BAUTZEN. Für Sachsens Schüler gibt es im Zeugnis wie zu DDR-Zeiten Kopfnoten für Betragen, Fleiß, Mitarbeit und Ordnung. Nach einer Gerichtsentscheidung wird das erst einmal so bleiben. Den Meinungsstreit beruhigt das nicht.

Kopfnoten für sächsische Schüler sind bis auf weiteres rechtens. Mit einer am Montag bekannt gewordenen Entscheidung des Oberverwaltungsgerichtes in Bautzen wurden die Noten für Betragen, Fleiß, Mitarbeit und Ordnung für zulässig erklärt. Damit gab das Gericht am Montag einer Beschwerde des Landesamtes für Schule und Bildung gegen eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Dresden von Ende November 2018 statt.
Die Dresdner Richter hatten seinerzeit auf Antrag eines Oberschülers entschieden, dass Kopfnoten sein Recht auf freie Berufswahl einschränken könnten und deshalb nicht per Rechtsverordnung des Kultusministeriums, sondern nur per Landesgesetz geregelt werden könnten. Der Schüler, der sich mit seinem Neunte-Klasse-Zeugnis um eine Ausbildung bewarb, wollte damals per Eilantrag ein Zeugnis ohne Kopfnoten ausgestellt bekommen.
Kultusminister Christian Piwarz (CDU) zeigte sich am Montag erfreut über die Entscheidung des OVG. «Eine Bewertung der sozialen Kompetenzen von Schülern hat für mich nie zur Disposition gestanden. Schule hat auch einen Erziehungsauftrag. Schon allein deshalb ist eine Einschätzung der sozialen Kompetenzen von Schülern nicht nur legitim, sondern zwingend notwendig», erklärte der Minister.
Nach Ansicht des OVG können auch Kopfnoten Rückschlüsse auf das Arbeits- und Sozialverhalten eines Schülers zulassen. Aber dennoch dürften sie bei Bewerbungen wesentlich weniger bedeutsam sein als die Leitungsnoten und sich daher nicht oder allenfalls indirekt auf die freie Berufswahl auswirken, hieß es. Dies sei allerdings erst in einem Hauptsacheverfahren abschließend zu klären.
Die Entscheidung der Richter in Bautzen stieß auf ein geteiltes Echo. «Es ist gut, dass das OVG Bautzen die Zweifel an der Zulässigkeit von Kopfnoten ausgeräumt hat», lobte CDU-Generalsekretär Alexander Dierks. «Wir legen Wert darauf, dass Bildung an sächsischen Schulen nicht nur das reine Aneignen von Faktenwissen bedeutet. Bildung soll die persönliche Freiheit ebenso herausbilden, wie die Fähigkeit mit ihr verantwortungsvoll umzugehen.»
Wie wichtig sind denn Kopfnoten?
Die Grünen zeigten Verständnis für den Kläger. «Entweder sind Noten wichtig für die Beurteilung. Dann sollten sie auch durch den Gesetzgeber und nicht durch die Verwaltung geregelt werden. Oder einzelne Noten sind weniger wichtig. Dann ist die Frage, wozu und auf welcher Grundlage sie erteilt werden, mehr als berechtigt», erklärte die Landtagsabgeordnete Petra Zais. Mit Blick auf die Berufswahl könnte das dann auch andere Fächer betreffen. Es sei gut, dass es nun ein Hauptsacheverfahren zur Klärung dieser Frage gibt.
Für die SPD wirft der OVG-Beschluss des «mehr Fragen auf, als er beantwortet». Sollte sich im Hauptsacheverfahren erweisen, dass Kopfnoten doch höhere Bedeutung zugemessen wird, gehe es ans Eingemachte», sagte SPD-Bildungsexpertin Sabine Friedel. «Denn dann braucht es auch für solche Noten objektivierbare Bewertungsmaßstäbe, ähnlich wie es sie in Mathematik, Biologie oder Chemie gibt – damit die Bewertung der Schüler nicht “nach Nase” erfolgt.»
Die FDP begrüßte die Entscheidung der Richter in Bautzen. «Denn es ist wichtig, dass die Schüler auch eine Einschätzung ihrer sozialen Kompetenzen bekommen. Das gehört einfach zu einer Schule, die auf das Leben vorbereiten soll, mit dazu», betonte der Landesvorsitzende Holger Zastrow. «Leistungslose Kuschelpädagogik» solle das Alleinstellungsmerkmal der Schulsysteme linksgeführter Bundesländer bleiben. dpa
Zur Frage, ob Kopfnoten sinnvoll sind, wurde auch auf der Facebook-Seite von News4teachers diskutiert.
Schüler klagt gegen Kopfnoten – und bekommt Recht vom Verwaltungsgericht

