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Auch Schülerinnen werden Opfer: Bundestagspräsidentin Klöckner will Verbot von Prostitution

BERLIN. Sie geben sich charmant, großzügig, liebevoll – und zerstören Leben: sogenannte Loverboys. Sie ködern junge Mädchen, oft Schülerinnen, mit Komplimenten und Versprechen einer großen Liebe – um sie dann in die Prostitution zu zwingen. Was lange als Randphänomen galt, betrifft nach Erkenntnissen von Polizei und Sozialorganisationen zunehmend Minderjährige. Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) hat nun das Thema Prostitution mit scharfen Worten auf die politische Bühne gehoben.

“Puff Europas.” (Symbolfoto.) Foto: Shutterstock

Die „Loverboy“-Methode ist so perfide wie effektiv: Junge Männer suchen gezielt Kontakt zu Mädchen in schwierigen Lebensphasen – etwa bei familiären Problemen, nach einem Umzug oder in der Pubertät. Sie schenken Aufmerksamkeit, machen Geschenke, bauen Vertrauen auf – und isolieren die Jugendlichen schließlich von Familie und Freunden. Dann folgt der emotionale Druck: Der Freund habe Geldsorgen, das Mädchen könne „nur kurz helfen“ – indem sie sich prostituiere.

Laut Bundeskriminalamt wurden 2022 in Deutschland 185 minderjährige Opfer von sexueller Ausbeutung festgestellt, 24 davon waren jünger als 14 Jahre. Die Dunkelziffer liegt Experten zufolge weit höher. Viele Betroffene trauen sich aus Scham nicht, über ihre Erlebnisse zu sprechen.

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Klöckner: „Deutschland ist der Puff Europas“

Die Dimension des Problems kommt nicht von ungefähr. Es gibt in Deutschland einen riesigen Markt für sexuelle Ausbeutung. Und den prangerte Bundestagspräsidentin Julia Klöckner nun an. In einer Laudatio bei der Verleihung des Heldinnen-Awards in Berlin, bei der die Streetworkerinnen Sabine Constabel und Cathrin Schauer-Kelpin ausgezeichnet wurden, die sich seit Jahren gegen Zwangsprostitution und sexuelle Ausbeutung engagieren, fand sie klare Worte: „Ich bin fest der Überzeugung: Wir müssen die Prostitution und den Sexkauf hierzulande endlich auch verbieten.“

Deutschland sei, so Klöckner, „der Puff Europas“. Weder das Prostitutionsgesetz noch das Prostituiertenschutzgesetz schützten Frauen wirklich. Stattdessen blieben „gewaltige Übergriffe, die Übermacht von Männern und Unfreiwilligkeit“ bestehen. Die CDU-Politikerin plädiert für das „nordische Modell“, das in Schweden und Norwegen praktiziert wird: Der Sexkauf ist strafbar, der Verkauf von Sex nicht – Prostituierte erhalten stattdessen Unterstützung beim Ausstieg.

Wenn Schülerinnen in die Falle geraten

Wie aktuell und brisant das Thema ist, zeigt ein Bericht des NDR: In Hamburg werden Mädchen zwischen 12 und 21 Jahren von sogenannten Loverboys gezielt angesprochen – in Clubs, auf der Straße, aber zunehmend auch über soziale Netzwerke. Viele der Betroffenen führen nach außen ein scheinbar normales Leben, gehen weiter zur Schule oder in die Ausbildung – während sie im Internet bereits anonym auf Sexplattformen angeboten werden, oft ohne ihr Wissen. Das Hamburger Sozialprojekt „FairLove“, das von der Diakonie Hamburg getragen wird, bietet Beratung und Prävention an. Sozialarbeiterin Alina P. sagt: „Das Problem ist der Sexismus in der Gesellschaft – und dass Männer glauben, sie könnten sich Sex kaufen und damit über Frauen bestimmen.“

Landespastorin Annika Woydack fordert deshalb, Täterstrukturen stärker in den Fokus zu rücken und warnt vor einer zunehmenden Frauenfeindlichkeit.

Schulen im Zentrum der Prävention

Gerade Schulen spielen eine Schlüsselrolle, wenn es darum geht, Mädchen durch Aufklärung zu schützen – da sind sich Fachleute einig. Doch bislang passiert vielerorts zu wenig. Die SPD in Baden-Württemberg fordert, die Loverboy-Methode verbindlich in die Bildungspläne aufzunehmen. Der Landtagsabgeordnete Daniel Born betont: „Die Loverboy-Gefahr ist auch deshalb so groß, weil sie schlichtweg ignoriert wird.“

Auch die Frauenrechtsorganisation Terre des Femmes (TdF) mahnt an, dass Lehrkräfte und Schulsozialarbeiter sensibilisiert werden müssen. „Man kann als Klassenkamerad oder Lehrer wichtige Symptome erkennen – wenn man die Strategien der Täter kennt“, sagt Gesa Birkmann von TdF. Bislang sei das Interesse von Schulen allerdings gering: Ein Webinar zu dem Thema sei in diesem Jahr „nur von einer Handvoll Schulen“ angefragt worden. Nordrhein-Westfalen zeigt, dass es anders geht: Dort sind Schulen seit 2022 verpflichtet, Schutzkonzepte gegen sexuelle Gewalt zu entwickeln – inklusive Aufklärung über Loverboys.

Terre des Femmes fordert, präventive Bildungsarbeit fest in den Schulalltag zu integrieren. Projekte wie FairLove in Hamburg bieten Hilfe für Betroffene, aber auch Workshops und Schulungen an – auch für Lehrkräfte, die Verdachtsfälle erkennen wollen. Beispiele zeigen: Aufklärung rettet. Denn wer weiß, wie Loverboys vorgehen, kann Anzeichen früh erkennen – etwa wenn Schülerinnen sich plötzlich zurückziehen, den Kontakt zu Freundinnen meiden oder mit auffallend teuren Geschenken in die Schule kommen. News4teachers / mit Material der dpa

Liebesfalle Loverboy: Schon 14-Jährige werden Opfer – Aufklärung an Schulen gefordert

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