DÜSSELDORF. Die Schulen sind geschlossen und die Schüler lernen zu Hause. Was ist mit den Abschlussprüfungen – finden die statt? Nach dem “Nein” aus Schleswig-Holstein will NRW darüber bis Freitag entscheiden und gemeinsam mit möglichst vielen Bundesländern vorgehen. An diesem Mittwoch ist eine Schaltkonferenz der Kultusministerkonferenz geplant. Berlins Bildungsenatorin Sandra Scheeres (SPD) erklärte, es sei sehr gut möglich, dass die Länder in diesem Jahr einen “alternativen Weg” zum Abitur verabreden müssten. Der VBE mahnt ein einheitliches Vorgehen an.
Die Kultusminister der Bundesländer wollen an diesem Mittwoch über das weitere Vorgehen bei den anstehenden Schulabschlussprüfungen in der Corona-Krise beraten. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur war für den Mittag eine Schaltkonferenz geplant, bei der es um das Durcheinander bei diesem Thema gehen sollte. Während Hessen und Rheinland-Pfalz weiter Abiturprüfungen stattfinden lassen, haben andere Länder das Abi und andere Abschlussprüfungen verschoben. Schleswig-Holstein will die Prüfungen sogar ganz ausfallen lassen.
“Abiturienten haben ein Recht auf faire Bedingungen”
Das bevölkerungsreichste Bundesland Nordrhein-Westfalen macht sich in der Kultusministerkonferenz für ein Abitur mit Prüfungen trotz der gegenwärtigen Schulschließungen in der Corona-Krise stark. «Es ist unser Ziel, auf der Grundlage von Prüfungen zu einem Abitur zu kommen», sagte der Staatssekretär im NRW-Schulministerium, Mathias Richter, am Mittwoch in Düsseldorf. Man befinde sich derzeit in intensiven Beratungen mit den anderen Bundesländern über das weitere Vorgehen beim Abitur.
«Nordrhein-Westfalen ist auf verschiedene Szenarien vorbereitet und wird in dieser Woche noch einen Vorstoß unternehmen, mit möglichst vielen Ländern einen gemeinsamen Weg einzuschlagen», hatte Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) zuvor erklärt. «Sollte dies nicht möglich sein, wird Nordrhein-Westfalen unabhängig davon seine Entscheidungen treffen und diese am Freitag vorstellen», heißt es in einer Erklärung Gebauers vom Dienstagabend.
Die bundesweite Einstellung des Unterrichts in allen Schulen infolge der Coronavirus-Ausbreitung sei unvermeidlich gewesen und stelle eine absolute Ausnahmesituation dar, erklärte Gebauer. Dies erfordere ein besonnenes und abgestimmtes Vorgehen aller Beteiligten. Die angehenden Abiturientinnen und Abiturienten hätten mit Blick auf ihren Schulabschluss ein Recht auf faire Bedingungen und transparente Entscheidungen. Sie betonte: «Ich kann den Wunsch nach einer raschen Entscheidung sehr gut nachvollziehen. Aber: Es braucht jetzt nicht die schnellstmögliche, sondern die bestmögliche Entscheidung.»
Bei den Planungen würden selbstverständlich auch alle weiteren Abschlussprüfungen berücksichtigt, wie die etwa 60.000 dezentral organisierten Abitur-, FHR- und Berufsabschlussprüfungen nach Landesrecht an den Berufskollegs und die Zentralen Abschlussprüfungen der Klasse 10, hieß es ergänzend aus dem NRW-Schulministerium.
Scheeres: Abitur-Verschiebung geht in vier Bundesländern nicht
Laut Berlins Bildungssenatorin Scheeres konnten sich Bundesländer mit spätem Start der Sommerferien mit einer Verschiebung zunächst etwas Zeit erkaufen. «Diese Option haben die vier Länder, deren Ferien im Juni schon beginnen, nicht», sagte sie. «Auch bei uns beginnen die Sommerferien planmäßig Ende Juni, für eine Verschiebung der Prüfungen fehlt damit der zeitliche Spielraum.» Berlin bereite sich sicherheitshalber zwar auch auf eine unverhofft positive Entwicklung der Lage vor, die reguläre Prüfungen an den ursprünglich geplanten Terminen erlauben würde – aber eben auch auf eine Absage.
