Rund 24.000 Berliner Grundschüler waren im vergangenen Jahr in Deutsch und Mathematik getestet worden. Die aktuellen Ergebnisse von VERA 3, so heißt es in dem Bericht des “Tagesspiegels”, zeigten ein bestürzendes Maß an Fehlleistungen. Drei Viertel der im Schnitt Neunjährigen würden nicht den von der Kultusministerkonferenz gesetzten Regelstandard im Bereich der Rechtschreibung schaffen (Stufe drei von fünf). Die Hälfte bleibe dabei sogar unter den Mindestanforderungen – sie lägen somit auf der untersten der fünf Kompetenzstufen. Ein weiteres Viertel erreiche nur den „Mindeststandard“, also Stufe zwei.
Auch wenn man allein die Kinder mit deutscher Herkunftssprache betrachte, sehe das Bild kaum besser aus: Von ihnen lägen immer noch 40 Prozent auf der schlechtesten Stufe – und nur fünf Prozent schaffen den „Optimalstandard“, lägen also in der Leistungsspitze. Bei den Kindern anderer Herkunftssprachen lägen 60 Prozent unter dem Mindeststandard. „Ein Großteil der Drittklässler hat somit schlechte Chancen, innerhalb des einen verbleibenden Jahres die KMK-Lernziele zu erreichen: Die Basiskenntnisse fehlen“, so heißt es in dem Bericht.
Beim Lesen sehe es etwas besser aus: Hier blieben 30 Prozent unter Stufe drei, dem Mindeststandard. Immerhin 18 Prozent erreichten die beste Stufe. In Mathematik würden nicht einmal zehn Prozent der Schüler zur Spitzengruppe gehören – mehr als ein Drittel hingegen schaffe nicht mal die einfachsten Aufgaben (bei den nicht-deutschsprachigen Kindern sogar die Hälfte).
Inkompetente Grundschullehrer?
Für konservative Medien wie die „Welt“ ist die Verantwortung für das Desaster bereits klar: Die (Grundschul-)Lehrer sind schuld. So berichtet das Blatt: „Bildungsexperten führen die schlechten Rechtschreibkenntnisse deutscher Schüler auf eine zu lange Anwendung der Methode ‚Schreiben lernen nach Gehör‘ zurück. Sie wurde vor einigen Jahren in allen Bundesländern eingeführt und erlaubte den ABC-Schützen in den ersten Grundschuljahren, statt ‚Butter‘ ‚Buda‘ zu schreiben, statt ‚Tor‘ ‚Toa‘.“ Weiter heißt es in dem Bericht: „Eltern sollten nicht korrigieren, damit die Kinder nicht die Lust verlieren. Dass die Kinder das Bewusstsein für die richtige Schreibweise verlieren beziehungsweise gar nicht erst erlangen, wurde Lehrern erst allmählich klar.“
CDU-Bildungspolitiker wie die Baden-Württembergische Kultusministerin Susanne Eisenmann und Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien stoßen bereits seit Wochen in das gleiche Horn (ungeachtet der Tatsache, dass sich Schleswig-Holstein in den letzten Vergleichstests verbessert zeigte). Wie eine Methode aus den 70-er Jahren schuld daran sein kann, dass sich einzelne Bundesländer seit 2011 drastisch verschlechtert haben (die davor aber zum Teil Spitzenleistungen aufwiesen, wie überhaupt die deutschen Grundschulen bei ILGU und TIMSS noch vor fünf Jahren zur Weltspitze gehörten), dazu gibt es keine Erklärung – auch im aktuellen „Welt“-Bericht nicht. Kein Wort ist dort auch zu den durch die Inklusion, die Integration und den Lehrermangel in den vergangenen Jahren massiv gestiegenen Belastungen für die Kollegien zu lesen. bibo / Agentur für Bildungsjournalismus