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Lernen angehende Lehrer bald bis zum Bachelor alle gemeinsam? GEW präsentiert Reformkonzept – weg von den Schulformen

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MAGDEBURG. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat die Länder aufgefordert, bei der Bekämpfung des Lehrkräftemangels keine Abstriche an der Qualität der Ausbildung der Pädagoginnen und Pädagogen zu machen. „Die Lage ist dramatisch: Schon jetzt sind tausende Lehrkräftestellen bundesweit nicht besetzt – und in den kommenden Jahren werden die Schülerzahlen weiter steigen. Wenn die Länder nun aus Verzweiflung Quer- und Seiteneinsteiger ohne abgeschlossene Lehramtsausbildung einstellen, darf das nicht zu Lasten der Qualität und damit auf Kosten der Schülerinnen und Schüler gehen“, sagte der stellvertretende Vorsitzende der GEW, Andreas Keller, während der Präsentation des neuen GEW-Konzepts zur Reform der Lehrerinnen- und Lehrerbildung.

Dieses stellte die Bildungsgewerkschaft während einer Tagung in Magdeburg zur Diskussion. „Die Länder müssen eine umfassende berufsbegleitende Nachqualifizierung dieser Kolleginnen und Kollegen gewährleisten. Darüber hinaus müssen sie die regulären Ausbildungskapazitäten in Studium und Vorbereitungsdienst zügig ausbauen und die Attraktivität von Ausbildung und Beruf verbessern.“

Lernen angehende Lehrer bald bis zum Bachelor gemeinsam – die GEW will das so. (Foto: US Departement of Education/Flickr CC BY 2.0)

Mit den GEW-Vorschlägen lasse sich dem Lehrkräftemangel auch strukturell begegnen, erklärte Keller. „Es ist falsch, dass sich Lehramtsstudierende schon im ersten Semester auf ein bestimmtes Lehramt festlegen müssen. Richtig ist ein gemeinsames Bachelor- bzw. Grundstudium für alle Studierenden, egal ob sie ein Lehramt in der Grundschule oder der Sekundarstufe anstreben. Das ist nicht nur didaktisch sinnvoll, sondern würde den Studierenden auch helfen, flexibler auf die Anforderungen des Lehrkräftearbeitsmarkts zu reagieren“, machte der GEW-Vize deutlich. Perspektivisch müsse darüber hinaus die Zahl der Lehrämter reduziert werden: „Hauptschule, Realschule, Gymnasium – das traditionelle dreigliedrige Modell aus dem 19. Jahrhundert hat mit der schulpolitischen Realität des 21. Jahrhunderts nicht mehr viel zu tun. Zukunftsfähig ist eine Orientierung der Lehrerinnen- und Lehrerbildung ausschließlich an den Schulstufen statt an den Schulformen“, betonte Keller.

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Vor allem aber komme es darauf an, Ausbildung und Beruf attraktiver zu gestalten und so mehr junge Menschen für den Lehrerberuf zu begeistern. „Angehende Lehrerinnen und Lehrer müssen besser auf neue Anforderungen ihres Berufs wie digitale Welt, Ganztagsschule, Migrationsgesellschaft oder Inklusion vorbereitet werden. Wer bereits im Beruf steht, braucht entsprechende Fort- und Weiterbildungsangebote. Damit die Herausforderungen besser bewältigt werden können, müssen die Lehrerinnen und Lehrer entlastet werden: durch ausreichend Vertretungskapazitäten, moderate Unterrichtsverpflichtungen und eine bessere Lehrer-Schüler-Relation. Die Ausbildung aller Lehrerinnen und Lehrer, egal ob sie an einer Grundschule oder einem Gymnasium unterrichten, ist schon heute in der Hälfte der Bundesländer gleichwertig und gleich lang. Deshalb müssen endlich auch alle voll ausgebildeten Lehrkräfte gleich gut bezahlt werden. ‚JA13‘: Die GEW macht sich für eine Bezahlung nach A13 (Beamtinnen und Beamte) und E13 (Angestellte) stark“, unterstrich Keller.

Er machte darauf aufmerksam, dass sich die GEW zurzeit bundesweit mit zahlreichen Aktionen für eine bessere Bezahlung der Lehrerinnen und Lehrer einsetze. Der Aktionszeitraum dauert noch bis zum 24. November.

„A 13 für alle!“ GEW-Aktionen laufen jetzt bundesweit heiß – und Eltern marschieren mit (in Bayern jedenfalls)

„In Sachsen-Anhalt fehlen massiv Lehrkräfte, massiv Referendare und massiv Lehramts-Studierende. Vor allem aber fehlt es den politisch Verantwortlichen an Ideen und klaren Bekenntnissen, wie dem aktuellen Mangel auf allen Ebenen begegnet werden soll. Die GEW bietet mit dem heute vorgestellten Konzept gute Vorschläge, wie auch in Zukunft gute und umfassende Bildung gewährleistet werden kann“, sagte Eva Gerth, Vorsitzende der GEW Sachsen-Anhalt, am Rande der Tagung.

Die Situation in Sachsen-Anhalt stehe exemplarisch für den bundesweiten gravierenden Lehrkräftemangel. Im letzten Schuljahr sei an einigen Schulen tage- und wochenweise der komplette Unterricht ausgefallen. In der Ausschreibungsrunde zum Schuljahresstart seien von 370 Lehrerstellen fast 100 nicht besetzt worden, weil die Bewerbungen fehlten, im Vorbereitungsdienst seien etwa 50 von 300 Stellen zunächst unbesetzt geblieben, betonte Gerth. Eine Volksinitiative habe den Bedarf an zusätzlichem Personal kürzlich allein in Sachsen-Anhalt auf 1.000 Lehrkräfte beziffert. Für die Einstellung der zusätzlichen Pädagoginnen und Pädagogen habe sie fast 100.000 Unterschriften gesammelt. N4t

 

Mecklenburg-Vorpommern: Jeder sechste neu eingestellte Lehrer ist keiner

SCHWERIN. Der Lehrermangel ist auch in Mecklenburg-Vorpommern gravierend: Jeder sechste zu Schuljahresbeginn 2017/18 eingestellte Lehrer hat dort keine Lehrbefähigung. Das geht aus der Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage der Landtagsfraktion der Linken hervor, die am Freitag in Schwerin veröffentlicht wurde.

Von 408 Neueinstellungen waren demnach 67 sogenannte Seiteneinsteiger, also Menschen aus einem anderen Beruf. Das entspricht 16,4 Prozent. Die Seiteneinsteiger müssen neben dem Unterrichten Fortbildungskurse belegen, um die Lehrbefähigung zu erlangen.

Die Fraktionsvorsitzende Simone Oldenburg forderte, die Lehrerausbildung und den Schuldienst in Mecklenburg-Vorpommern attraktiver zu machen. So müssten die Gehälter an den Grundschulen an die anderer Schularten angeglichen werden. Grundschullehrer verdienen deutlich weniger als Regionalschul- und Gymnasiallehrer. Oldenburg verlangte auch eine Verringerung der Unterrichtsstunden für Lehrer. «Wenn der Schuldienst für junge Lehrkräfte nicht attraktiver wird, kann MV im bundesweiten Wettbewerb um Lehrerinnen und Lehrer nicht bestehen.» Viele wanderten nach dem Universitätsstudium ab.

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