Scheeres: «Denkbar ist zum Beispiel die An- und Hochrechnung bisheriger Leistungen in den Abifächern, eventuell mit einer zusätzlichen Gewichtung von Noten aus Prüfungssituationen.» Zu beachten sei in jedem Fall: «Eine gerechte Lösung benötigen auch diejenigen, die durchzufallen drohen und ihr Abi nun nicht mehr durch gute Prüfungen retten könnten.»
VBE: Akzeptanz des Bildungsförderalismus steht auf dem Spiel
„Ein bundeseinheitliches Vorgehen ist mit Blick auf die anstehenden Abschlussprüfungen an Schulen unerlässlich”, betont der Bundesvorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE), Udo Beckmann. „Vorrangig ist nicht, welche Regelungen man trifft, um Abschlüsse zu vergeben, sondern vielmehr, dass es bundeseinheitliche und nachvollziehbare Regelungen gibt.“
Beckmann sieht damit sogar den Bildungsföderalismus auf dem Prüfstand”. Wörtlich: „Es wird sich zeigen, ob die 16 Länder in der Lage sind, Regelungen zu treffen, die weitere Bildungsungerechtigkeiten vermeiden. Sollten die Menschen das Gefühl haben, dass durch unterschiedliche Vorgehensweisen in den Ländern bei der Vergabe von Abschlussprüfungen und des Abiturs Fairness und Chancengleichheit zusätzlich angegriffen werden, wird dies neue Diskussionen um die Richtigkeit des Bildungsföderalismus entfachen. 16 Alleingänge, aus denen uneinheitliche Voraussetzungen für die Schülerinnen und Schüler in Deutschland entstehen, um das Abitur, den mittleren Abschluss oder berufliche Abschlüsse zu erreichen, wird niemand verstehen.“
Elternverbände fordern Klarheit für die Abschlussprüfungen
Die Elternverbände in Nordrhein-Westfalen hatten zuvor Klarheit für die Abi- und Abschlussprüfungen ihrer Kinder gefordert. Die Landeselternschaft der Gymnasien NRW eta zeigte sich «befremdet und enttäuscht», dass die Bundesländer sich bisher nicht auf ein abgestimmtes Verhalten hätten einigen konnten. Sie kritisierte, dass mehrere Bundesländer mit einer Verschiebung des Abiturs vorgeprescht seien. «Wir sorgen uns daher um die Qualität und Integrität der Abiturprüfungen in diesen besonderen Zeiten», hieß es.
Formulierungen wie «Not-Abitur» oder «Kurz-Abitur» erweckten den Eindruck, dass der aktuelle Abiturjahrgang eine Prüfung ablegt, die gegenüber den Vorjahren minderwertig sei. Das müsse unbedingt vermieden werden. dpa
MAINZ. An den – eigentlich geschlossenen – Schulen in Rheinland-Pfalz stehen am (heutigen) Mittwoch die letzten regulären Abiturprüfungen an. Trotz der vielfältigen Einschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie kam es der Landesregierung zufolge bei den mündlichen Prüfungen in dieser und der vergangenen Woche zu keinen Problemen.
Das Bildungsministerium in Mainz sprach von einem sehr guten Verlauf: «Unsere Schulen, die Lehrkräfte und die Schülerinnen und Schüler haben schnell und flexibel reagiert und unter besonderen Bedingungen die Abiturprüfungen stattfinden lassen.»
Abifeiern finden nicht statt
Ausgelassene Abiturfeiern wie in den Vorjahren sind jedoch wegen der aktuellen Corona-Beschränkungen untersagt. Bund und Länder hatten sich am Wochenende darauf verständigt, dass für zunächst zwei Wochen Ansammlungen von mehr als zwei Menschen im privaten und im öffentlichen Raum grundsätzlich verboten sind. Ausnahmen gelten für Familien sowie in einem Haushalt lebende Personen. dpa
Der Beitrag wird auch auf der Facebook-Seite von News4teachers diskutiert.
