DÜSSELDORF. Das Coronavirus kommt mit aller Kraft zurück, den Ländern droht die Kontrolle zu entgleiten. Die Landesregierung in Baden-Württemberg erlässt deshalb als erste in Reaktion darauf eine generelle Maskenpflicht im Unterricht der weiterführenden Schulen. Bayern hatte bereits am Vortag zumindest die Regeln verschärft. Auch in anderen Bundesländern erhöht sich der Druck.
Angesichts stark steigender Infektionszahlen in Baden-Württemberg wird die Maskenpflicht dort an weiterführenden Schulen ab kommender Woche auch auf den Unterricht ausgeweitet. «Die Erweiterung der Maskenpflicht ab Klasse 5 auf den Unterricht gilt ab einer landesweiten 7-Tages-Inzidenz von über 35», teilte eine Sprecherin des Kultusministeriums am Freitag mit. «Wir werden heute die Schulen darüber informieren, dass dies dann ab kommenden Montag zu beachten ist.» Bislang gilt die Maskenpflicht ab Klasse fünf und an weiterführenden Schulen in Baden-Württemberg lediglich auf sogenannten Begegnungsflächen wie Schulfluren, Aula und Toiletten.
Bayern hat seine Regelungen zur Maskenpflicht im Unterricht verschärft
Am Donnerstag lag die Inzidenz im Südwesten bei 38 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner innerhalb einer Woche. In Stuttgart war dieser Wert mit 82,9 am höchsten. Die Maskenpflicht im Unterricht sei in dem im September eingeführten dreistufigen Alarm-System der Landesregierung im Kampf gegen eine zweite Welle für die kritische Phase vorgesehen worden, sagte die Sprecherin des Ministeriums. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) kündigte am Freitag an, dass die Bürger damit rechnen müssten, dass spätestens am Montag die dritte Pandemiestufe ausgerufen werde.
Bayern hatte die Regelungen zur Maskenpflicht in Schulen gestern verschärft. In den Landkreisen und Städten des Freistaats gilt eine Maskenpflicht im Unterricht ab der fünften Klasse bereits bei Überschreiten des 35er-Inzidenzwerts (also 35 Infektionen binnen sieben Tagen bezogen auf 100.000 Einwohner), bei Überschreiten des 50er-Werts auch an Grundschulen. 27 Landkreise und Städte – darunter München – lagen gestern über einem Inzidenzwert von 35. In Schleswig-Holstein war bereits im September angekündigt worden, für die ersten beiden Wochen nach den Herbstferien eine 14-tägige Maskenpflicht im Unterricht der weiterführenden Schulen zu erlassen.
NRW-Lehrerverband fordert Maskenpflicht im Unterricht bis ins Frühjahr hinein
Der nordrhein-westfälische Lehrerverband fordert unterdessen die Wiedereinführung der Maskenpflicht im Unterricht bis ins kommende Frühjahr hinein. Verbands-Präsident Andreas Bartsch sagte der «Rheinischen Post»: «Es gibt ein probates Mittel, um einen verlässlichen Schulunterricht in den kommenden sechs Monaten anzubieten: die Maske. Das Gros der Schüler – so unsere Rückmeldungen – hat auch überhaupt kein Problem damit, Mund-Nasen-Schutz im Unterricht zu tragen. Das ist gelernt.»
Die Diskussion um die Aufrechterhaltung des Unterrichts während einer neuen Corona-Welle nehme kuriose Züge an, so Bartsch: «Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis der erste die Wärmflasche fordert. Tipps, dass sich die Schüler mit Pullover, Schal und Decke bei geöffneten Fenstern in den Unterricht setzen, gab es ja schon.» Die allgemeine Maskenpflicht im Unterricht gab es in den ersten Wochen nach den Sommerferien. Seitdem wurde sie nur von einzelnen Kommunen aufgrund hoher Infektionswerte wieder eingeführt. An vielen Schulen wurden zudem Einzelregelungen dazu getroffen, die allerdings für Schüler rechtlich nicht verbindlich sind, wie das NRW-Schulministerium betont.
Schülervertretung macht mobil für eine Maskenpflicht im Unterricht
Die Hamburger Schülervertretung hat Schülerinnen und Schüler aufgefordert, über die Einführung einer Maskenpflicht im Unterricht abzustimmen. Angesichts steigender Corona-Infektionszahlen gehe es darum, zumindest für die ersten beiden Wochen nach den Herbstferien die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung während der bisher Masken-freien Unterrichtsstunden zu fordern, sagte der Landesvorsitzende der Schülerinnenkammer Hamburg, Henry Behrens. In Hamburg geht die Schule am Montag wieder los. Die Onlineumfrage sollte noch am Freitag beginnen.
In einer ersten Stichprobe mit rund 100 Schülern hätten sich 52 Prozent für und 48 Prozent gegen das Tragen einer Maske im Unterricht ausgesprochen. Über das Wochenende soll nun in einer größeren Onlineumfrage endgültig über die Position der Schülervertretung in dieser Frage entschieden werden. Behrens selbst befürwortete eine generelle zweiwöchige Maskenpflicht in der Schule. «Es gibt Dinge, die schlimmer sind. Und wenn Operationen mit Maske durchgeführt werden, dann können sicherlich auch zwei Wochen Unterricht mit Maske passieren.»
Einen Aufruf zum freiwilligen Masketragen würde er zwar auch unterstützen. Allerdings bezweifelte Behrens, dass sich dann alle Schülerinnen und Schüler daran halten würden. «Freiwillig ist gut, aber verpflichtend ist noch besser.» Ein zweiter sogenannter Lockdown müsse auf jeden Fall verhindert werden, sagte der 18-jährige Gymnasiast. «Wir können es uns nicht noch einmal erlauben, die Schulen zu schließen. Genau wie für die Wirtschaft hätte eine Schließung auch für die Schüler fatale Folgen. Viele hinken jetzt schon hinterher.» News4teachers / mit Material der dpa
