SCHWERIN. Seit 2010 werden in Mecklenburg-Vorpommern keine Erstklässler mehr an Förderschulen eingeschult. Noch immer bleibe den Grundschulen aber die dazu notwendige Unterstützung versagt, kritisiert die Bildungsexpertin der Linken Simone Oldenburg.
Oldenburg hat Bildungsminister Mathias Brodkorb (SPD) Stümperei bei der Integration von Förderkindern in die regulären Grundschulklassen vorgeworfen. «Das Ministerium weiß nicht, was aus diesen Kindern nach den ersten beiden Schuljahren geworden ist», sagte Oldenburg unter Berufung auf die Antwort des Bildungsministeriums auf eine Kleine Anfrage ihrer Fraktion.
Seit 2010 werden in Mecklenburg-Vorpommern keine ABC-Schützen mit Förderbedarf beim Lernen mehr in Förderschulen eingeschult. Sie beginnen ihre Schullaufbahn in regulären Grundschulklassen oder in speziellen sogenannten Diagnoseförderklassen.
«Keiner weiß, ob die Förderkinder in den regulären Grundschulklassen von dem neuen System profitiert haben oder ob es ihnen geschadet hat. Ob sie sitzengeblieben sind oder vielleicht nach der zweiten Klasse auf die Förderschule wechseln müssen», kritisierte Oldenburg. Sie finde das «ganz, ganz schlimm». Oldenburg: «Das sind vergessene Kinder.» Das Ministerium scheue offenbar die Mühe, bei den Staatlichen Schulämtern nachzufragen.
Seit dem Einschulungsstopp für Erst- und Zweitklässler an den Förderschulen hat es viel Kritik an der Umsetzung des neuen Systems gegeben. Lehrer fühlten sich überfordert mit den noch größer gewordenen Leistungsunterschieden in den Klassen und nicht vorbereitet auf die besonderen Anforderungen stark lernschwacher Kinder. An den Grundschulen fehlten immer noch die erforderlichen Unterstützungssysteme, kritisierte Oldenburg.
Der Landtagsabgeordneten zufolge funktioniert die Integration der Kinder mit Förderbedarf beim Lernen längst nicht überall gut. «An der Förderschule in Gadebusch wird im nächsten Schuljahr eine dritte Klasse aufgemacht, sie haben dort 14 Anmeldungen», berichtete sie.
Die Integration der Förderkinder war gestartet worden, weil Studien besagen, dass sie vom gemeinsamen Unterricht mit Leistungsstärkeren profitieren. Mecklenburg-Vorpommern hat bislang bundesweit den mit Abstand höchsten Anteil von Schulabgängern ohne Berufsreife. Die meisten von ihnen haben Förderschulen absolviert. Der Abschluss, den sie dort erwerben, ist nicht als Berufsreife (Hauptschulabschluss) anerkannt. (dpa)
(22.06.2013)
zum Bericht: GEW: Inklusion in vielen Ländern nur Etikettenschwindel