SCHWERIN. Soll ein Kind mit Down-Syndrom aufs Gymnasium gehen dürfen? Der Wunsch der Mutter von Henri aus Baden-Württemberg schlug bundesweit Wellen. Er wurde letztlich nicht erfüllt – der Junge geht allerdings mittlerweile auf eine Realschule. Was bedeutet das für die Gymnasien? Bleiben sie bei der Inklusion künftig außen vor? Die GEW in Mecklenburg-Vorpommern möchte das nicht länger hinnehmen.
Gegen ein „Abschotten der Gymnasien von inklusiven Entwicklungen“ hat sich die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in Mecklenburg-Vorpommern ausgesprochen. «Das Land verpasst damit die Chance zur dringend nötigen, tiefgreifenden Reformierung des Bildungswesens», sagte GEW-Landesvorsitzende Annett Lindner am Montag in Schwerin. Das von der Landesregierung vorgelegte Konzept zum weiteren Umsetzen der vor sechs Jahren eingeführten Inklusion sei nicht der «große Wurf». Es stehe nicht die Entwicklung einer inklusiven allgemeinbildenden Schule für alle Kinder und Jugendlichen im Vordergrund, sondern die Problemlösung der Beschulung von Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf in einer im Grundsatz nicht zu verändernden Schule. Auch fehle es noch immer an Fortbildungsmöglichkeiten für Lehrer. Diese seien oft überfordert und fühlten sich allein gelassen, erklärte Lindner.
Zudem dürfe die gemeinsame Erziehung von Kindern mit und ohne Behinderung nicht an räumliche und sächliche Voraussetzungen geknüpft werden, sagte Lindner. Dies widerspreche der UN-Behindertenrechtskonvention. Das Schulgesetz im Land müsse entsprechend geändert werden. Die Rolle der Gymnasien sei bislang ungeklärt. Die weiterführenden Bildungsgänge müssten auch Schülern mit Einschränkungen oder Lernschwierigkeiten offen stehen. Lindner forderte die Gründung eines Inklusionsbeirates, wie er in anderen Bundesländern bereits bestehe.
Sechs Jahre nach der Einführung der Inklusion hat die rot-schwarze Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern Ende vergangenen Jahres die „Strategie der Landesregierung zur Umsetzung der Inklusion im Bildungssystem in M-V bis zum Jahr 2020 vorgelegt. Am 20. Januar fand hierzu eine große parlamentarische Anhörung statt. Zu den 23 geladenen Experten gehörte auch die GEW Mecklenburg-Vorpommern. „Wegen der großen Bedeutung dieses Themas für die Zukunft der Bildung im Land“ hat die GEW MV das Strategiepapier Prof. Dr. Ulf Preuss-Lausitz, einem Mitglied der Expertenkommission, zur gutachterlichen Stellungnahme vorgelegt und auch innerhalb der Gewerkschaft ausführlich geprüft. Das Ergebnis laut Lindner: „Ernüchternd“. News4teachers / mit Material der dpa
Zum Bericht: Inklusionsexperte im Interview: Was wir von Schweden lernen können – und was nicht

