alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind», erläuterte Feller. «Mit diesem erweiterten Seiteneinstieg öffnen wir neue Türen in den Lehrerberuf und gewinnen zusätzliche Lehrkräfte.» Am Ende des Vorbereitungsdienstes stehe die volle Lehrbefähigung. «Das Modell wird auch für die Anerkennung ausländischer Lernabschlüsse erleichtern.»
An den unbeliebten Abordnungen von Lehrkräften an unterversorgte Schulen will Feller festhalten. Die schwarz-grüne Landesregierung hatte 2022 angekündigt, den Einsatz dieses Instruments zu erleichtern. Mittlerweile gebe es weit über 10.000 Abordnungen, berichtete Feller. «Ich weiß, dass es viele gibt, die das kritisieren.» Als Ministerin mit Verantwortung für die Unterrichtsversorgung der Schüler im ganzen Land müsse sie aber auch solche Mittel einsetzen. News4teachers / mit Material der dpa