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Wie „Bild“ und Söder gegen eine Kita hetzen, die vorurteilsfrei Karneval gefeiert hat

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HAMBURG. Als Indianer oder Scheichs verkleidete Kinder? In einer Hamburger Kita sind diese Kostüme zur Faschingszeit in diesem Jahr unerwünscht gewesen. Die Leitung der Einrichtung im Stadtteil Ottensen hatte sich in einem Schreiben an die Eltern stattdessen für vorurteilsfreie Kostüme eingesetzt. «Wir achten im Kita-Alltag sehr auf eine kultursensible, diskriminierungsfreie und vorurteilsbewusste Erziehung» und das solle sich auch an Faschingstagen nicht ändern, hieß es. Deshalb bat sie um Verkleidungen, die keine Stereotype wie Geschlecht, Hautfarbe und Kultur bedienen. Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) empört sich derweil öffentlich über das Ansinnen. Die „Bild“-Zeitung schreibt von „Indianer-Kostüm-Irrsinn“.

Verkleidet sich selbst gern: Markus Söder – hier als Prinzregent Luitpold von Bayern (mit seiner Frau Karin Baumüller-Söder) Foto: Stefan Brending, Wikimedia Commons, CC by-sa-3.0 de

Wohl kaum jemand käme heutzutage noch auf die Idee, zu Karneval als „Neger“-Karikatur auf die Straße zu gehen. Im vergangenen Jahr benannte sich der Kölner Karnevalsverein  „Frechener Negerköpp“ um – statt mit schwarz geschminkten Gesichtern feiern die Jecken nun in Tierkostümen. Aus gutem Grund, wie das Informations- und Dokumentationszentrum für Antirassismusarbeit in NRW (IDA-NRW) beschied. „Die Vereinsbezeichnung ‘Negerköpp’ hielt ein altes, unwürdiges Afrika-Bild am Leben, das schwarze Menschen diffamiert“, sagte IDA-NRW-Leiterin Karima Benbrahim gegenüber dem WDR. Mit solchen Vereinsnamen werde eine Normalität geschaffen, die es scheinbar erlaube, schwarze Menschen abwertend zu benennen.

Entsprechend steht die Trägerin der Hamburger Kita, die städtische Elbkinder Vereinigung Hamburger Kitas, hinter dem Schreiben an die Eltern, in dem um stereotypfreie Verkleidungen gebeten wird. «Es geht dabei überhaupt nicht darum, die Moralkeule zu schwingen», sagte die pädagogische Geschäftsführerin Franziska Larrá am Dienstag auf Anfrage. Vielmehr gehe es um Sensibilisierung. «Wir wollen inklusiv sein und nicht mit Stereotypen Menschen verletzen.» Eine Faschingsvorgabe an die 185 Elbkinder-Kitas habe es nicht gegeben. Von einem Verbot könne also keine Rede sein.

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Söder: Wir müssen wieder vernünftig werden

In seiner Rede beim politischen Aschermittwoch der CSU empörte sich Söder trotzdem über die Initiative der Kita – nachdem die “Bild”-Zeitung auf der Titelseite über den “Irrsinn” berichtet (und in ihrer Überschrift falsch behauptet hatte, “Erste Kita verbietet Indianer-Kostüme”). „Wenn die Welt wüsste, über welchen Quatsch wir streiten, hätte die Welt keinen Respekt vor uns. Wir müssen wieder vernünftig werden“, polterte Söder.

Allerdings hat überhaupt niemand in der Hamburger Kita über das Ansinnen stereotypfreier Kostüme gestritten. Beschwerden über den Wunsch der Kita-Leitung, Fasching ohne Indianer und Scheichs feiern zu wollen, habe es nicht gegeben, sagte Larrá. Im Gegenteil: «Es haben sich bei der Leitung nur Eltern gemeldet, die das total gut fanden. Die haben sich gefreut, dass dafür eine Sensibilität geschaffen wurde.» Ob am Ende doch Scheichs oder Indianer auf der Faschingsfeier in Ottensen waren, konnte Larrá nicht sagen: «Wenn ein Indianer gekommen ist, ist er sicherlich willkommen gewesen.» News4teachers / mit Material der dpa

Der Beitrag wird auch auf der Facebook-Seite von News4teachers diskutiert.

Ein Leser hat auf der Facebook-Seite von News4teachers einen längeren Beitrag veröffentlicht. Darin heißt es:

 

Rassismus-Debatte: Biologie-Lehrplan sieht vor, dass Schüler „Merkmale von europiden, negriden und mongoliden Menschen“ lernen

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