BERLIN. Abiturzeit ist Stresszeit, und nicht immer sind die Schüler mit den Aufgaben zufrieden. Doch nach der Prüfung in Mathematik am vergangenen Freitag protestieren Schüler zahlreicher Länder. Auf Lehrerseite zeigt man sich uneinig: Der Bayerische Lehrerinnen- und Lehrerverband kann den Ärger der Schüler nachvollziehen. Der Deutsche Leherverband sowie die Philologen in Sachsen-Anhalt weisen die Kritik hingegen zurück. Alle von Protesten betroffenen Bundesländer bedienen sich zum Zentralabitur in mehreren Fächern aus gemeinsamen Aufgaben-Pools.
Schüler von sieben Bundesländern, die sich allesamt aus einem gemeinsamen Aufgabenpool bedient haben, wehren sich gegen angeblich zu schwere Abiturprüfungen im Fach Mathematik. In Bayern, Niedersachsen, Bremen, Hamburg und dem Saarland sowie in Mecklenburg-Vorpommern, Berlin, Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt beschwerten sie sich mit Online-Petitionen darüber.
So heißt es in einer an das bayerische Kultusministerium gerichteten Petition: «Wir Abiturienten bitten darum, den Notenschlüssel des Mathematik-Abiturs in Bayern 2019 zu senken und dem Schwierigkeitsgrad anzupassen.» Begründet wird dies mit Aufgabenstellungen, die vorher kaum einer gesehen habe, dies betreffe vor allem Geometrie und Stochastik. Bis zum Montagachmittag hatten fast 60.000 die Online-Petition unterschrieben.
In einer Petition Hamburger Schüler an die Schulbehörde heißt es, die Anforderungen seien nicht erfüllbar gewesen. Dort unterstützten bis Sonntagnachmittag etwa 1800 Menschen die Initiative auf der Plattform OpenPetition. Niedersächsische Schüler forderten in ihr Petition an das Kultusministerium «eine sofortige Stellungnahme und eine gerechte Lösung». Mehr als 10.000 Menschen unterstützten dies bis Montagnachmittag. Im Saarland erreichte eine ähnliche Petition bis Sonntagabend über 3300 Unterstützer, in Thüringen bis zum Nachmittag 2300, in Mecklenburg-Vorpommern 2000.
Kultusministerien sagen Prüfung zu
In Bayern und Niedersachsen kündigten die Kultusministerien an, die Prüfung zu überprüfen. Bayerns Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) sagte auf Anfrage: «Wir nehmen das natürlich ernst und werden das sorgfältig prüfen.» Bereits an diesem Montag wolle er mit Experten seines Ministeriums darüber sprechen. Einbezogen werden sollen auch Lehrkräfte und Fachberater. In Niedersachsen erklärte ein Sprecher des Kultusministeriums: «Wir werden uns die Petition anschauen und dann die Aufgaben fachlich prüfen lassen.» In Hamburg wies der Sprecher der Schulbehörde darauf hin, dass die Prüfung erst Freitag war. Seine Behörde habe noch keine Rückmeldung bekommen
Unterstützung bekamen die Schüler vom Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV). Verbandspräsidentin Simone Fleischmann sagte im Gespräch, in einem Teil der Prüfung habe es sehr viel – auch unnötigen – Text gegeben. «Eklatant viele» Schüler seien deswegen nicht rechtzeitig fertig geworden. Der Vorsitzende des Verbands Bildung und Erziehung (VBE), Udo Beckmann, sagte: «Man muss die Kritik ernst nehmen.» Wenn sie berechtigt sei, könne der Schlüssel bei den Bewertungen angepasst, die Prüfungen also weniger streng bewertet werden. Es könnten aber auch Prüfungen neu abgelegt werden.
Der Deutsche Lehrerverband sieht keine Anzeichen, dass die Aufgaben zu schwierig waren. «Im Internet lässt sich Erregung sehr schnell mobilisieren. Deshalb sollten wir abwarten», sagte Präsident Heinz-Peter Meidinger, Leiter eines Gymnasiums im niederbayerischen Deggendorf, der «Rhein-Neckar-Zeitung». «Ohne dem endgültigen Bewertungsergebnis vorwegzugreifen: Die Tendenz zeigt für Bayern, die Notenresultate bewegen sich im durchschnittlichen Bereich der Abi-Prüfungen in Mathematik.»
Die Aufgaben seien anspruchsvoll, entsprächen aber dem Lehrplan, meinte auch der Landeschef des Philologenverbands Sachsen-Anhalt, Thomas Gaube, gegenüber dem Radiosender MDR Aktuell. Von den Fachkollegen habe es, anders als im vorigen Jahr, keinen Aufschrei gegeben. Im Frühjahr 2018 hatten Lehrer in Sachsen-Anhalt moniert, manche Aufgaben auf Leistungskurs-Niveau seien nicht lösbar gewesen. Das Bildungsministerium wies die Vorwürfe seinerzeit nach einer Überprüfung als unbegründet zurück. Laut Gaube, der selbst Mathematiklehrer ist, gab es in diesem Jahr wieder Aufgaben in der Wahrscheinlichkeitsrechnung nach ähnlichem Muster. «Insofern waren unsere Schüler und auch die Kollegen ganz sicher nicht überrascht.» Es könne jedoch immer wieder vorkommen, dass ein Kollege die Schüler nicht so optimal auf einzelne Aufgabenformate vorbereite. News4teachers / mit Material der dpa
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