KIEL. Schreiben mangelhaft: Jeder fünfte Schüler in Schleswig-Holstein beherrscht zum Ende der Grundschule nicht die Mindeststandards. Bildungsministerin Prien will das mit einem Bündel an Maßnahmen ändern. Unterstützen soll sie dabei das Mercator Institut für Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache der Universität Köln – das sich allerdings gegen ein pauschales Verbot der Methode “Lesen durch Schreiben” wendet, wie Prien es de facto erlassen hat.
Zu viele Grundschüler in Schleswig-Holstein haben nach Auffassung von Bildungsministerin Karin Prien (CDU) Defizite beim Schreiben. «Zu viele Mädchen und Jungen verlassen die Grundschule nach vier Jahren, ohne richtig schreiben zu können – das können wir nicht länger zulassen», sagte Prien. «Wir müssen bei diesen Basis-Qualifikationen besser werden und wollen dies mit einem Bündel an Maßnahmen erreichen.» Eine Studie des Instituts zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) habe 2016 ergeben, dass 21,8 Prozent der Grundschüler im Norden nicht die Mindeststandards erreicht hätten.
«Für mich ist das inakzeptabel, auch wenn Schleswig-Holstein damit im bundesdeutschen Durchschnitt liegt», sagte Prien. «Bis zum nächsten Bildungstrend 2021 streben wir in Schleswig-Holstein deutlich bessere Werte an.»
Ein Schwerpunkt der Maßnahmen ist die Fortbildungsinitiative «Orthographie lehren und lernen an Grundschulen». Dabei arbeiten die drei Länder Schleswig-Holstein, Hamburg und Baden-Württemberg zusammen, damit die Lehrkräfte an Grundschulen den Kindern die Orthographie besser vermitteln. Nach einer Fachtagung im vergangenen Dezember in Norderstedt sind eine Fortbildungsreihe sowie fünf sogenannte Webinare geplant. Dabei können Lehrer im Internet an den Fortbildungen teilnehmen. Schwerpunkte sind Schrift und Orthographie, Schrifterwerb, Diagnose, Rechtschreiben im Unterricht und Rechtschreibkompetenz.
Wissenschaftliche Begleitung
Zusätzlich wird eine Internetplattform mit Materialien und Webinar-Aufzeichnungen erstellt. Das Mercator Institut für Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache der Universität Köln übernimmt unter anderem die wissenschaftliche Begleitung der länderübergreifenden Fortbildung.
Bemerkenswert: Dessen Leiter, der renommierte Deutsch-Didaktiker Prof. Dr. Michael Becker-Mrotzek, hatte sich angesichts der Debatte um “Lesen durch Schreiben” im vergangenen September gegen ein generelles Methodenverbot gewandt. Viel wichtiger sei es, dass Lehrkräfte die Methoden auf ihre Schüler abstimmen.“Leistungsstarke Kinder lernen Lesen und Schreiben selbständig und unabhängig von der Methode. Schwächere Schüler benötigen mehr Struktur und Unterstützung. Gerade im ersten Schuljahr ist es sinnvoll, den Schülern einen leichten Zugang zur Schrift zu ermöglichen, indem sie die Laute schreiben, die sie hören. Die korrekte Rechtschreibung muss darauf aufbauend vermittelt werden”, so erklärte er. Prien dagegen hat den Grundschulen in Schleswig-Holstein de facto “Lesen durch Schreiben” verboten (siehe Beitrag unten).
Seit dem Schuljahr 2018/19 lernen Grundschüler in Schleswig-Holstein auch wieder eine Schreibschrift. In der ersten Klasse wird eine unverbundene Schrift – Druckschrift also – als Erstlese- und -schreibschrift eingeführt, danach erfolgt im Laufe der Eingangsphase eine verbundene Schrift – die lateinische Ausgangsschrift oder Schulausgangsschrift. Die Schulkonferenzen entscheiden, welche der verbundenen Schriften an der Schule verwendet wird. Die Druckschrift ist nach wie vor als erste Lese- und Schreibschrift vorgesehen. Danach lernen alle Schüler eine verbundene Schreibschrift. «Es ist aber noch zu früh für Resultate», sagte Prien. News4teachers / mit Material der dpa
In einem Schreiben an alle Grundschulen in Schleswig-Holstein hatte die Ministerin bereits im Oktober 2017 über ihre wichtigsten Vorhaben in Sachen Rechtschreibung informiert.
Dabei hob sie insbesondere die Bedeutung des richtigen Schreibens und des Erlernens einer verbundenen Schrift hervor. Prien wies darauf hin, dass bereits in den derzeit gültigen Lehrplänen von 1997 dem richtigen Schreiben eine bedeutende Rolle zukomme und auch das Erlernen einer verbundenen Schrift (vereinfachte Ausgangsschrift) darin vorgesehen sei. Die Methode des “Lesens durch Schreiben” sei hingegen nicht mit den geltenden Lehrplänen zu vereinbaren, so hieß es ausdrücklich.
“Eine gute Grundschule ist von entscheidender Bedeutung für die gesamte Lernentwicklung und die Bildungskarriere unserer Schülerinnen und Schüler”, so hieß es in dem Brief. In der Grundschule sollten die Kinder eine solide Wissens- und Kompetenzbasis erhalten. “Deshalb überarbeiten wir zurzeit die Fachanforderungen für Deutsch und Mathematik für die Grundschulen noch einmal. Damit die Kinder von Anfang an das richtige Schreiben lernen, wird unter anderem ein Grundwortschatz von rund 800 Wörtern eingeführt, den jedes Kind am Ende der Grundschulzeit beherrschen soll. Das Erlernen der verbundenen Schreibschrift soll verpflichtend sein.”
Der Grundwortschatz wurde den Grundschulen mit Beginn des Schuljahres zur Verfügung gestellt. Sie können ihn zunächst freiwillig einsetzen, bevor er zum Schuljahr 2019/20 verpflichtend eingeführt werden soll. News4teachers
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