FRANKFURT/MAIN. Immer mehr Vorgaben von oben, immer mehr verhaltensauffällige und/oder förderbedürftige Schüler, immer weniger Zeit: Am Dienstag protestierten Hunderte von Lehrkräften vor dem Landtag in Saarbrücken gegen ihre katastrophalen Arbeitsbedingungen. Jetzt ist Hessen dran: Die GEW kämpft dort mit Demos und Kundgebungen für ihr «Sofortprogramm» für eine bessere Bildung. Zentrale Forderung ist ein Ruf nach mehr Lehrerstellen. Im Saarland war ein Brandbrief einer Gesamtschule der Aktion vorausgegangen (News4teachers berichtete). In Hessen hatten sogar Dutzende von Schulen mit einem Brandbrief auf ihre Not hingewiesen.

Lehrer, Schüler und Eltern wollen an diesem Samstag (22.9.) bei zwei «Bildungsdemos» in Kassel und Frankfurt auf die Straße gehen. Zu dem Protest hat die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft aufgerufen. Der GEW gehe es um bessere Bedingungen in den Kitas, an den Schulen und Hochschulen, kündigte die hessische Vorsitzende Maike Wiedwald in Wiesbaden an. Allein in Kassel werden nach Angaben der GEW Nordhessen bis zu 1000 Teilnehmer erwartet. In Frankfurt wird nach Angaben des Ordnungsamtes mit 3000 bis 5000 Demonstranten gerechnet.
Die Gewerkschaft macht sich unter anderem für ein «Sofortprogramm» für die Bildung stark, in das 500 Millionen Euro fließen sollen. Das Geld soll aus dem reformierten Länderfinanzausgleich kommen. Außerdem setzt sich die GEW für eine neue Vermögenssteuer ein. Gemeinsam mit dem hessischen Landeselternbeirat und der Landesschülervertretung fordert die Gewerkschaft unter anderem:
Mehr Lehrer gegen Unterrichtsausfall
Auch mit der 104-prozentigen Lehrerversorgung in Hessen könne man sich nicht zufrieden geben, sagte die stellvertretende Landesschulsprecherin Hannah Kriebel am Dienstag in Wiesbaden. In die Zahl sei nicht eingerechnet, dass Lehrer krank werden oder auf Fortbildung sind. Kriebel forderte, dass auch Vertretungsstunden von Fachlehrern gehalten werden, damit die Klasse im Unterrichtsstoff weiterkommt. «Wir erwarten, dass Lehrkräfte eingestellt werden, die qualifiziert sind», ergänzte Wiedwald.
Kleinere Klassen
Lehrermangel und steigende Schülerzahlen lassen die Klassengrößen laut Warnungen der GEW derzeit wieder wachsen – besonders in den Ballungsräumen. Dadurch werde es schwerer, den Bedürfnissen der einzelnen Schüler gerecht zu werden, mahnte die GEW-Vorsitzende. «Nicht zuletzt die Umsetzung der Inklusion sowie die Sprachförderung erfordern kleinere Lerngruppen.» Auch wachse die Belastung für die Lehrer mit der Klassengröße.
Lehrkräftearbeitszeit reduzieren
Die Arbeitszeit der Lehrkräfte in Hessen ist nach Ansicht der GEW zu hoch. Die Gewerkschaft fordert daher, in einem ersten Schritt die Zahl der Pflichtstunden um eine halbe Stunde zu reduzieren. Außerdem müssten Grundschullehrer ein besseres Gehalt bekommen – das würde auch die Suche nach Nachwuchskräften erleichtern.
Mehr Erzieher in den Kitas
Bis zum Jahr 2021 sollte Hessen gut 3500 zusätzliche Erzieher in den Kindertagesstätten einstellen, fordert die Gewerkschaft. Damit nähere sich das Land dem pädagogisch empfohlenen Personalschlüssel zumindest an.
Bereits im vergangenen Jahr hatten zwei Drittel der Grundschulleitungen in Frankfurt in einem gemeinsamen dreiseitigen Brief an Hessens Kultusminister Alexander Lorz (CDU) die Lage drastisch geschildert: Bei 25 Kindern in einer Klasse seien mitunter 20 ohne ausreichende Deutschkenntnisse eingeschult worden. Die Familien der Kinder kämen aus verschiedenen Kulturkreisen, ihre Elternhäuser seien extrem heterogen. Viele würden elterliche Aufgaben wie die Erziehung zu Umgangsformen, die medizinische Versorgung und die Ernährung an die Schulen abtreten. Daraus erwachse für die Lehrer „eine kaum zu bewältigende Arbeitsbelastung sowohl in zeitlicher als auch in psychischer Dimension“, schrieben die Schulleiter. Und jetzt kommt auch noch der Lehrermangel hinzu. News4teachers / mit Material der dpa
