OBERHAUSEN. Dürfen Lehrer in Nordrhein-Westfalen nicht offen über Probleme bei der Inklusion sprechen? In Oberhausen jedenfalls, so berichtet das Nachrichtenportal „Der Westen“, verbot die zuständige Bezirksregierung den Lehrerräten der Gymnasien der Stadt, sich im Schulausschuss zum Thema zu äußern. Vorausgegangen ist ein Brandbrief der Personalvertreter, in dem die Personalvertreter den Frust der Lehrerschaft angesichts nicht tragfähiger Bedingungen zum Ausdruck bringen.
Die Lehrerräte der fünf Oberhausener Gymnasien hatten in dem Schreiben, das sie an die Bezirksregierung sowie an die Stadt als Schulträger sowie einige Lokalpolitiker richteten, die Umsetzung der Inklusion massiv kritisiert – und einen vorläufigen Stopp verlangt. „Wir fordern eine Aussetzung der Schulschließungen bei den Förderschulen in Oberhausen bis ein funktionsfähiges Konzept erkennbar ist“, heißt es in dem Schreiben der Räte. Zur Begründung: „Wir erleben, dass es zu wenige Förderschulkollegen gibt. Wir erleben, dass die nötigen Differenzierungsräume fehlen. Wir erleben, dass Schulen erst ganz kurz vor dem neuen Schuljahr über die Zuweisung von Kindern mit Förderbedarf erfahren (erfahren sollen?). Wir erleben, dass sich die Lehrer hilflos und überfordert fühlen und dass zeitliche Ressourcen für Fortbildungen, Teamabsprachen, das Anfertigen differenzierter Schulmaterialien und Schulbücher fehlen. Wir erleben Förderschullehrer, die von Schule zu Schule hetzen und sich nirgendwo richtig heimisch fühlen. Wir erleben die Schließung von fünf Hauptschulen und vier Förderschulen (das Umkrempeln einer gesamten örtlichen Schulstruktur) in einem extrem kurzen Zeitraum. So kann Inklusion nicht funktionieren!“
Der Brief kam auf Antrag der Linken auf die Tagesordnung des Oberhausener Schulausschusses. Dort sollten die Lehrervertreter sowie die Schulverwaltung Stellung beziehen. Dann aber der Eklat, wie der „Westen“ berichtet: Die Bezirksregierung habe den Räten als Dienstherr ein Redeverbot erteilt, dafür allerdings selbst im Ausschuss das Wort ergriffen. Dabei war dann von einem gemeinsamen Gespräch hinter verschlossenen Türen die Rede, das „sehr konstruktiv“ verlaufen sei, und von einem Bildungsplan für die Oberhausener Schulen, an dem gearbeitet werde („Dann haben wir ein Konzept“).
Ob die Lehrerräte diese Sicht teilen, blieb offen – sie durften sich ja nicht äußern. Dafür ergriff der Leiter eines der betroffenen Gymnasien das Wort. Der Direktor forderte laut Bericht, „die reden zu lassen, die die Inklusion umsetzen müssen. Es ist eine unerträgliche Situation, dass Schulleiter und Lehrer Angst haben, sich in der Öffentlichkeit zu äußern.“ Die Probleme seien größer als allgemein bekannt. Für die Schulen sei längst „die Grenze des Zumutbaren erreicht“. Die Herausforderungen der Inklusion müssten öffentlich diskutiert und nicht nur von oben verordnet werden. Sonst provoziere man auch den Widerstand von Eltern. News4teachers
Zum Bericht: Inklusion – Es knirscht an allen Ecken und Enden, auch bei der Lehrerausbildung