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“Pensionen verfrühstückt”: Philologenverband warnt vor Angriff auf Lehrkräfte

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MAINZ. Die Debatte um die Beamtenpensionen ist in den vergangenen Wochen eskaliert und hat sich zu einer regelrechten Kampagne gegen die Verbeamtung von Lehrkräften entwickelt. Der Philologenverband Rheinland-Pfalz reagiert empört – und verweist auf politische Versäumnisse der dortigen Landesregierung.

Pensionsfonds aufgelöst (Symbolfoto). Foto: Shutterstock

„Die Pensionen wurden in Rheinland-Pfalz von der Landesregierung verfrühstückt“, erklärt Landesvorsitzende Cornelia Schwartz. Der Pensionsfonds, mit dem Rücklagen für künftige Ruhegehälter gebildet werden sollten, sei am 15. Dezember 2017 kurzerhand aufgelöst und rund 5,65 Milliarden Euro in den Landeshaushalt eingespeist worden – trotz Protesten der Betroffenen. „Das damalige Versprechen der Landesregierung lautete: Die Pensionen zahlt ja dann der Staat aus dem laufenden Haushalt. Wie sehr man sich auf solche Versprechen verlassen kann, zeigt die aktuelle Debatte“, so Schwartz.

Hintergrund: Der Pensionsfonds wurde 1996 als innovativer Ansatz zur Altersvorsorge von Landesbeamten eingeführt, um die zukünftigen Pensionszahlungen zu sichern. Das rheinland-pfälzische Verfassungsgericht entschied allerdings, dass der Fonds teilweise gegen Landesgesetze verstößt. Daraufhin wurde die Auflösung beschlossen, „um die Finanzbeziehungen des Landes zu vereinfachen“ – wie es damals hieß. Die Pensionen werden seitdem aus dem regulären Landeshaushalt finanziert.

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Beamtenstatus als Attraktivitätsanker im Lehrkräftemangel

Besonders scharf weist die Philologen-Chefin Forderungen nach Einschränkungen der Verbeamtung zurück: „Wer angesichts steigender Schülerzahlen an weiterführenden Schulen, Lehrermangel im MINT-Bereich, aber auch anderen Fächern sowie Abwanderungstendenzen aus dem Lehrerberuf Kürzungen und Streichung von Verbeamtungen bei Lehrern fordert, verschärft das Problem und beteiligt sich am Abbau von Bildung.“

Die Verbeamtung sei nicht nur eine finanzielle Frage, sondern vor allem ein Instrument zur Sicherung der Attraktivität des Berufs. In Zeiten massiver Personalnot, so der Verband, sei es unverantwortlich, die Debatte mit pauschalen Sparparolen zu belasten.

Steuerzahlerbund und CDU setzen Lehrer unter Druck

Dennoch wird genau das derzeit getan. Präsident Reiner Holznagel vom Bund der Steuerzahler forderte erst am Wochenende, Verbeamtungen drastisch einzuschränken – Lehrerinnen und Lehrer gehörten seiner Ansicht nach nicht mehr in den Beamtenstatus (News4teachers berichtete). „Die öffentlichen Haushalte werden durch die XXL-Beamtenverhältnisse enorm belastet“, sagte er der Rheinischen Post. Privilegien wie das Pensionssystem könnten „keinem Beschäftigten in der freien Wirtschaft mehr erklärt werden, weil die finanzielle Schere immer weiter auseinandergeht“.

Holznagel schlägt damit in die gleiche Kerbe wie CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann, der beim „Tag des Handwerks“ in Paderborn angekündigt hatte, einer großen Rentenreform nur zuzustimmen, wenn zugleich die Beamtenversorgung reformiert werde. Sein Vorschlag: Verbeamtet werden sollen künftig nur noch Polizisten, Richter, Staatsanwälte, Finanzbeamte und Zoll – Lehrkräfte nicht mehr.

Beamtenbund und Lehrerverbände laufen Sturm

Die Gegenwehr der Verbände ist massiv. DBB-Chef Volker Geyer spricht von einer „gefährlichen Illusion“ und warnt vor den Folgen: „Wollen Linnemann, Holznagel und Co. Bürgern und Wirtschaft gegebenenfalls wirklich Streiks an den deutschen Schulen zumuten?“ Bildung sei eine hoheitliche Aufgabe, so Geyer. Wer den Beamtenstatus zurücknehme, spare dem Staat „nicht einen Cent“. Vielmehr drohe eine Entwicklung, die das Bildungssystem destabilisiere.

Auch der Deutsche Lehrerverband zeigt sich alarmiert. Präsident Stefan Düll nennt die Vorstöße eine „Mottenkiste des Sozialneids“. Die Verbeamtung mache den Beruf der Lehrkraft attraktiv – darum verbeamten Länder wie Berlin oder Sachsen ihre Lehrkräfte, um sie im Beruf zu halten. „Wenn etwas eine hoheitliche Aufgabe ist, dann die Demokratie- und Wertebildung unserer Kinder und die unvoreingenommene Benotung und Zuweisung von allgemein anerkannten Abschlüssen“, betont er.

Noch deutlicher wird VBE-Chef Gerhard Brand, der von einem „Angriff auf das Fürsorgeverhältnis“ spricht. In Zeiten akuten Lehrkräftemangels sei es eine „Frechheit“, mit solchen Forderungen die Attraktivität des Berufs weiter zu gefährden. „Eine solche Forderung kann langfristig Schaden anrichten“, warnt er.

Pensionslasten als Treiber – politisches Versagen?

Tatsächlich steigen die Kosten für Beamtenpensionen seit Jahren: 2024 lagen die Ausgaben von Bund, Ländern und Kommunen bereits bei 91 Milliarden Euro – doppelt so viel wie 2007. Langfristige Verpflichtungen summieren sich auf fast eine Billion Euro.

Für den Philologenverband ist allerdings klar: Nicht die Beamten sind das Problem, sondern die Politik. „Ein verbeamteter Lehrer im aktiven Dienst ist für den Staat erst einmal deutlich günstiger als ein vergleichbarer Tarifbeschäftigter – allein schon wegen der geringeren Lohnnebenkosten“, erklärt Schwartz. „Wer hier von Privilegien redet, betreibt Augenwischerei – und schadet am Ende den Schulen.“ News4teachers 

“Angriff auf das Fürsorgeverhältnis” – schon wieder: Jetzt sollen Lehrkräfte keine Beamten mehr sein

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