BERLIN. Eine Rückkehr zum gewohnten Schulunterricht ist aus Sicht der Berliner GEW-Vorsitzenden Doreen Siebernik in diesem Schuljahr unwahrscheinlich. Auch wenn die Schulen, wie von der Senatsbildungsverwaltung angekündigt, am 27. April schrittweise wieder öffnen sollen, rechne sie nicht damit, dass vor den Sommerferien wieder alle Schüler wie zuvor unterrichtet werden, sagte Siebernik am Donnerstag. In jedem Fall werde es zunächst Unterricht in kleineren Lerngruppen geben, zum Beispiel im Wochenwechsel. Die GEW-Bundesvorsitzende Marlies Tepe forderte nach der Bund-Länder-Vereinbarung über die schrittweise Öffnung der Schulen ab dem 4. Mai von den Kultusministern, „jetzt Standards für Gesundheits- und Infektionsschutz in Bildungseinrichtungen sicherzustellen“.
«Wir haben jetzt eine so besondere Situation. Da sollte die Notengebung nicht im Mittelpunkt stehen», sagte Siebernik. «Man muss als erstes die zurückliegenden vier Wochen mit den Schülern aufarbeiten.» In der Einstiegsphase sei es deshalb wichtig, dass sie soziale Bindungen knüpften, aber nicht, Diktate oder Mathe-Arbeiten zu schreiben.
Während der Corona-Krise sollten die Berliner Schulen, wenn sie wieder offen sind, häufiger gereinigt werden, forderte Siebernik. Es müsse sichergestellt sein, dass Reinigungskräfte auch während des Tages arbeiteten und zum Beispiel die Toiletten putzen oder auch Türklinken abwischen könnten. Bevor die Schulen öffnen, müsse außerdem geklärt sein, wie sich das Mittagessen in den Schulen künftig organisieren lasse. Aber auch, wie Kinder in den Pausen einerseits die Möglichkeit bekommen könnten, sich zu bewegen, andererseits die Ansteckungsgefahr möglichst klein gehalten werde.
Dass die Senatsbildungsverwaltung an den Abschlussprüfungen festhält, sieht Siebernik kritisch. «Die MSA-Prüfungen durchzuziehen, bringt viele Ungerechtigkeiten mit sich.» In der Zeit der Schulschließung sei die psychische Belastung für viele Schüler groß. «Wir haben viele besorgte Mails von Eltern, Kollegen und Schülern bekommen», so die GEW-Vorsitzende. «Wenn man dieses Jahr auf die MSA-Prüfungen verzichten würde, geht die Welt nicht unter.» Stattdessen könnten Durchschnittsnoten auf Basis der vergangenen zwei Schuljahre gebildet werden.
“Im Zweifel für den Schüler”
Auch die GEW-Bundesvorsitzende Marlies Tepe sprach sich dagegen aus, „Abschlussprüfungen jetzt auf Teufel komm raus durchzuziehen“. Das bringe Ungerechtigkeiten mit sich und trüge dem Gesundheitsschutz und einem Gleichbehandlungsgebot der Schülerinnen und Schüler nicht ausreichend Rechnung. Mit Blick auf das Abitur sowie andere Prüfungen, die Notengebung und die Versetzung sagte Tepe: „Es muss möglich sein, Abschlüsse und Noten auf Grundlage der bereits in diesem Schuljahr erbrachten Leistungen zu vergeben – plus eines Corona-Bonus‘. Heißt: Im Zweifel soll die Bewertung zugunsten des Schülers ausfallen.“ Eine Ausnahmesituation wie die Corona-Krise verlange besondere Regelungen und Flexibilität. „Entscheidend ist, dass die Schülerinnen und Schüler keine Nachteile haben und die Schulzeit sich nicht verlängert. Die Länder müssen sich darauf verständigen, alle Abschlüsse und Noten gegenseitig ohne Wenn und Aber anzuerkennen“, betonte Tepe.
Zur Bund-Länder-Vereinbarung, die Schulen ab dem 4. Mai schrittweise wieder zu öffnen (News4teachers berichtete), erklärte Tepe: „Bei allen Maßnahmen müssen der größtmögliche Infektionsschutz und die bestmögliche Hygiene für alle Beschäftigten und die Lernenden die Messlatte sein. Dafür brauchen wir ein abgestimmtes, gemeinsames Handeln der Bundesländer!“
“Hygienische Verhältnisse in Kitas und Schulen nachhaltig verbessern”
Tepe schlug einen Maßnahmenkatalog vor, damit die Arbeit in den Schulen wieder Stück für Stück in Gang kommen könne. Dabei spielte das Thema Hygiene eine zentrale Rolle: „Träger und Behörden müssen die hygienischen Verhältnisse an den Einrichtungen nachhaltig verbessern und für einen effektiven Infektionsschutz sorgen. Das darf nicht am Geld scheitern.“
Schulen müssten regelmäßig grundständig gereinigt, Toiletten teils saniert werden. Zudem würden Flüssigseife, warmes Wasser, Einmalhandtücher und Desinfektionsmittel sowie hochwertige Atemschutzmasken und bei der Arbeit mit Kranken oder Behinderten Schutzbekleidung benötigt. Zudem müssten die für den Infektionsschutz notwendigen Sicherheitsabstände in den Einrichtungen – insbesondere für die Flure – und auf den Schulhöfen gewährleistet werden können. Alle Beschäftigten, die zu den Risikogruppen gehören, dürften nicht in den Einrichtungen arbeiten. Auch Lernende mit Vorerkrankungen müssten geschützt werden.
„Bei der Umsetzung der Maßnahmen brauchen die Leitungen der Schulen umfassende Unterstützung und Beratung. Sind diese Standards nicht zu gewährleisten, dürfen die Schulen nicht geöffnet werden“, stellte Tepe klar. Alle Menschen, die eine Erkältungserkrankung spüren, sollten unbedingt zu Hause bleiben statt trotz Erkrankung in die Schule kommen.
Die GEW-Vorsitzende machte darauf aufmerksam, dass die Kitas darauf vorbereitet werden müssten, dass jetzt mehr Menschen das Recht haben, die Notbetreuung in Anspruch zu nehmen. News4teachers
VBE: Schulöffnungen erfordern klare Vorgaben – und ausreichend Vorlaufzeit
