KÖLN. Mehr als zwei Drittel der Deutschen befürworten eine Abschaffung des Religionsunterrichts an den Schulen. Bei einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov unterstützten 69 Prozent das Vorgehen Luxemburgs, wo der konfessionelle Religionsunterricht zum neuen Schuljahr durch einen allgemeinen Werteunterricht ersetzt wurde. Von 39 Prozent der Befragten wird dies voll und ganz, von 30 Prozent zumindest eher befürwortet. Besonders stark ist die Zustimmung in Ostdeutschland, wo die Abschaffung des Religionsunterricht von insgesamt 81 Prozent unterstützt wird. Der Kölner Kardinal Woelki betont hingegen die Bedeutung des christlichen Glaubens auch für die deutsche Demokratie.
Ein solcher Werteunterricht sollte sich nach Ansicht der Mehrheit nur am Rande mit Religion beschäftigen. 60 Prozent sprachen sich bei der Umfrage dafür aus, dass allgemeine Ethik, Normen und Werte im Zentrum stehen. Gleichzeitig sagten 66 Prozent, verschiedene Religionen und Konfessionen sollten zwar behandelt werden, aber nicht das Zentrum des Unterrichts bilden.
Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki hat unlängst in einem Gastbeitrag für den „Stern“ die Bedeutung des Glaubens für die Demokratie betont „Es ist wohl kein Zufall, dass christliche Bürger bei jeder Wahl – auch jüngst in Mecklenburg-Vorpommern – deutlich unterdurchschnittlich für die AfD stimmten. Zwar gibt es auch bei kleinen Gruppen in der Kirche eine besorgniserregende Anfälligkeit für ideologisches Denken, fanatische Selbstgewissheit, Ressentiments gegen alles Fremde – ethnische, religiöse und sexuelle Minderheiten – und aggressive Parolen gegen eine liberal-rechtsstaatliche Politik des Maßes und der Mitte. Doch die übergroße Mehrheit folgt diesen Irrlichtern nicht“, so schrieb er.
„Wo Menschen sich im Letzten geborgen wissen, schrieb schon der große Theologe Romano Guardini, finden sie Gelassenheit im Vorletzten. Wo diese Geborgenheit massenhaft verloren geht, kann das auch politische Wirkungen zeitigen und zu einem raueren Klima in der Gesellschaft beitragen. Demokratie gedeiht nur in einem gemäßigten Klima. Sie braucht zwar die Auseinandersetzung, auch den Streit, aber ebenso Milde, Gelassenheit und Versöhnlichkeit.“ Christliche Demut könne tatsächlich davor bewahren zu glauben, “alles besser wissen zu können”. Demut sei eine wirkliche Tugend, die natürlich auch ohne den Glauben möglich sei, aber doch von ihm unterstützt werde, so Woelki.
Der Katholikenrat Rottenburg-Stuttgart hält Religionsunterricht auch deshalb für wichtiger denn je. In dem Fach finde eine notwendige Auseinandersetzung sowohl mit dem Christentum als auch anderen Weltreligionen statt, sagte ein Sprecher am Mittwoch. Zudem leite der Unterricht zur Ausbildung „einer persönlichen Moral an“. Die Diözese werde „Setting und die Ergebnisse der Umfrage analysieren und interpretieren“, sagte Veronika Rais-Wehrstein, Beisitzerin im Präsidium. Wenn sich aber eine grundsätzliche Ablehnung des Religionsunterrichts abzeichne, sei tatsächlich eine breite öffentliche Debatte nötig. News4teachers / mit Material der dpa
Hier geht es zur Kolumne von Woelki im “Stern”.