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Neiddebatte: “Brauchen das gar nicht mehr” – Grundschulleitungs-Paar a. D. gibt Einblick in ein Leben mit 7.000 Euro Pension

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BERLIN. Während Politiker sowie Verbände das Pensionssystem für Beamte – insbesondere für Lehrkräfte – zunehmend infrage stellen, gießt die Zeit mit einem aufsehenerregenden Interview weiteres Öl ins Feuer der Neiddebatte: Ein Pensionär schildert darin unverblümt, wie er und seine Frau, beide ehemalige stellvertretende Grundschulleiter, heute über üppige Altersbezüge verfügen. Wörtlich sagt er: „Jetzt brauchen wir das gar nicht mehr.“ Schon der Spiegel hatte mit einem ähnlichen Bericht für Aufsehen gesorgt.

Beamtenruhestand – in der öffentlichen Wahrnehmung (Symbolfoto). Foto: Shutterstock

Bernd Follinger (Name geändert), 86, berichtet im Gespräch mit der Zeit, dass er und seine Frau früh in Pension gegangen seien – beide mit 62 Jahren. Die letzten Dienstjahre seien anstrengend gewesen, erzählt er, mit vielen organisatorischen Aufgaben und immer weniger Zeit für den Unterricht. Knapp 40 Jahre im Dienst hätten schließlich gereicht.

Die finanzielle Bilanz nach dem Ruhestand klingt aus seiner Sicht komfortabel: „Seit der Pensionierung haben wir schon sehr viel Geld vom Staat erhalten. Wir bekommen zu zweit Monat für Monat rund 7.000 Euro. Davon geht noch die Krankenversicherung ab, zwischen 700 und 800 Euro für uns beide, und wenige andere Abgaben.“ Er fügt hinzu, dass das Geld im Alter gar nicht mehr benötigt werde – und deshalb weitergegeben werde: „Jetzt brauchen wir das gar nicht mehr, also verteilen wir es großzügig an unsere Kinder und Enkelkinder, aber auch an soziale und gemeinnützige Einrichtungen.“

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Keine Geldsorgen – von Anfang an

Schon während des Berufslebens hätten er und seine Frau finanziell sorgenfrei gelebt, erzählt Follinger. „Wir haben ein Haus gebaut, die Kredite recht zügig abbezahlt, wir fahren einen Mercedes, aber einen kleinen.“ Anfang der 1960er Jahre seien die Gehälter mit 630 und 660 D-Mark noch bescheiden gewesen, erinnert er sich, doch eine Lehrerwohnung für 175 Mark habe vieles erleichtert. Er und seine Frau hätten früh geheiratet – auch, um nicht an verschiedene Orte versetzt zu werden. „In NRW drohte einem damals entweder ein Nest an der holländischen Grenze oder das Ruhrgebiet. Wir wollten in Ostwestfalen bleiben, wo wir aufgewachsen sind, und das klappte dann auch.“

Besonders nachdrücklich spricht der Pensionär über den Beamtenstatus. Zu seiner Zeit sei jeder Lehrer bestrebt gewesen, verbeamtet zu werden. Verständlich, sagt er rückblickend: „Alle paar Jahre eine neue Gehaltsstufe, meine Frau und ich hatten irgendwann beide A13, mehr ging nicht, früher gab es auch noch Ferien- und Weihnachtsgeld. Dann diese tolle Versorgung, falls man krank wird.“

Gleichzeitig beobachtet er, wie problematisch die Sonderstellung im heutigen Alltag wirken kann: „Heute trauen wir uns beim Arzt gar nicht zu sagen, dass wir privat versichert sind. Nur wenn sie fragen.“ Er vergleicht das mit der Schwiegertochter, die gesetzlich versichert sei und lange auf einen MRT-Termin habe warten müssen. Und doch bleibt für ihn das Fazit: Der Beamtenstatus sei unverzichtbar. „Früher sagte man: Der Beamte trägt den Staat, und das ist doch auch so. Wenn die Politik jetzt entscheiden würde, dass Lehrer nicht mehr verbeamtet werden, wollen noch weniger Leute diesen Beruf machen. Der Job ist etwas Besonderes, er muss attraktiv bleiben.“

Ganz unkritisch blickt Follinger nicht auf das System. Er räumt ein, dass angesichts der alternden Gesellschaft und der Belastungen der Sozialsysteme auch Beamte künftig „auf einen Teil ihrer Privilegien verzichten“ müssten. Es wäre gerecht, so sagt er, wenn sie in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen würden. Gleichzeitig aber sieht er die Verantwortung stärker bei den Wohlhabenden in der Gesellschaft: „Es gibt viel reichere Menschen, die mehr Steuern zahlen könnten.“ Seine beiden Enkel, die ebenfalls Lehramt studieren, werden es nach seiner Einschätzung schwerer haben als er selbst – schon allein, weil die Bedingungen sich verschärft hätten.

Das „Zeit“-Interview folgt auf einen ähnlichen Beitrag im Spiegel. Dort hatte eine pensionierte Grundschullehrerin freimütig erklärt: „Ich kann gar nicht alles ausgeben, was ich bekomme.“ (News4teachers berichtete.) Sie erhält den Angaben zufolge 2.600 Euro Pension plus 600 Euro gesetzliche Rente, insgesamt 3.200 Euro netto – „fast identisch zu dem, was ich zuletzt verdient habe“. Auch sie betonte ihre Privilegien offen: „Ehrlicherweise habe ich da nie groß drüber nachgedacht, dass ich Sicherheit haben will. Sondern immer einfach gemacht.“ Ihr Überschuss fließe inzwischen ins Depot.

Politischer Druck wächst

Beide Interviews treffen auf eine hitzig geführte Debatte, die von Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) angestoßen worden war. Sie forderte, dass auch Beamte künftig in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen sollen. VdK-Präsidentin Verena Bentele stellte dann den Beamtenstatus für Lehrkräfte insgesamt infrage. CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann knüpfte jüngst jede große Rentenreform an eine gleichzeitige Reform der Beamtenversorgung – samt Begrenzung des Beamtenstatus auf wenige Berufsgruppen, Lehrkräfte exklusive. Auch der Bund der Steuerzahler verlangte dann, Lehrkräfte künftig nicht mehr automatisch zu verbeamten. Präsident Reiner Holznagel erklärte: „Die öffentlichen Haushalte werden durch die XXL-Beamtenverhältnisse enorm belastet.“

Die Reaktionen von Lehrerverbänden fallen entsprechend scharf aus. VBE-Chef Gerhard Brand etwa sprach von einem „Angriff auf das Fürsorgeverhältnis“. Lehrkräfte müssten verbeamtet bleiben, um Unterrichtssicherheit und Qualität zu garantieren. Die Stimmen aus der Pensionisten-Perspektive – ob in der Zeit oder im Spiegel – wirken in dieser aufgeladenen Debatte allerdings wie ein Brandbeschleuniger. News4teachers 

Jetzt sägt der Bund der Steuerzahler am Beamtenstatus für Lehrkräfte herum

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