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Philologen: Lehrer in Deutschland hatten seit 1945 noch nie so viele Unterrichtsstunden zu geben

BERLIN. 2017 war das Jahr ernüchternder Ergebnisse bei Schulstudien – doch was folgt daraus? Für den Philologenverband sowie den Deutschen Lehrerverband ist klar: Die Arbeitsbelastung der Lehrer muss sinken.

Nicht nur die Unterrichtsverpflichtung ist gestiegen – auch die Fülle der Aufgaben ist mehr geworden. Foto: Shutterstock

Deutschlands Grundschüler fallen im internationalen Vergleich teils deutlich zurück – Bildungsverbände pochen nun auf mehr Lehrer. «Regelmäßig wird besserer Unterricht gefordert», sagte die neue Vorsitzende des Deutschen Philologenverbands, Susanne Lin-Klitzing, in Berlin. Dies lasse sich aber nicht verordnen. «Dazu brauchen wir mehr Lehrer, die unter guten Bedingungen arbeiten können.»

Im Oktober hatten die Ergebnisse der Studie IQB-Bildungstrends für Ernüchterung bei Bildungspolitikern gesorgt. Deutschlands Viertklässler fielen demnach innerhalb der vergangenen fünf Jahre in Mathematik, beim Zuhören und in Rechtschreibung zurück. Anfang Dezember folgten die nächsten schlechten Nachrichten. Veröffentlicht wurde die Internationale Grundschul-Lese-Untersuchung (IGLU). Nach dieser können immer mehr Kinder in Deutschland beim Verlassen der Grundschule nicht richtig lesen. Im internationalen Vergleich sank Deutschland in dem Bereich ab.

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«Die Lehrer in Deutschland hatten seit dem Zweiten Weltkrieg noch nie so viele Unterrichtsstunden», sagte Lin-Klitzing. «Allerdings sind noch viele weitere Aufgaben dazugekommen.» Die Pädagogen müssten unter anderem Neuerungen und Fördermaßnahmen umsetzen. Die Leistungen der Schüler klafften immer weiter auseinander. Lin-Klitzing führt seit Anfang Dezember den Philologenverband, sie folgte dem langjährigen Verbandschef Heinz-Peter Meidinger nach.

Schülerschaft hat sich verändert

Meidinger, der weiter an der Spitze des Deutschen Lehrerverbands steht, sagte: «Die Arbeitsbelastung der Lehrer ist in den vergangenen Jahren gewachsen.» Denn die Schülerschaft habe sich verändert. «Es gibt mehr Schüler, die individuell gefördert werden müssen.» Von 2011 bis 2016 erhöhte sich laut IQB-Bildungstrend der Anteil der Viertklässler mit Migrationshintergrund um mehr als ein Drittel auf 34 Prozent. Zudem besuchen auch mehr Kinder mit Behinderung eine allgemeine Schule.

«Aus allen Schulstudien der letzten Zeit wissen wir, dass die Anforderungen an die Lehrer immer größer werden», sagte Meidinger. «Um die Leistungen der Schüler im Schnitt zu verbessern, brauchen wir mehr individuelle Förderung schwieriger Schüler und kleinere Klassen.»

Für die Gymnasien will der Philologenverband nun konkret messen, wie viel die 175.000 dort beschäftigten Lehrer heute arbeiteten und wie groß ihre Belastung ist, wie Lin-Klitzing ankündigte. Zusammen mit einem Wissenschaftlerteam der Universität Rostock starte der Verband im Januar dazu eine umfassende Studie an den Gymnasien. Meidinger sagte, der Richtwert bei der Arbeitszeit im öffentlichen Dienst liege bei 40 Stunden. «Auch wenn man die über den Urlaub hinausgehende Ferienzeit anrechnet, liegen die meisten Lehrer deutlich darüber.»  dpa

VBE: Nicht unterkriegen lassen!

Nach Auffassung des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württem­berg sollten Pädagogen das neue Jahr 2018 als Chance sehen, Schulen positiv vor­anzubringen. Alle Lehrerinnen und Lehrer sollten sich mit ganzer Kraft an den Schulentwicklungs­prozessen beteiligen und sich nicht aus Verärgerung über die zu­nehmend schlechter werdenden Arbeitsbedingungen in den Schmollwinkel zu­rückziehen. An den Schulen müsse eine positive Aufbruchsstimmung spürbar wer­den, selbst wenn die nächste Vergleichsstudie wieder demotivierend sein sollte.

Der Lehrerverband äußert in einer Pressemitteilung Verständnis, “wenn Pädagogen aufgrund der in letzter Zeit ge­machten negativen Erfahrungen in der Bildungspolitik Groll im Herzen hegen”. Die meisten Lehrer ließen sich jedoch trotz ständig schlechter werdender Rahmenbedingungen an den Schulen nicht davon abhalten, den Unterricht nach ihren Möglichkeiten immer optimal für die Schüler zu gestalten.

Nach Auffassung des VBE wäre es falsch, wenn Pädagogen angesichts der zuneh­menden Überlastung resignierten oder sich wegen als ungerecht empfundener Spar­maßnahmen frustriert in die Schmollecke zurückzögen. „Professionell arbeitende Lehrer lassen ihren berechtigten Ärger nicht die Schüler spüren, sondern engagieren sich ge­werkschaftlich“, betont VBE-Sprecher Michael Gomolzig. „Sie tragen Streit grundsätzlich mit den politisch Verantwortlichen aus und nicht in die Klassenzimmer hinein.“

Der VBE-Sprecher ermuntert alle Lehrkräfte: „Lassen Sie sich durch die vielen bil­dungspolitischen Baustellen und die ständige Knappheit bei den Ressourcen nicht ab­schrecken! Machen Sie das Beste aus den gegenwärtigen Zeiten! Tragen Sie als Fach­leute für Bildung und Erziehung mit gewohnter Einsatzfreude und Ausdauer auch im Jahr 2018 wieder zu einem guten Klima an den Schulen des Landes bei.“ News4teachers

 

Wann, wenn nicht jetzt? Gebt Lehrern endlich die Unterstützung, die sie brauchen!

 

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