MÜNCHEN. Immer mehr Erwachsene sehen Social Media kritisch – und nun auch Jugendliche selbst: Das neue ifo-Bildungsbarometer 2025 zeigt, dass fast die Hälfte der 14- bis 17-Jährigen eine Altersgrenze ab 16 Jahren für soziale Netzwerke befürwortet. Auch beim Thema Handyverbot an Schulen und beim Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Unterricht liefert die Umfrage bemerkenswerte Ergebnisse.
„Das ifo Bildungsbarometer wartet mit einem überraschenden Ergebnis auf. Dass Erwachsene die jüngere Generation vor den negativen Auswirkungen von Social Media beschützen wollen, ist längst klar. Aber dass sich fast die Hälfte der betroffenen Jugendlichen im Alter von 14 bis 17 Jahren für eine Begrenzung des Zugangs zu Social Media ab 16 Jahren ausspricht, setzt ein deutliches Zeichen“, kommentiert der Bundesvorsitzende des Verbands Bildung und Erziehung (VBE), Gerhard Brand.
Das ifo-Bildungsbarometer, eine jährliche repräsentative Umfrage des Münchner ifo-Instituts (Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München), beleuchtet seit Jahren aktuelle bildungspolitische Fragen – in der diesjährigen Ausgabe steht der Umgang mit sozialen Medien im Mittelpunkt. Damit rückt ein Thema in den Fokus, das Eltern, Lehrkräfte und Politik gleichermaßen beschäftigt: Wie soll mit der Nutzung von Social Media im Alltag von Kindern und Jugendlichen umgegangen werden?
Social Media: Hohe Nutzung – und trotzdem Zweifel
Laut dem ifo Bildungsbarometer 2025, für das knapp 3.000 Erwachsene und mehr als 1.000 Jugendliche befragt wurden, sind soziale Medien allgegenwärtig: 90 Prozent der Erwachsenen und 96 Prozent der Jugendlichen nutzen sie täglich privat. 58 Prozent der Erwachsenen und 78 Prozent der Jugendlichen verbringen werktags mehr als eine Stunde auf Plattformen wie Instagram, TikTok oder Snapchat – am Wochenende noch mehr.
Doch trotz der hohen Nutzungszahlen zieht ein Großteil der Erwachsenen ein ernüchterndes Fazit: 47 Prozent würden lieber in einer Welt ohne Social Media leben. Bei Jugendlichen fällt das Urteil ganz anders aus – zwei Drittel (68 Prozent) geben an, dass sie sich ein Leben ohne soziale Netzwerke nicht vorstellen wollen.
Erstaunlich ist, dass beide Generationen die Risiken von Social Media klar benennen. 77 Prozent der Erwachsenen und 61 Prozent der Jugendlichen sehen negative Auswirkungen auf die psychische Gesundheit, bei der körperlichen Gesundheit sind es 73 beziehungsweise 66 Prozent. Auch die schulischen Leistungen und die Aufmerksamkeitsspanne werden mehrheitlich als beeinträchtigt wahrgenommen. Positiv bewertet werden soziale Medien lediglich bei der Informationsbeschaffung.
Mehrheit für Altersgrenze und Handyverbote in Schulen
Die Konsequenzen aus diesen Sorgen sind deutlich: 85 Prozent der Erwachsenen befürworten eine Altersgrenze von 16 Jahren für Social-Media-Accounts. Überraschend ist, dass selbst 47 Prozent der Jugendlichen dafür sind – mehr als diejenigen, die sich dagegen aussprechen (42 Prozent).
Ähnliche Unterstützung finden Handyverbote an Schulen. So sprechen sich 59 Prozent der Erwachsenen für ein Handyverbot in Pausen an Grundschulen aus, 64 Prozent für ein Verbot im Unterricht. Unter Jugendlichen finden diese Regelungen immerhin 50 beziehungsweise 57 Prozent Zustimmung. An weiterführenden Schulen ist die Haltung geteilt: Während Verbote im Unterricht mehrheitlich befürwortet werden, sind die Meinungen bei Pausenzeiten gespalten.
Neben Social Media spielt auch die Künstliche Intelligenz (KI) eine immer größere Rolle im Alltag von Jugendlichen. 82 Prozent von ihnen nutzen KI bereits für schulische oder berufliche Zwecke – bei den Erwachsenen sind es 50 Prozent. Folgerichtig wünschen sich zwei Drittel der Jugendlichen (66 Prozent), dass KI auch im Unterricht thematisiert wird.
„Die Schülerinnen und Schüler wachsen in einer Welt auf, in der ganz selbstverständlich KI genutzt wird. Besser, sie verstehen, wie sie das für sich nutzen können, als dass sie es allein ausprobieren und auf Irrwege geraten“, so VBE-Chef Brand. KI sei vergleichbar mit dem Taschenrechner vor 30 Jahren oder digitalen Endgeräten vor zehn Jahren – nicht mehr wegzudenken.
„Lehrkräfte sind keine Handy-Polizei“
Angesichts der breiten Zustimmung für Handyverbote betont der VBE-Vorsitzende allerdings die Realität des Schulalltags: „Teilweise müssen Smartphones in der Tasche bleiben, teilweise werden sie eingesammelt. Klar ist aber auch: Aus Gründen der Erreichbarkeit haben viele Kinder und Jugendliche eins dabei. Das sind Realitäten, denen wir uns stellen müssen. Auch wenn es sinnvoll sein kann, die Nutzung zu beschränken, muss die Umsetzbarkeit der Regeln gewährleistet bleiben. Am Ende gilt: Lehrkräfte sind keine Handy-Polizei! Es ist unsere Aufgabe, zu bilden und zu erziehen. Für ein effektives Handyverbot brauchen wir die Rückendeckung aus dem Elternhaus.“
Das ifo-Bildungsbarometer 2025 macht damit deutlich: Jugendliche wollen Social Media nutzen – aber nicht um jeden Preis. Sie fordern Regeln und Aufklärung, gerade auch durch die Schule. News4teachers
Hier geht es zum vollständigen ifo-Bildungsbarometer.
