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GroKo in Sicht: Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) soll Bildungsminister werden – ein „detailinteressierter Jurist“

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BERLIN. Neuer Bundesbildungsminister soll der bisherige Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe werden. Dies sei nach der Einigung der Spitzen von SPD und Union über einen Koalitionsvertrag bekannt geworden, so berichtet das „Handelsblatt“. Der Christdemokrat würde damit die Nachfolge seiner Parteifreundin Johanna Wanka übernehmen, die bereits unmittelbar nach der Bundestagswahl angekündigt hatte, dem neuen Kabinett nicht mehr anzugehören. VBE-Chef Udo Beckmann zeigt sich angesichts der möglichen Einigung über eine Große Koalition (noch steht darüber ja ein Mitgliederentscheid der SPD aus) „vorsichtig optimistisch“.

Er soll der neue Bundesbildungsminister werden: der bisherige Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU). Foto: BMG/Jochen Zick (action press)

„Der leise Minister“, so nennt ihn die „Tagesschau“ in einem Beitrag, der Hermann Gröhes Arbeit an der Spitze des Bundesgesundheitsministeriums bilanziert – und das ist durchaus als Kompliment gemeint. „Untätigkeit kann man dem CDU-Politiker nicht vorwerfen. Es waren vier fleißige Jahre, an deren Ende 25 Gesetze stehen, darunter Großprojekte in der Pflege“, so heißt es. Der „detailinteressierte Jurist“ habe sich schnell in die Gesundheitspolitik eingearbeitet, „um als Dompteur in der Löwengrube der Interessen bestehen zu können“. Eine Eigenschaft, die dem Vater von vier Kindern aus dem rheinischen Neuss auch in der Bildung zugutekommen dürfte. Hier warten einige Großbaustellen auf Gröhe, der seit 1994 im Bundestag sitzt: von der Digitalisierung der Schulen bis  hin zur Grundsatzfrage, inwieweit der Bund den Ländern in die Schulpolitik hineinfunken darf.

Widerstand gegen die von der SPD geforderte Aufhebung des sogenannten Kooperationsverbots war vor allem von den unionsregierten Bundesländern gekommen. Sie ist offenbar vom Tisch. Dass Merkel einen ihrer erfolgreichsten Minister für das Bildungsressort berufen hat, deutet allerdings daraufhin, dass die Kanzlerin durchaus gewillt ist, den Einfluss des Bundes auf die Schulen auszuweiten. Dafür soll ein Nationaler Bildungsrat einrichtet werden, so sieht es der Koalitionsvertrag vor. „Ein Bildungsrat könnte dringend notwendige übergeordnete Strategien erarbeiten, wie gleichwertige Lebensverhältnisse in Bezug auf Bildungschancen der Kinder hergestellt werden können“, meint dazu VBE-Bundesvorsitzender Udo Beckmann. „Wissenschaft und Schulpraxis sollten in einem solchen Gremium gemeinsam mit Entscheiderinnen und Entscheidern aus Bund, Ländern und Kommunen zusammenkommen. Wichtig ist, dass das Erarbeitete durch Staatsverträge verbindlich gemacht wird.“

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Überhaupt zeigt sich der VBE nach eigenem Bekunden „vorsichtig optimistisch“ für die Bildung angesichts der heute erfolgten Einigung von SPD und Union. „Der Koalitionsvertrag enthält vielversprechende Ansätze“, sagt Beckmann. „Wir begrüßen insbesondere die Investitionsoffensive, welche durch eine Veränderung des Grundgesetzes direkte Förderung von Kommunen bei Investitionen in die Bildungsinfrastruktur möglich macht. Das ist dringend notwendig, denn das Kooperationsverbot von Bund und Ländern zementiert seit mehr als zehn Jahren Bildungsungerechtigkeit.“

Andererseits betrage der Investitionsstau in Schulen laut KfW-Berechnungen bundesweit 32 Milliarden Euro. Die Bertelsmann-Stiftung spreche von Kosten für die Digitalisierung in Höhe von 2,8 Milliarden Euro – jährlich! Die möglicherweise zukünftige Bundesregierung würde innerhalb der nächsten 3,5 Jahre 3,5 Milliarden Euro für einen „Digitalpakt“ für die Schulen ausgeben. „Die Frage bleibt: Wenn eine Milliarde pro Jahr vom Bund kommt, wer stemmt dann wie den Rest? Bund und Länder müssen daher zeitnah mit Staatsverträgen Kompetenzen klar regeln und Rechte und Pflichten festlegen“, betont Beckmann.

“Lehrermangel wird sich verschärfen”

Die Parteien einigten sich zudem auf die Umsetzung eines Anspruchs auf Ganztagsbetreuung bis 2025. Der VBE-Chef warnt mit Blick auf eine aktuelle Studie der Bertelsmann Stiftung zum Lehrermangel: „Der Mangel an pädagogischem Personal wird sich nach aktuellen Berechnungen bis 2025 noch weiter verschärfen. Zur Umsetzung dieses Ziels muss es also höchste Priorität haben, Berufe im Bildungs- und Erziehungsbereich attraktiv zu machen und so viele für eine Ausbildung oder ein Studium zu gewinnen. Eine angemessene Bezahlung muss dafür Hand-in-Hand mit einer adäquaten Ressourcenausstattung der jeweiligen Einrichtung gehen.“

Kaum behandelt würden im Koalitionsvertrag hingegen die beiden größten Herausforderungen für Schulen: Integration und Inklusion. Beckmann kommentiert: „Inklusion wird vorausgesetzt. Es wird von ‚inklusiver Bildung‘ gesprochen, ohne die tatsächliche Schulrealität zu beachten. Wir sind mitten in einem Prozess und die Bildungseinrichtungen brauchen notwendige Gelingensbedingungen, damit die Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention umgesetzt werden können. Ja, Bildung ist Ländersache – aber der Bund darf sich nicht raushalten! Wer Inklusion möchte, darf die Länder bei der Umsetzung nicht im Regen stehen lassen. Es braucht auch auf diesem Feld eine gemeinsame Kraftanstrengung von Bund, Ländern und Kommunen.“ Positiv bewertet Beckmann, dass „gemeinsam mit den Ländern die besonderen Herausforderungen von Schulen in benachteiligten sozialen Lagen und mit besonderen Aufgaben der Integration“ aufgegriffen werden sollen.

Was immer das auch konkret bedeutet – Hermann Gröhe wird es (hoffentlich) bald wissen. bibo / Agentur für Bildungsjournalismus

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