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Kongress in Koblenz: Musiklehrer sehen ihr Fach zunehmend im Abseits

KOBLENZ. Ist das Schulfach Musik angestaubt? Nein, versichern Experten. Es sei vielfältig wie nie zuvor. Das will auch der Bundeskongress Musikunterricht zeigen. Ein Problem: Es gibt zu wenig Musiklehrer.

Musikunterricht ist heute so vielfältig wie nie zuvor. Foto: msam.ch / flickr (CC BY-NC-SA 2.0)

Deutschlands Musiklehrer sehen ihr Fach an Schulen zunehmend im Abseits. «In Sonntagsreden betonen Politiker die große Bedeutung des Musikunterrichts. Aber am Montag fehlt ihre Wertschätzung in der Praxis», kritisierte der Präsident des Bundesverbands Musikunterricht (BMU), Ortwin Nimczik, vor dem Bundeskongress des Verbands, der ab heute bis zum 25. September in Koblenz stattfindet. Es gebe zu wenige Musiklehrer und zu oft eine schlechte Ausstattung für den Musikunterricht. «An vielen Stellschrauben wird wohl teils auch unbewusst gedreht, etwa wenn beim Angebot von abiturrelevanten Kursen an Gymnasien das Fach Musik hinten runter fällt», sagte Nimczik auf Anfrage.

Bundesweit gebe es rund 40.000 Musiklehrer für die etwa 13 Millionen Schüler. Am problematischsten sei der Mangel von ausgebildeten Musikpädagogen an den Grundschulen, auch Unterrichtsausfälle. «An den Gymnasien sieht es besser aus, an vielen anderen weiterführenden Schulen aber wiederum schlecht», erklärte der Professor für Musikpädagogik an der Musikhochschule Detmold. Besonders viele Musiklehrer fehlten in Ostdeutschland. Hinzu komme bundesweit die große Pensionierungswelle bei Pädagogen.

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Auffällig ist laut Nimczik, dass sich viele junge Menschen für das Studium eines Musikinstruments mit oft unsicherer Berufsperspektive entscheiden – und weniger für das Schulfach Musik mit besseren Aussichten auf einen festen Job.

“Gestalten von Musik”

Ist der Musikunterricht an Schulen heute angestaubt? «Nein. Da hat sich unheimlich viel getan seit den Zeiten mit Kreideunterricht und Quintenzirkel-Lernen, die die Politiker noch aus ihrer Jugend kennen», versicherte der Verbandspräsident. «Heute gibt es an den Schulen spielerisches, szenisches und erfinderisches Gestalten von Musik, den Einsatz elektronischer Medien und vieles mehr. Wir setzen nicht nur auf klassische Musik und laufen auch nicht alleine der Popmusik hinterher, sondern wollen die ganze Vielfalt der Musikkultur vermitteln.» Natürlich müssten die Schüler weiter etwas lernen, zum Beispiel die Noten «eingebettet in eine ansprechende Musizierpraxis».

Am 3. Bundeskongress Musikunterricht nehmen gut 1300 Musiklehrer teil. Es gibt rund 400 Kurse. Unter dem Motto «Bildung – Musik – Kultur: Musik erleben – Musik reflektieren» geht es fünf Tage lang um Kulturpolitik und Musikpädagogik mit Workshops, Diskussionen, Ausstellungen, Konzerten, Preisverleihungen, Forschungsprojekten und einem Sonderprogramm für Lehramtsstudenten und junge Musiklehrer. Von Jens Albes, dpa

Zum Bericht: Jeder ist musikalisch! Forscher: Übung macht den Meister (nicht Talent)

 

Streicher- und Bläserklassen bundesweit erfolgreich

Besondere Schulklassen, in denen alle Kinder bestimmte Instrumente lernen, sind nach Aussage des Bundesverbands Musikunterricht (BMU) zunehmend ein Erfolgsmodell. Seit etwa zwei Jahrzehnten gebe es an allgemeinbildenden Schulen in Deutschland immer mehr sogenannte Bläser- und Streicherklassen, sagte BMU-Präsident Ortwin Nimczik unmittelbar vor dem 3. Bundeskongress Musikunterricht vom Mittwoch bis Sonntag in Koblenz. Dieses Konzept mit vielen Vorbildern in den USA werde oft zusammen mit Musikschulen umgesetzt.

Michael Pabst-Krueger, ebenfalls BMU-Präsident, betonte, wie sehr sich das Schulfach Musik gewandelt habe. «Wir hatten längere Zeit eher theorieorientierten Musikunterricht.» Das stecke noch in vielen Köpfen. Doch längst gebe es eine große Vielfalt mit häufigem Praxisbezug von Musizieren inklusive Trommeln bis hin zum Tanz. Die Koblenzer Kulturdezernentin Margit Theis-Scholz sagte, Musikunterricht könne auch hervorragend geeignet sein, um Kinder mit ausländischen Wurzeln gut in deutsche Schulen zu integrieren.

Der rheinland-pfälzische BMU-Vorsitzende Andreas Wagner warnte indessen vor einer «schleichenden Entwertung unseres Fachs». BMU-Präsident Nimczik hatte schon zuvor eine mangelnde Wertschätzung des Schulfachs Musik seitens der Politik beklagt: Es gebe zu wenige Musiklehrer und zu oft eine schlechte Ausstattung für den Musikunterricht. Am Mittwoch kritisierte Nimczik zudem, dass Rheinland-Pfalz den Bundeskongress Musikunterricht mit keinem Euro direkt fördere. Sachsen und Thüringen hätten die beiden früheren großen BMU-Tagungen jeweils fünfstellig unterstützt.

Bei dem laut BMU größten musikpädagogischen Kongress Europas fachsimpeln nun in Koblenz mehr als 1300 Musiklehrer aus ganz Deutschland über ihr Schulfach. Angeboten werden rund 400 Kurse. Unter dem Motto «Bildung – Musik – Kultur: Musik erleben – Musik reflektieren» gibt es Kulturpolitik und Musikpädagogik mit Workshops, Diskussionen, Ausstellungen, Konzerten, Preisverleihungen, Forschungsprojekten und einem Sonderprogramm für Lehramtsstudenten und junge Musiklehrer.

 

 

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