Zum aktuellen Bericht: Sonnenfinsternis – Lehrer freuten sich vielerorts über Wolken und Nebel
DÜSSELDORF. Das Dilemma für viele Lehrer und Schulleiter ist groß: Sie haben die Verantwortung für ihre Schüler, wenn sich der Mond vor die Sonne schiebt – und doch, das Himmelsspektakel lockt. Schulbehörden warnen bundesweit vor den Gefahren. „Auch bei einer nur partiellen Sonnenfinsternis muss darauf geachtet werden, dass niemand mit ungeschütztem Auge die Sonnenfinsternis betrachtet“, so heißt es beispielsweise laut „Hamburger Morgenpost“ in einem Schreiben der Schulbehörde der Hansestadt. Unterdessen wird Kritik an den – zu späten? – Warnungen laut.
Heute Vormittag schiebt sich der Mond zum Teil vor die Sonne. Von Deutschland aus gesehen werden gut 80 Prozent der Sonne zwischen 9.30 und 11.50 Uhr verdeckt sein. Das Maximum wird gegen 10:40 Uhr erreicht. „Auch beim Betrachten einer ‚nur‘ partiellen Sonnenfinsternis kann die Netzhaut geschädigt werden, so dass das Sehvermögen dauerhaft eingeschränkt ist oder möglicherweise vollständig verloren geht. Deshalb sollte unbedingt auf einen ausreichenden Schutz der Augen geachtet werden“, so heißt es auf der Seite des Schulministeriums Nordrhein-Westfalen. Und weiter: „Auch die direkte Beobachtung mit Fernrohren und Teleskopen ohne geeignete Filteraufsätze oder Folien ist hochgefährlich und kann zu dauerhaft schweren Augenschädigungen (Netzhautschäden) führen. Normale Sonnenbrillen sind für eine Beobachtung der Sonnenfinsternis nicht geeignet; das Gleiche gilt für selbst gebastelte ‚Schutzmittel‘ (rußgeschwärzte Gläser, schwarze Filmstreifen).“
Das NRW-Schulministerium empfiehlt: „Im Rahmen des Unterrichts ist daher die Betrachtung dieses Naturschauspiels durch eine Projektion auf einem Schirm eine gute Möglichkeit.“ Folgende Punkte seien dabei aber zu beachten: Für einen Augenlichtschutz kämen nur spezielle, für die Sonnenbeobachtung geeignete intakte Schutzbrillen in Betracht, die gemäß den gültigen EU-Normen zertifiziert seien und die CE-Kennzeichnung trügen. Bei Benutzung eines Fernglases oder vergleichbaren Hilfsmitteln garantierten auch Folienfilterbrillen keinen ausreichenden Schutz. Fernrohre und Teleskope seien ebenfalls nur mit geeigneten Filteraufsätzen zu benutzen, die von einer sachkundigen Person vor Ort vor der Optik des entsprechenden Gerätes angebracht würden. Die Lehrkräfte hätten „aktiv Aufsicht“ zu führen, sie gäben „den Schülerinnen und Schülern Hinweise zur Benutzung des Sichtschutzes und informieren über die Gefahren“.
Der Physiker Thomas Baader, Folienhersteller zur Sonnenbeobachtung, kritisierte in der “Süddeutschen Zeitung” die Behörden aufgrund der offenbar zu spät erfolgten Warnhinweise. „Es rufen hier in Scharen verzweifelte Eltern und Lehrer an, die von ihren Schulämtern instruiert wurden, dass eine Sonnenfinsternis drohe. Schüler, die keine Brille haben, müssen im Klassenzimmer bleiben, um eine Gefährdungssituation zu vermeiden. Diese Direktive kam aber erst letzten Freitag – deshalb ist der Run auf diese Brillen auch so urplötzlich entstanden“, erklärte er. „Die Lehrer wissen gar nicht, wie sie ihrer Aufsichtspflicht nachkommen sollen, wenn sie die Schüler während der Pause in der Klasse halten sollen. Unfassbar, in welche Panik die Schulämter ganz Deutschland damit gestürzt haben.“
Manche Schulen haben im Vorfeld „SoFi-Brillen“ für alle Schüler organisiert und veranstalten ein Event aus dem Himmelsspektakel. Die Brillen sind mittlerweile komplett im Land ausverkauft, und so wissen sich viele nicht anders zu helfen, als die Schüler während der Sonnenfinsternis in den Klassen zu lassen. Das bedauert Dr. Susanne Hüttemeister vom Bochumer Planetarium sehr: „Das wäre doch eine wunderbare Möglichkeit, den Kindern den Verlauf der Himmelskörper zu erklären“, sagt sie.
Das Argument, dass es keine SoFi-Brillen mehr zu kaufen gibt, lässt sie nicht gelten. Es gebe viele einfache Möglichkeiten, um sich die Sonnenfinsternis trotzdem anzuschauen – preiswert und ohne Risiko für das Augenlicht. „Mit einem kleinen Taschenspiegel könnte man die Sonnenfinsternis in einen ganzen Klassenraum projizieren. Eine Lochkamera ist ebenfalls bestens geeignet und schnell gebastelt.“
Daniel Fischer, Astronom, Sachbuchautor und Wissenschaftsjournalist, sieht die Schuld an dem Durcheinander wegen der SoFi an deutschen Schulen auch bei den Wissenschaftlern. „Wir haben uns einfach nicht darum gekümmert, die entscheidenden Verantwortlichen für den deutschen Schulunterricht über das seltene Naturschauspiel mitten an einem Schultag aufzuklären und vor allem in Sachen didaktischer Nutzung an die Hand zu nehmen“, so der 47-Jährige. In seinem Internetblog beschreibt er ausführlich, wie die Projektion mit einem Spiegel funktioniert.
Auf den Internetseiten des NDR wird erklärt, wie man eine Lochkamera bastelt.
Wissenschaftsjournalist Ragnar Yogeshwar rät laut „Hamburger Morgenpost“ allen, die keine Spezialbrille mehr ergattert haben: Handykamera an, mit dem Rücken zur Sonne stellen und die Sonnenfinsternis auf dem Display verfolgen. Susanne Schnabel / News4teachers
