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Verlierer der modernen Arbeitswelt? – Hauptschüler blicken verunsichert in die Zukunft

MÜNCHEN. Der Ausbildungsmarkt präsentiert sich für Bewerber so entspannt wie seit Langem nicht mehr. Für Hauptschüler allerdings bleiben die Aussichten zumindest ungewiss. Eine aktuelle Studie zeigt, dass sich nahezu die Hälfte der Jugendlichen, die kurz vor dem Hauptschulabschluss stehen, Sorgen um ihre berufliche Zukunft macht – deutlich mehr als vor fünfzehn Jahren.

Jeder vierte Jugendliche in Deutschland verlässt die Schule mit maximal einem Hauptschulabschluss – und die unsicheren, vor allem beruflichen, Zukunftsaussichten belasten immer mehr dieser jungen Menschen. Das zeigt eine repräsentative Studie des Deutschen Jugendinstituts (DJI), bei der bundesweit rund 1.200 Schüler, die sich kurz vor dem Hauptschulabschluss befinden, befragt wurden. Während in der aktuellen Erhebung fast die Hälfte der Jugendlichen verunsichert in ihre berufliche Zukunft blicken, waren es im Jahr 2004 lediglich 37 Prozent.

Hauptschülern sind viele Wege versperrt, ein weiterer Schulbesuch kann Türen öffnen. Foto: MabelAmber / Pixabay (CC0 1.0)

Die DJI-Forscher stützen sich auf Daten des hauseigenen Übergangspanels. In der Langzeiterhebung werden die Bildungs- und Ausbildungswege von Jugendlichen mit Hauptschulabschluss ausgehend vom letzten Pflichtschuljahr über mehrere Jahre nachverfolgt

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„Dieses Ergebnis weist darauf hin, dass sich trotz der steigenden Zahl an unbesetzten Lehrstellen bei Jugendlichen mit Hauptschulabschluss große Unsicherheiten zeigen“, sagt Studienleiterin Birgit Reißig. Besonders betroffen seien junge Frauen und Männer mit Migrationshintergrund. Zwei Drittel von ihnen zeigten sich bei den Befragungen unsicher hinsichtlich der Berufswahl.

Pro Bewerber eine Stelle: Chancen auf Ausbildungsplatz so gut wie seit Jahren nicht mehr

Bereits zwischen 2004 und 2009 untersuchte das DJI den Übergang von der Schule in die berufliche Ausbildung bei Jugendlichen mit Hauptschulbildung. Auch damals zeigten sich schon oft Probleme. Mit der neuen Studie wird auf eine neue Generation in den Blick genommen. Für diese Kohorte von Jugendlichen werteten die Forscher die Daten hinsichtlich der Frage aus, wie sich die vielfältig geänderten Rahmenbedingungen auf ihre Integration in den Arbeitsmarkt auswirken – etwa der demografische Wandel, der Fachkräftemangel oder der Trend zu höherwertigen Schulabschlüssen.

Von Schulabgängern, die höchstens einen Hauptschulabschluss haben, erhält in Deutschland nur rund die Hälfte eine vollwertige Ausbildungsstelle. Obwohl sich der Anteil der unbesetzten Ausbildungsstellen in den vergangenen zehn Jahren auf 8,8 Prozent mehr als verdoppelt hat, haben sich die Einstiegschancen für Jugendliche mit Hauptschulabschluss kaum verbessert. 36 Prozent der befragten Jugendlichen planen deshalb einen weiteren Schulbesuch.

Vorbehalte, die diese Jugendlichen als Bildungsverlierer ohne Interesse an Bildung abstempeln sind nach Ansicht der Studienautoren unberechtigt. Im Hinblick auf die Schullaufbahn von Hauptschülern habe sich gezeigt, dass Potenziale schulischer Sozialbeziehungen und schulischer Förderung vielfach unausgeschöpft blieben, insbesondere beim angestrebten Erwerb des mittleren Schulabschlusses. Die stärkere Konzentration von schulischen Lernförderangeboten in der Klassenstufe 10 spreche dafür, dass die individuelle Förderung eher kurz- als langfristig angelegt zu sein scheint.

„Eine Reihe von Jugendlichen geht dabei allerdings weiter zur Schule, weil ihnen die beruflichen Pläne fehlen, nicht weil sie einen konkreten höherwertigen Beruf anstreben“, problematisiert DJI-Wissenschaftlerin Reißig. Gerade dem aktuellen Strukturwandel der Arbeit stünden Hauptschüler verunsichert gegenüber, die moderne Arbeitswelt wirke auf sie mehr und mehr als sozial destabilisierend, und exkludierend. Hinzu komme, dass Qualitätsverluste bei den Arbeitsbedingungen vorrangig den niedrigeren Qualifikationsbereich träfen. Der Berufsorientierung komme deshalb eine wichtige Rolle zu. Dabei gehe es nicht nur darum, verschiedene Praktika als Teil des letzten Schuljahres anzubieten, wie beispielsweise in Berufsstarter- und Praxisklassen, sondern auch darum die Chancen und Risiken des flexibler werdenden Arbeitsmarkts zu vermitteln. (zab, pm)

• Die Ergebnisse der Studie sind unter dem Titel „Was kommt nach der Schule. Wie sich Jugendliche mit Hauptschulbildung auf den Übergang in die Ausbildung vorbereiten“ erschienen.

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