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Precht mischt die Politik auf – und beleidigt Wanka

MÜNCHEN. Der Philosophie-Professor und Bestseller-Autor Richard David Precht mischt die Bildungspolitik auf. In einem Interview mit dem Nachrichtensender N24 kündigte er die Gründung eines Dachverbandes an, in dem sich reformpädagogische Initiativen zusammenschließen sollen. Außerdem griff er Bundesbildungsministerin Wanka (CDU) frontal an. „Sie hat in ihrer Sozialisation in der DDR und in der Bundesrepublik gelernt, dass es dann am besten für sie selbst ist, wenn sie sich den jeweiligen Herrschaftsverhältnissen möglichst kritiklos anpasst“, sagte Precht. „Von so jemandem ist natürlich nichts zu erwarten.“

“Von so jemandem nichts anderes zu erwarten”: Precht schießt gegen Johanna Wanka. Foto: Dontworry / Wikimedia Commons (CC BY-SA 3.0)

Precht wird am Mittwoch auf einer Kundgebung in München sprechen, die sich gegen die Schulpolitik der CSU richtet (17 Uhr, Odeonsplatz). „Die unhaltbaren Zustände an bayerischen Schulen sind der Grund für diese Veranstaltung“, teilen die Initiatoren (darunter die GEW und der BLLV) mit und zählen auf, was für sie dazu gehört: „der ständige Zeit- und Notendruck in allen Schularten, der Stress mit dem Übertritt, der Druck durch das G8, unglückliche Kinder, überforderte Lehrer, verärgerte Eltern …“ Precht will sich offenbar zum Zugpferd der Kampagne machen. „Das Wichtigste ist, dass alle Menschen, die die Schule verbessern wollen, sich zusammenschließen, damit eine konzertierte Bewegung entsteht“, sagte er im Interview mit N24. Auf die Frage, ob es dazu konkrete Pläne gebe, antwortete Precht: „Da ist einiges im Gange. Was als nächstes ansteht, ist, dass sich die Initiativen unter einem Dachverband organisieren.“

Der Bestseller-Autor, dessen Buch „Anna, die Schule und der liebe Gott – der Verrat des Bildungssystems an unseren Kindern“ aktuell noch auf Platz neun der „Spiegel“-Bestsellerliste geführt wird, sorgt mit seiner Forderung nach einem revolutionären Umbau der deutschen Schullandschaft für Diskussionen. Bundesbildungsministerin Johanna Wanka, die etwa der von Precht geforderten Abschaffung von Noten eine Absage erteilt hatte, bekommt nun von dem „Sofakritiker“ (Hamburgs Schulsenator Ties Rabe, SPD) eine volle Breitseite: „Die Bildungsministerin hat im Hinblick auf die Schulen sowieso keine Befugnisse. Im Falle von Frau Wanka ist das auch sehr gut so.“ Sie sei nicht die geeignete Persönlichkeit, die jetzt in der Schulpolitik benötigt werde. „Andererseits kann Frau Wanka auch nicht viel Schaden anrichten.“

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Der 48-Jährige gibt sich im Interview sicher, dass es in absehbarer Zeit zu gravierenden Änderungen in der deutschen Schullandschaft kommen wird. Precht: „Es geht nicht um die Frage, ob es in Deutschland eine Bildungsrevolution geben wird oder nicht. Natürlich kommt die, unsere Gesellschaft entwickelt sich rasant weiter und die Schulen werden sich dem stellen müssen. Unser Bildungssystem ist mit Hinblick auf das, was wir über Lernen und Kinder wissen und im Hinblick auf die Bedürfnisse unserer Ökonomie und unserer zukünftigen Gesellschaft so veraltet, dass völlig klar ist, dass es eine Revolution geben wird. Es geht nun vor allem darum, wie diese Revolution ausfällt.“

Ohne Provokation kommt Precht, der unlängst viele Lehrer als „Leute, denen nichts anderes einfällt“ charakterisiert hatte, auch in diesem Interview nicht aus. Diesmal nimmt er die naturwissenschaftliche Grundbildung in der Schule aufs Korn. „Ich kritisiere aber nicht, dass die Naturwissenschaften eine große Bedeutung haben, sondern, dass die Menschen glauben, diese naturwissenschaftliche Grundbildung müsste jeder haben. Ich bin natürlich dafür, dass bestimmte Mathe-Standards in der Schule eingehalten werden und bis zum 10. Schuljahr von jedem bewältigt werden müssen. Aber ich bin nicht dafür, dass wir die Schulen naturwissenschaftlich grundaufrüsten. Das wäre verkehrt, weil man denjenigen, die darin keine Begabung haben, die Schule gänzlich verübelt. Das kann nicht in unserem Interesse und auch nicht in dem der Wirtschaft sein“, sagt er mit Blick auf die zahlreichen Bildungsinitiativen für die sogenannten MINT-Fächer.

Precht spricht sich für eine „Individualisierung“ der Naturwissenschaften aus. Der Philosophie-Professor: „Mathe kann man zum Beispiel besser am Computer lernen als im Klassenzimmer. So kann jeder in seinem eigenen Lerntempo fortschreiten.“ News4teachers

 

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