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Schulwege: Verunsicherte Eltern, wachsende Aggressionen gegen Radfahrer (“motorisierte Gewalt”)

BERLIN. Ein Fünftel der Eltern in Deutschland hält den Schulweg ihrer Kinder für unsicher. Besonders groß sind die Sorgen bei jüngeren Eltern unter 40 Jahren sowie in Großstädten mit mehr als 500.000 Einwohnern – hier stuft sogar ein Viertel der Befragten den Schulweg als gefährlich ein. Dies sind Ergebnisse einer neuen repräsentativen forsa-Umfrage. Dazu passt ein Alarmruf des ADFC: Fahrradfahrer hätten einen zunehmend schweren Stand auf den Straßen.

“Erfundene Verkehrsregeln.” (Symbolbild.) Foto: Shutterstock

Das Deutsche Kinderhilfswerk, der ökologische Verkehrsclub VCD und der Verband Bildung und Erziehung (VBE) nehmen die Zahlen sehr ernst. Sie verweisen auf eine weitere aktuelle Beobachtung: Fast ein Drittel der Eltern hat im Laufe eines Schuljahres mindestens eine riskante Situation vor dem Schultor erlebt – in Metropolen sind es sogar 39 Prozent. Besonders häufig entstehen solche Situationen, wenn Eltern ihre Kinder mit dem Auto bringen und dabei durch Halten oder Wendemanöver den Verkehr zusätzlich gefährden.

Die Sorge der Eltern deckt sich mit den Erfahrungen der Kinder selbst: Eine Befragung im vergangenen Jahr hatte gezeigt, dass sich ein Fünftel der Schülerinnen und Schüler auf dem Weg zur Schule unsicher fühlt. Die Folge: Ausgerechnet die Angst vor Gefahren führt dazu, dass noch mehr Eltern den vermeintlich sicheren Transport im Auto wählen – und damit die Gefahrensituationen weiter verstärken. „Ziel muss es sein, diese Entwicklung aufzuhalten, den Kindern mehr zuzutrauen und durch Infrastrukturmaßnahmen die Schulwegsicherheit zu erhöhen“, so die Verbände.

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“Jedes Kind hat das Recht, sicher zur Schule zu kommen. Deshalb müssen die Kindesinteressen bei der Wegeplanung wesentlich stärker berücksichtigt werden”

Parallel dazu schlägt auch der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) Alarm: Auf den Straßen nehme die Aggressivität von Autofahrern gegenüber Radfahrern spürbar zu, berichtet der hessische Landesvorsitzende Ansgar Hegerfeld. „Wir bekommen viele und auch zunehmend Beschwerden wegen verbaler und körperlicher Übergriffe durch Autofahrerinnen und Autofahrer.“ Oft gehe es dabei um frei erfundene Verkehrsregeln, die mit Gewalt durchgesetzt würden.

Besonders besorgniserregend sei, dass Straftaten – obwohl sie immer häufiger durch Kameras dokumentiert werden – in aller Regel nicht verfolgt würden, weil laut Staatsanwaltschaft „kein öffentliches Interesse“ an der Strafverfolgung bestehe. Der ADFC spricht inzwischen von „motorisierter Gewalt“ als Sammelbegriff für Angriffe, bei denen Autos gezielt eingesetzt würden – etwa zum Ausbremsen, Abdrängen, Rammen oder absichtlichen engen Überholen von Radfahrenden.

Die Forderungen der Verbände sind eindeutig: „Jedes Kind hat das Recht, sicher zur Schule zu kommen. Deshalb müssen die Kindesinteressen bei der Wegeplanung wesentlich stärker berücksichtigt werden. Und zwar gemeinsam mit den Kindern und Jugendlichen: Die Beteiligung von Schülerinnen und Schülern in Stadt- und Verkehrsplanungen muss in jeder Kommune verpflichtend erfolgen“, betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerks.

Auch Kerstin Haarmann, Bundesvorsitzende des VCD, fordert Konsequenzen: „Tempo 30, sichere Querungen, Radwege und Halteverbote müssen überall Standard werden – ohne Ausnahmen. Vor allem brauchen wir Schulstraßen: autofreie Bereiche direkt vor Schulen, die Kindern Sicherheit geben und Unfälle verhindern.“ Gerhard Brand, Bundesvorsitzender des VBE, mahnt: „Dass ein Fünftel der Eltern den Schulweg als unsicher ansieht, muss ein Warnzeichen an die Kommunen sein. Durch kluge Begrenzung des Verkehrs kann der Schulweg sicherer gestaltet werden.“

Die Richtung ist für die Initiatoren klar: Tempo 30, sichere Querungsstellen, Radwege, autofreie Zonen und die konsequente Durchsetzung bestehender Regeln sind kein Luxus, sondern überfällige Maßnahmen, um die Sicherheit von Kindern – und auch von Radfahrenden insgesamt – endlich ernsthaft zu gewährleisten. News4teachers / mit Material der dpa

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