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Am Bildschirm lernen erst ab Klasse 8! Bündnis von Pädagogen und Professoren macht gegen die Digital-Strategie der KMK mobil

BERLIN. Den Schulen in Deutschland steht eine digitale Revolution ins Haus. Innerhalb der nächsten fünf Jahre soll jedem Schüler in Deutschland ein Internetzugang samt „digitaler Lernumgebung“ (also technischer Ausstattung) an seiner Schule zur Verfügung stehen, verspricht die Kultusministerkonferenz – und zwar unabhängig vom Alter der Schülerinnen und Schüler, von Schulform und von konkreten Fachinhalten. Zugleich sollen alle Lehrerinnen und Lehrer im Umgang mit digitalen Lernmitteln geschult und zu deren Einsatz verpflichtet werden. Gegen diesen Druck auf Schulen, den Unterricht technisch aufzurüsten, regt sich allerdings jetzt Widerstand. Ein Bündnis von namhaften Medienpädagogen und Neurowissenschaftlern will Schüler erst ab Klasse 8 am Bildschirm lernen lassen.

Schöne neue Lernwelt? Die Schulen in Deutschland stehen vor einer digitalen Revolution. Foto: Ed Ivanushkin / flickr (CC BY-SA 2.0)
Schöne neue Lernwelt? Die Schulen in Deutschland stehen vor einer digitalen Revolution. Foto: Ed Ivanushkin / flickr (CC BY-SA 2.0)

Der Initiative mit dem etwas sperrigen Namen „Bündnis für humane Bildung – aufwach(s)en mit digitalen Medien“ ist prominent  besetzt. Ihr gehören unter anderem die Medienpädagogik-Professoren Paula Bleckmann  (Alanus Hochschule in Alfter), Edwin Hübner (Freien Hochschule Stuttgart), Ralf Lankau (Hochschule Offenburg) und Gerald Lembke (Duale Hochschule Baden-Württemberg) – Autor des Bestsellers „Die Lüge der digitalen Bildung: Warum unsere Kinder das Lernen verlernen“ – sowie die Neurowissenschaftler Prof. Manfred Spitzer („Digitale Demenz: Wie wir uns und unsere Kinder um den Verstand bringen“) und Prof. Gertraud Teuchert-Noodt an. Sie alle „fröstelt bei diesen unrealistischen Vorstellungen“ der Kultusminister in Sachen IT laut einer Erklärung – und sie raten “zu mehr Gelassenheit”: Der Umgang mit digitalen Geräten im Unterricht lasse sich zunächst am besten mit analogen Unterrichtsmitteln lernen, mit fortschreitendem Alter in der Schule stufenweise mit dem dosierten Einsatz digitaler Endgeräte.

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„Natürlich ist die Digitaltechnik ein Teil unserer Lebenswirklichkeit“, sagt Bündnissprecher  Lankau. „Doch selbst wenn Kinder mit acht oder neun Jahren Verkehrsunterricht erhalten, dann bekommen sie danach noch keinen KFZ-Führerschein.“ Ähnlich verhalte es sich mit digitalen Geräten im Unterricht. Warum nicht erst die Grundlagen für Digitaltechnik mit analogen Mitteln aufbauen, um danach umso besser mit digitalen Mitteln umgehen zu können? Auch den verantwortungsvollen Umgang mit Alkohol erlerne niemand mit exzessivem Konsum, sondern eher mit guten Präventionsprogrammen.

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„Auf der Basis wissenschaftlicher Studien aus der Kognitionsforschung, der Entwicklungspsychologie und Pädagogik“ empfiehlt das Bündnis folgende Vorgehensweise:

„Niemand weiß, wie unsere Arbeits- und Lebenswelt in fünf oder 15 Jahren aussehen wird“, sagt Lankau. „Schulen müssen sich und ihre Schüler also auf eine technisierte und digitalisierte Welt vorbereiten.“ Dabei sollte Schule nicht auf aktuelle Technik fokussieren, sondern auf Verständnis und das Verstehen von Strukturen und Prinzipien abzielen. Schule hat keine Konsumenten zum Ziel, die am jeweils aktuellen Gerät tippen, wischen – oder demnächst unter der VR-Brille und Kopfhörern mit ihrem persönlichen Avatar sprechen. „Schule muss Denk-Werkzeuge und generelle Handlungsoptionen vermitteln, die unabhängig von der jeweils aktuellen Technik funktionieren“, sagt Medienwissenschaftler Lankau. Agentur für Bildungsjournalismus

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