STUTTGART. Baden-Württembergs Wissenschaftsministerin Bauer, geplagt von der Schuldenbremse, reaktiviert eine alte Idee: Müssen Studenten aus Nicht-EU-Ländern bald für ihr Studium im Südwesten bezahlen? Die Reaktionen auf ihren Vorstoß sprechen eher dagegen.
Baden-Württembergs Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) will internationale Studenten im Südwesten zur Kasse bitten. Die Gebühren sollten ein Beitrag zur Haushaltskonsolidierung sein und die Qualität des Studiums sichern, sagte Bauer am Freitag. Zunächst hatten «Mannheimer Morgen», «Heilbronner Stimme» und «Südwest Presse» (Freitag) berichtet. Kritik an dem Vorstoß kommt auch aus der eigenen Partei.
Betroffen wären dem Vorschlag zufolge Studenten aus Nicht-EU-Ländern, die extra für ein Studium nach Deutschland kommen. «In den meisten Ländern der Welt sind Gebühren üblich», sagte Bauer. Diskutiert werden im Durchschnitt rund 1500 Euro pro Semester, von denen etwa 300 Euro direkt bei der Hochschule bleiben sollen. Es gebe zurzeit etwa 7000 Studenten im Südwesten, die betroffen wären. Außerdem schlägt Bauer vor, Gebühren für ein Zweitstudium zu erheben, laut «Südwest Presse» 650 Euro pro Semester.
«Ich finde, es wäre verkehrt, wenn wir in einem Wachstumsbereich wie dem Wissenschaftsbereich diesen Beitrag durch Kürzungen erbringen», sagte Bauer zur Haushaltskonsolidierung. Neben Studiengebühren sollen auch höhere Verwaltungskostenbeiträge der Studenten dazu beitragen, das Sparziel zu erreichen.
Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Kai Gehring sieht in Studiengebühren den falschen Weg, die Schuldenbremse einzuhalten. Das gebührenfreie Studium sei ein Standortvorteil. Mit Gebühren für internationale Studenten wären seiner Überzeugung nach negative Auswirkungen verbunden, etwa auf die Fachkräftesicherung.
Kritik kam auch von der Grünen Jugend. «Die Abschaffung der Studiengebühren für alle ist ein großer hochschulpolitischer Erfolg der letzten grün-geführten Landesregierung», erklären Lena Schwelling und Leonie Wolf, Sprecherinnen der Grünen Jugend Baden-Württemberg. «2016 sind die Grünen auch mit dem Ziel angetreten, diese Errungenschaften zu verteidigen.»
Die grün-rote Vorgängerregierung der grün-schwarzen Koalition hatte allgemeine Studiengebühren in Baden-Württemberg abgeschafft.
Der baden-württembergische Juso-Landeschef Leon Hahn nannte Bauers Vorschlag «Populismus nach Art der CSU-Maut». Eine Unterscheidung nach deutschen und nicht-deutschen Studenten wäre nach Überzeugung der Juso-Hochschulgruppen diskriminierend.
Der Hochschulexperte der Grünen-Landtagsfraktion, Alexander Salomon, plädierte dagegen für eine unvoreingenommene und nüchterne Prüfung der Ideen aus dem Wissenschaftsministerium. So sehe er nicht, warum ein zweites Studium kostenfrei sein müsse.
Die stellvertretende SPD-Landesvorsitzende Leni Breymaier forderte, Prinzipien nicht zur Disposition zu stellen. Bildung müsse ohne Gebühren möglich sein. «Heute werden die Ausländer zur Kasse gebeten – und morgen die Inländer.»
Auch von der FDP kam Kritik an Bauers Vorstoß. Gleichzeitig verwies der Hochschulexperte der Landtagsfraktion, Klaus Hoher, aber auf den FDP-Vorschlag, ehemalige Studenten nach australischem Vorbild nachträglich an den Kosten des Studiums zu beteiligen, sobald ein bestimmtes Einkommen erreicht wird.
Die Arbeitgeber im Land begrüßten die Überlegungen hingegen. «Einnahmen aus Studienbeiträgen werden in vielen Ländern durch die Hochschulen sehr erfolgreich zur eigenen Profilbildung und zur Verbesserung der Qualität der Lehre genutzt», erklärte Peer-Michael Dick, Hauptgeschäftsführer der Arbeitgeber Baden-Württemberg. «Es wäre daher richtig, wenn auch Baden-Württemberg das Potenzial einer sozialverträglichen Beteiligung internationaler Studierender an den steuerfinanzierten Kosten ihres Studiums nutzen würde.» (dpa)
zum Bericht: Nach dem Brexit: Das Studium in Großbritannien könnte teurer werden