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Lehrerin (bei vollen Bezügen) über 15 Jahre krankgeschrieben: Heimlich gearbeitet?

DÜSSELDORF. Der Fall einer Studienrätin aus Nordrhein-Westfalen sorgt bundesweit für Schlagzeilen – und für Empörung. Seit mehr als 15 Jahren ist die Frau krankgeschrieben, bezieht aber weiterhin ihre vollen Beamtenbezüge. Vor dem Oberverwaltungsgericht Münster wehrte sie sich dagegen, sich von einem Amtsarzt untersuchen zu lassen. Vergeblich. Nun wurden Indizien bekannt, dass sie während ihrer Krankschreibung als Heilpraktikerin gearbeitet und sogar ein Startup gegründet haben soll.

Das OVG hat entschieden. Foto: Shutterstock

Wie die Rheinische Post berichtet, ist die Lehrerin am Berufskolleg im niederrheinischen Wesel beschäftigt. Sie soll ursprünglich mal im Bereich Gesundheit und Soziales unterrichtet haben – dort aber seit vielen Jahren nicht mehr in Erscheinung getreten sein. Der heutige Schulleiter hat ihren Namen angeblich noch nie gehört. Bereits wenige Jahre nach ihrem Start im Schuljahr 2003/2004 sei sie wegen psychischer Probleme dauerhaft ausgefallen – abgesichert durch ärztliche Atteste, die ihre Arbeitsunfähigkeit über anderthalb Jahrzehnte bestätigten.

Erst in diesem Frühjahr stieß die Schulaufsicht bei einer Aktenprüfung auf die Personalakte. Das Land verpflichtete die Frau, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen, um ihre Dienstfähigkeit zu überprüfen. Sie klagte dagegen. Doch sowohl das Verwaltungsgericht Düsseldorf als auch das Oberverwaltungsgericht Münster wiesen ihre Beschwerden ab.

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NRW-Schulministerin Dorothee Feller (CDU) zeigte sich überrascht, dass die Lehrerin so lange von ihrer vorgesetzten Behörde unbehelligt blieb: „Für mich stellen sich da auch viele Fragezeichen, weil ich so einen Fall auch selbst so noch nicht erlebt habe.“ Die Bezirksregierung Düsseldorf sei nun gefordert, die Angelegenheit umfassend aufzuklären. Hintergrund: In Nordrhein-Westfalen sind Schulleitungen formal nicht die Dienstvorgesetzten der Lehrkräfte; ihnen werden von den verantwortlichen Bezirksregierungen lediglich entsprechende Aufgaben übertragen.

Ebenso brisant sind allerdings die zusätzlichen Recherchen der „Rheinischen Post“: Unter dem Namen der Lehrerin finden sich Einträge auf Arzttermin-Plattformen, die eine Tätigkeit als Heilpraktikerin nahelegen. Gerüchten zufolge soll sie zudem ein medizinisches Startup gegründet haben – und dafür Fördergelder in Höhe von mehreren Tausend Euro erhalten haben, obwohl sie weiterhin ihr Gehalt als Studienrätin bezog. Ein ehemaliger Kollege erklärte gegenüber der Redaktion, man habe sich im Kollegium lange erzählt, die Lehrerin arbeite trotz Krankschreibung in einer Praxis. Offizielle Stellungnahmen von Schule oder Bezirksregierung dazu gibt es bislang nicht.

Gericht: Staat darf auch nach 15 Jahren prüfen

Juristisch ist der Fall eindeutig: Das OVG Münster entschied, dass der Staat auch nach Jahrzehnten das Recht habe, eine amtsärztliche Untersuchung anzuordnen. Das Gericht betonte sowohl die Fürsorgepflicht des Dienstherrn als auch das öffentliche Interesse, dass Beamte nicht dauerhaft ohne Dienstleistung voll alimentiert werden. Die Richter machten klar: Es gebe keine zeitliche Verwirkung. Selbst eine psychiatrische Untersuchung sei gerechtfertigt, da die vorgelegten Atteste auf psychische Erkrankungen hinwiesen. Die Lehrerin trägt nun auch die Kosten des Verfahrens – rund 2.500 Euro.

Während die Justiz eindeutig urteilt, steht die Behördenpraxis am Pranger. Das OVG bezeichnete das „jahrelange Untätigbleiben“ des Dienstherrn als „in der Tat nicht nachvollziehbar“. Fachleute sprechen von einer „Schieflage“ im Beamtenrecht. Während Angestellte nach spätestens 78 Wochen Krankengeld keine Lohnfortzahlung mehr erhalten, bekommen Beamte auch in langen Krankheitsphasen weiterhin ihre volle Besoldung.

Für den Schulalltag hat der Vorgang nach Ansicht des NRW-Lehrerverbands fatale Folgen. Präsident Andreas Bartsch erklärte: „Der Rektor der Schule kann die Stelle der krankgeschriebenen Lehrerin in der Regel nicht als volle Stelle nachbesetzen. Das heißt, dass die ausgefallene Arbeit an den Kolleginnen und Kollegen hängen bleibt.“ Er spricht von einem „Schlag ins Gesicht der Kolleginnen und Kollegen“ – und nennt das Verhalten der Lehrerin „völlig unterirdisch“. News4teachers 

OVG-Urteil: Lehrerin muss zum Amtsarzt – (erst) nach 15 Jahren Krankschreibung

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