BAD PYRMONT. Ein Streit in einer Jugendherberge, ein einkassiertes Handy, ein Angriff: Während einer Klassenfahrt soll ein niedersächsischer Lehrer gewürgt worden sein. Der 14-jährige Täter soll zuvor gedroht haben, den Pädagogen umzubringen. Der Philologenverband wiegelt ab: ein Einzelfall, heißt es. Wirklich? Erst im Juni hatte die GEW gewarnt, Diskriminierung und Gewalt von Schülern gegenüber ihren Lehrern nähmen zu.
Ein 14 Jahre alter Gymnasiast soll bei einer Klassenfahrt seinen Lehrer mit einem Schnürsenkel gewürgt haben. Nun ermittelt die Polizei gegen ihn. Der Lehrer sei bei dem Vorfall erheblich verletzt worden, teilte die Polizei in Hameln mit. Gegen den Jungen aus Bad Pyrmont wird wegen versuchten Totschlags ermittelt. Die Tat ereignete sich nach Informationen der «Deister- und Weserzeitung» in der vergangenen Woche während einer Klassenfahrt in Goslar. Die Polizei hatte darüber zunächst nicht berichtet.
Der Attacke des Bad Pyrmonter Schülers war nach Angaben der Polizei eine verbale Auseinandersetzung vorausgegangen. Der 33 Jahre alte Lehrer habe dem Schüler dabei ein Handy abgenommen, sagte der Sprecher. Der 14-Jährige habe daraufhin vor Zeugen gedroht, er werde den Lehrer umbringen. Der Schüler habe dem Pädagogen dann im Treppenhaus der Goslarer Jugendherberge aufgelauert, ihn von hinten angegriffen, den Schnürsenkel um den Hals gelegt und zugezogen, sagte der Polizeisprecher. Der Lehrer konnte sich demnach nur mit Hilfe anderer Schüler befreien. Er erlitt Würgemale am Hals und einen Sehnenabriss am Finger. Der Mann sei inzwischen wieder dienstfähig, sagte eine Sprecherin der Landesschulbehörde in Lüneburg. Ob der Schüler auf dem Gymnasium bleiben könne, sei Sache der Disziplinarkonferenz der Schule.
Der niedersächsische Philologenverband sprach von einem »absoluten Einzelfall». Ihr sei kein vergleichbarer tätlicher Übergriff eines Schülers auf einen Lehrer bekannt, sagte Vorstandsmitglied Helga Olejnik. Es komme allerdings häufiger zu Mobbing gegen Lehrer im Internet. Vergleichbare Vorfälle gebe es in Niedersachsen äußerst selten, sagte auch eine Sprecherin der Landeschulbehörde. «Das ist zum Glück die Ausnahme.»
Ende Mai hatte allerdings ein Grundschüler im Harz eine Lehrerin angegriffen und verletzt. Im Juni verlor ein 14 Jahre alter Schüler im mecklenburgischen Ludwigslust die Beherrschung und trat eine Lehrerin zu Boden – ausgerechnet während einer Streitschlichtung. Die GEW warnte daraufhin vor zunehmender Diskriminierung und Gewalt von Schülern gegenüber ihren Lehrern. «Wir sehen eine Zunahme von Fällen, von Beschimpfungen und Mobbing im Internet bis hin zu tätlichen Übergriffen», sagte der Brandenburger Landesvorsitzende Günther Fuchs. «Wir beobachten, dass die Hemmschwelle sinkt, Verunglimpfungen von Lehrern nehmen besorgniserregend zu.» Häufig akzeptierten es Schüler auch nicht, wenn Lehrer sich in Auseinandersetzungen einschalteten und die Streithähne trennten. Allerdings seien tätliche Angriffe weiter die Ausnahme. News4teachers / mit Material der dpa
Zum Bericht: GEW: Gewalt gegen Lehrer nimmt zu – von Beleidigungen bis hin zu Schlägen
