VBE-Chef Beckmann erteilt in einer Pressemitteilung „all den Kräften eine Absage, die glauben, moderne Medien wie Tablets und Smartphones machten das Erlernen der Handschrift überflüssig“. Worterkennungshilfen, die etwa auf Smartphones oder in Textverarbeitungsprogrammen mittlerweile Standard seien, lieferten bei der Eingabe zwar unmittelbar Vorschläge, ohne dass man selbst das gewünschte Wort zu Ende formulieren müsse. Sie nähmen dem Autor also ein Stück geistige Leistung ab. „Schule hat aber die Aufgabe, die geistigen und körperlichen Fähigkeiten eines Kindes voll zur Entfaltung zu bringen und sie nicht frühzeitig einzuschränken“, betont Beckmann. „Es geht nicht darum, die Medien zu verdammen. Aber das Erlernen der Handschrift darf nicht gegenüber deren Nutzung ausgespielt werden. Vielmehr geht es um eine sinnvolle Ergänzung, ein ‚Sowohl-Als-Auch‘, wenn man den Auftrag, Kinder individuell und umfänglich zu fördern, ernst nimmt.”
In die gleiche Kerbe schlägt der VBE-Landesverband Nordrhein-Westfalen. Mit der Hand das Schreiben zu lernen fördere die motorische und kognitive Entwicklung, erklärt Anne Deimel, stellvertretende Vorsitzende des VBE NRW. „Schülerinnen und Schüler können sich durch das Aufschreiben leichter den Unterrichtsstoff merken. Die Handschrift ist keinesfalls überholt, sondern elementar für das erfolgreiche Lernen.“ Mit der Hand zu schreiben oder am Tablet bzw. Computer zu tippen, sollten als Methoden nicht gegeneinander ausgespielt werden. „Für Schülerinnen und Schüler sind beide Wege absolut notwendig. Handschrift muss gelehrt und moderne Medien dürfen nicht ignoriert werden. Beide Fähigkeiten muss Schule fördern“, meint sie.
Schwierigkeiten mit dem Handschreiben
Der Hessische Philologenverband zeigt sich unterdessen besorgt. Lehrkräfte beobachteten immer häufiger, dass Schülerinnen und Schüler Schwierigkeiten mit dem Handschreiben haben, so heißt es in einer Pressemitteilung. „Beunruhigende Ergebnisse brachte bereits im Jahr 2015 eine Umfrage, die der Deutsche Lehrerverband (DL) gemeinsam mit dem Schreibmotorik Institut, Heroldsberg, durchgeführt hat. Danach meinen vier Fünftel (79 Prozent) der an der Erhebung beteiligten Lehrerinnen und Lehrer an weiterführenden Schulen, die Handschrift ihrer Schülerinnen und Schüler habe sich im Schnitt verschlechtert.“
Die Philologen sehen es als problematisch an, wenn in den Schulen immer weniger Wert auf ein gut lesbares, auch verbundenes Handschreiben gelegt werde. Schreibmotorische Fähigkeiten drohten zu verkümmern. „Gute Schreiber sollten Lob ernten von den Lehrkräften, hin und wieder kann ein Bekenntnis zur Ästhetik des Schreibens nicht schaden“, merkt der Vorsitzende des Pädagogischen Ausschusses, Reinhard Schwab, an. Kritisch zu hinterfragen sei der Trend weg vom Schreibblock, hin zur Computertastatur und zum Display. Die – zweifelsohne sinnvolle – technische Unterstützung im Zeitalter von Computer, Tablets und Smartphones sollte nicht dazu führen, dass die individuelle Handschrift, eine zentrale Kulturtechnik, verloren gehe.
Die hessischen Philologen setzen sich explizit für das Handschreiben und eine verbundene Handschrift ein. Reinhard Schwab unterstreicht: „Im sorgfältigen Schreiben spiegelt sich sorgfältiges Denken. Die Konzentration auf gutes Schreiben erhöht die Chancen auf klares Denken und eine sichere Rechtschreibung.“ Beim Schreiben mit der Hand würden andere und mehr Hirnregionen aktiviert als beim Tippen einzelner Buchstaben.
Studien hätten ergeben, dass eine Verbundschrift Vorteile im Hinblick auf das Aneignen und Merken von Texten bringt. Eine Forderung des Hessischen Philologenverbandes ist deshalb, dass die Schülerinnen und Schüler während der vierjährigen Grundschulzeit eine verbundene Schreibschrift erlernen, “damit sie in die Lage versetzt werden, flüssig und in einem angemessenen Tempo zu schreiben sowie eine Handschrift zu lesen (zum Beispiel den Tafelanschrieb der Lehrkraft oder den Aufsatz des Mitschülers)”. In den weiterführenden Schulen gehe es dann um die individuelle Weiterentwicklung des Handschriftlichen, nicht um eine stark reglementierte Schrift. „Das Handschriftliche wird auch weiterhin seine Bedeutung als Mittel der Kommunikation haben: Man sollte den Grundschülern die Gelegenheit geben, eine gute Schreibschrift zu erlernen“, heißt es in der Pressemitteilung. bibo / Agentur für Bildungsjournalismus
Der 23. Januar ist der Geburtstag von John Hancock (1737 –1793), dem Erstunterzeichner der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung. Seine handschriftliche Signatur auf dem Dokument ist aufgrund ihrer Größe besonders markant.
Zur Umfrage:
Die Lehrerinnen und Lehrer in Deutschland sehen immer häufiger, dass Schülerinnen und Schüler Probleme mit dem Handschreiben haben. Dies geht aus einer Umfrage hervor, die der Deutsche Lehrerverband (DL) gemeinsam mit dem Schreibmotorik Institut, Heroldsberg, im Jahr 2015 durchgeführt hat. Danach meinen vier Fünftel (79 Prozent) der an der Erhebung beteiligten Lehrerinnen und Lehrer an weiterführenden Schulen, die Handschrift ihrer Schülerinnen und Schüler habe sich im Schnitt verschlechtert. Sogar 83 Prozent der befragten Grundschullehrerinnen und Grundschullehrer gaben an, dass sich die Kompetenzen, die Schüler als Voraussetzung für die Entwicklung der Handschrift mitbringen, in den vergangenen Jahren verschlechtert haben. Nach Einschätzung der an der Umfrage beteiligten Lehrkräfte haben die Hälfte der Jungen (51 Prozent) und ein Drittel der Mädchen (31 Prozent) Probleme mit der Handschrift.
Internationales Symposium in Darmstadt: Handschrift bleibt – auch im digitalen Zeitalter. Aber …