Würden Sie ihr Kind ermutigen, Lehrer zu werden? In Deutschland würden das „sicher“ nur fünf Prozent der Bürger tun, weitere 15 Prozent „wahrscheinlich“ – andererseits: Zehn Prozent der Deutschen würden ihren Kindern den Lehrerberuf „sicher nicht“ empfehlen, weitere 25 Prozent „wahrscheinlich nicht“. Bleiben rund 40 Prozent Unentschlossene. Dies sind Ergebnisse des „Global Teacher Status Index“, einer großangelegten Studie der Varkey Foundation, für die 40.000 Menschen in 35 Staaten befragt wurden, darunter 5.000 Lehrkräfte.
Der schlechte Wert, mit dem Deutschland in der Nähe von Staaten wie Ägypten oder Brasilien liegt, korrespondiert mit der Einschätzung, dass Schüler in Deutschland wenig Respekt vor ihren Lehrern haben. Diese Ansicht vertreten mehr als 40 Prozent der Deutschen, während lediglich knapp 20 Prozent davon ausgehen, dass Schüler ihre Lehrer im Großen und Ganzen respektieren. Mit dem Einkommen hat das Image des Berufs dagegen augenscheinlich wenig zu tun: Auch kaufkraftbereinigt liegen die deutschen Lehrer jedenfalls mit ihren Einstiegsgehältern im internationalen Vergleich hinter der Schweiz an der Spitze, so heißt es im „Global Teacher Status Index“.
“Nicht überraschend”
Der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Heinz-Peter Meidinger, hat eine Erklärung dafür, dass das Lehramt trotz großer sozialer Sicherheit in Deutschland so wenig attraktiv erscheint: „Das ist angesichts der schlechten Rahmenbedingungen, der generellen Überforderung vieler Lehrer nicht überraschend“, sagte er gegenüber dem „Handelsblatt“. Das schlechte Renommee liege auch an der Arbeitszeit, die im europäischen Vergleich eine der höchsten ist, sagte Meidinger. Tatsächlich gaben deutsche Lehrer in der Studie an, wöchentlich knapp 45 Stunden zu arbeiten – nur in Großbritannien, wo es 51 sind, liegt die angegebene Lehrerarbeitszeit höher. Dazu komme, so Meidinger, dass es für Lehrer in Deutschland kaum Aufstiegschancen gebe. Selbst Schulleiter verdienten im Mittel nur rund 200 Euro mehr monatlich als gleich alte Kollegen, so rechnet er vor.
Der Bundesverband der Lehrkräfte für Berufsbildung schlägt in die gleiche Kerbe. „Lehrkräfte brauchen Leistungsanreize. Mit dreißig Jahren in eine Gehaltsgruppe einzusteigen, die man mit 60 immer noch hat, ist nicht besonders motivierend. Es bedarf eines Systems an Beförderungen und es sollte Prämien und Zulagen geben“, fordert Bundesvorsitzender Joachim Maiß. Sein Co-Vorsitzender Eugen Straubinger ergänzt: „Materielle Anreize sind wichtig. Lehrkräfte wollen jedoch vor allem Anerkennung. Dann und wann spricht ein Bundespräsident diese aus. Aber das reicht nicht! Es ist jetzt Handeln angesagt. Wir setzen auf die Politik, wir erwarten eindeutige politische Signale.“
Die Bedingungen für die Lehrkräfte an beruflichen Schulen müssen sich spürbar verbessern – so fordert der Verband mit Blick auf die eigene Klientel. Dazu zählen eine Verringerung der Unterrichtsverpflichtung, kleinere Klassen und bessere Beförderungsmöglichkeiten. „Unsere Lehrkräfte, die diese umfangreichen Aufgaben bewältigen, haben höchsten Respekt und Dank verdient. Hier besteht höchster Handlungsbedarf, um auch in Zukunft an beruflichen Schulen einen erfolgreichen und zukunftsorientierten Unterricht sicherzustellen. Wir brauchen mehr junge Menschen, die sich für ein Lehramt an beruflichen Schulen entscheiden“, so Straubinger.
Tatsächlich ist der Lehrermangel an den Berufsschulen besonders hoch – und wird in den nächsten Jahren noch steigen. Aber auch für andere Schulformen, insbesondere Grundschulen, wird händeringend Lehrernachwuchs gesucht. Die Länder Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen haben bereits Werbekampagnen für den Lehrerberuf gestartet (News4teachers berichtete). Für Lehrerverbandschef Meidinger ist das vergebene Liebesmüh‘, solange die Bedingungen nicht wirklich verbessert werden. Die nennt Meidinger schlicht: „Abschreckend.“
Hier geht es zum „Global Teacher Status Index“ der Varkey Foundation.
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