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Reaktionen auf IQB-Bildungstrend – Meidinger: Gymnasien werden vernachlässigt

BERLIN. Die Lehrerverbände haben auf die Ergebnisse des aktuellen IQB-Bildungstrends mit Besorgnis reagiert. Für die GEW macht sich der Lehrermangel bei den Studienergebnissen bemerkbar. Dass die Gymnasien mit Ausnahme weniger Länder wie Sachsen und Bayern dieses Mal schlechter abgeschnitten haben als bei einer Vergleichsstudie von 2012, zeige die Vernachlässigung dieser Schulart in vielen Bundesländern, meint dagegen Heinz-Peter Meidinger, Präsident des Deutschen Lehrerverbands.

Zeigt sich besorgt angesichts des Lehrermangels: Heinz-Peter Meidinger, Präsident des Deutschen Lehrerverbands. Foto: Deutscher Philologenverband
Sieht Handlungsbedarf: Heinz-Peter Meidinger, Präsident des Deutschen Lehrerverbands (und selbst Leiter eines bayerischen Gymnasiums). Foto: Deutscher Philologenverband

Meidinger, selbst Direktor eines Gymnasiums in Bayern, betont: „Auffallend ist, dass mit Bayern und Sachsen gerade die beiden Bundesländer in der Lage sind, ihre Ergebnisse zu halten oder sogar zu verbessern, die am wenigsten an ihren Schulformen herumexperimentiert haben und am meisten auf ein differenziertes, begabungsgerechtes Schulsystem und den Leistungsgedanken setzen.“ Die Vernachlässigung des Gymnasiums in anderen Bundesländern lasse sich beispielsweise an zu geringen finanziellen und personellen Ressourcen für Begabungsförderung festmachen. Die Gruppe von Schülerinnen und Schülern in der höchsten Kompetenzstufe sei in Bayern und Sachsen deutlich höher als im Bundesdurchschnitt.

Meidinger: Leistungsstärkere Schüler nicht vernachlässigen

Meidinger forderte die Bundesländer auf, den Grundsatz der individuellen Förderung umfassend ernst zu nehmen und neben der Förderung leistungsschwächerer Schüler die leistungsstärkeren nicht zu vernachlässigen. Ein großes Problem bleibe, so der Lehrerverbands-Präsident, dass die Leistungen von Jungen mit Ausnahme des Faches Mathematik immer weiter hinter den Leistungsergebnissen von Mädchen hinterherhinken. Es gehe jetzt darum, die Ursachen aufzuklären und langfristige Gegenstrategien etwa im Rahmen der Medienerziehung zu entwickeln. Eine der Ursachen könnte das unterschiedliche Medienverhalten von Jungen und Mädchen sein.

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„Es ist Verdienst der vielen engagierten Lehrkräfte, Schulleitungen und weiteren pädagogischen Fachkräfte, dass die Leistungen der Schülerinnen und Schüler national betrachtet relativ stabil gehalten werden konnten. Bedenkt man, welche Herausforderungen in den letzten sechs Jahren an die Sekundarschulen herangetragen wurden, ist das eine Mammutaufgabe gewesen“, meint VBE-Bundesvorsitzender Udo Beckmann.

Seine Schlussfolgerung: „Auch der IQB-Bildungstrend 2018 zeigt, dass Bildungschancen weiter wohnortabhängig sind. Die im Grundgesetz verankerte `Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse` bleibt damit hohle Phrase. Das liegt aber nicht zuletzt auch an den sehr unterschiedlichen Ausgangsbedingungen. Bildungspolitik muss immer auch im Kontext gesehen werden: Je mehr Herausforderungen an Schulen herangetragen werden, desto mehr Ressourcen benötigen diese. Die Förderung mit der Gießkanne, die Verteilung gleicher Ressourcen entspricht nicht den tatsächlichen Gegebenheiten. Das beste Mittel, um Bildungsgerechtigkeit herzustellen, ist die Bereitstellung von Gelingensbedingungen für die individuelle Förderung. Das braucht aber deutlich mehr Ressourcen. Die Politik ist in der Pflicht. Das heißt aber auch: Maßnahmen, die vom Bildungsministerium erarbeitet werden, dürfen nicht beständig an dem Widerstand der Finanzministerien scheitern.“

GEW: Schülerarmut drückt auf die Ergebnisse – und der Lehrermangel

Die GEW hat ein „Bund-Länderprogramm gegen Bildungsarmut“ vorgeschlagen. „Die Armut von Kindern ist insbesondere in den Stadtstaaten ein großes Problem. Sie wirkt sich negativ auf den Lernerfolg aus. Wir haben kein Erkenntnisproblem: Politik muss die Konsequenzen aus den Daten ziehen und endlich handeln“, sagte Ilka Hoffmann, GEW-Vorstandsmitglied Schule, mit Blick auf den IQB-Bildungstrend. Sie machte deutlich, dass sich der dramatische Lehrkräftemangel schon jetzt in den Ergebnissen der Studie widerspiegele. Dieser Trend werde sich in den nächsten Jahren verstärken, wenn Politik nicht gegensteuert. Hoffmann mahnte eine Offensive in der Lehrkräfteausbildung und Qualitätsstandards in der Fort- und Weiterbildung von Quer- und Seiteneinsteigern an. „Eine höhere Qualität von Bildung wird durch Standards bei den Lernbedingungen, die Unterstützung der Unterrichtsentwicklung und massive Investitionen in eine gute Ausbildung der Lehrerinnen und Lehrer erreicht. Bildungsmonitoring darauf zu reduzieren, ob Bildungsstandards erreicht werden, reicht nicht“, betonte die GEW-Schulexpertin.

Philologen: Bestätigung für das gegliederte Schulsystem

Für den Philologenverband sind die Ergebnisse des IQB-Bildungstrends eine Bestätigung des gegliederten Schulsystems. „Dass die erzielten Kompetenzniveaus der Schülerinnen und Schüler in den verschiedenen Bundesländern immer noch so weit auseinanderklaffen, damit dürfen wir uns nicht abfinden“, meint die Vorsitzende Susanne Lin-Klitzing. „Bildungspolitisch gilt es, von Bayern und Sachsen lernen: Diese Länder sind mit ihren Schulsystemen dauerhaft erfolgreich. Sie haben ein stark gegliedertes Schulsystem. Sie haben eine verbindliche Grundschulempfehlung. Das haben alle Länder am unteren Leistungsrand nicht. Von Bayern und Sachsen lernen bedeutet: Schülerinnen und Schülern die besten Bildungschancen zu geben.“ News4teachers

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